Das Glück im Extremen „Grenzgängerinnen“ von Julia Hägele

by Satzhüterin Pia

Die Jour­na­lis­tin und Autorin Julia Hägele hat in „Grenz­gän­ge­rin­nen“ Frauen por­trä­tiert, die ihr Glück im Extre­men gesucht und gefun­den haben. Satz­hü­te­rin Pia ist von jeder ein­zel­nen Bio­gra­fie und Leis­tung beein­druckt und hat das Buch mit Begeis­te­rung gelesen.

Auf dem Sofa sit­zend, in eine warme Decke gemum­melt und mit einem köst­li­chen Kaf­fee an mei­ner Seite tau­che ich ab. In ein Buch, nicht in ark­ti­sches Was­ser als Apnoe­tau­che­rin wie Anna von Boett­cher oder als Eis­schwim­me­rin wie Julia Wit­tig. Die 20 por­trä­tier­ten Frauen haben natur­ge­mäß gewisse Gemein­sam­kei­ten, aber noch viel mehr Unter­schiede – vom Apnoe­tau­chen bis zum Bestei­gen der höchs­ten Berge der Welt sind ihre Grenz­erfah­run­gen so unter­schied­lich wie ihre Erkennt­nisse, die sie dar­aus gezo­gen haben. Dabei schei­nen (mir) nicht alle Frauen glei­cher­ma­ßen sym­pa­thisch, aber aus­nahms­los alle sind beeindruckend.

Extrem, extremer, ExtremsportlerINNEN

Es beginnt schon damit, dass sie Frauen sind. Viele der Akti­vi­tä­ten waren haupt­säch­lich eine Män­ner-Domäne (und sind es teil­weise noch), so dass die Start­be­din­gun­gen noch ein­mal schwie­ri­ger waren (und sind), als sie es für Män­ner wären. Anna Bader zum Bei­spiel ist Klip­pen­sprin­ge­rin und trat zu Beginn ihrer Kar­riere bei Wett­kämp­fen oft als ein­zige Frau an. Edina Mül­ler ist Para­lym­pics-Teil­neh­me­rin, die sich als Mut­ter mit Pro­ble­men kon­fron­tiert sah, die auf­zei­gen, wie viel es immer noch zu tun gibt. „Ich warte dar­auf, dass auch ein Pro­fi­fuß­bal­ler Eltern­zeit nimmt“, wird sie auf Seite 71 zitiert. Viele der Frauen erzäh­len Hägele von Schwie­rig­kei­ten durch ihr Frau­sein. Manch­mal sind diese Schwie­rig­kei­ten grö­ßer, zum Bei­spiel wenn es um Leis­tungs­sport als Mut­ter geht, manch­mal sind es „nur“ Mikro­ag­gres­sio­nen wie abwer­tende Kom­men­tare von Männern.

Beson­ders gut sind die Erzäh­lun­gen immer dann, wenn es um die reine Aus­ein­an­der­set­zung mit sich selbst geht. Die eige­nen Gren­zen neu aus­zu­lo­ten und immer wie­der dar­über hin­aus­zu­ge­hen und neue Extreme aus­zu­ma­chen, ist natür­lich oft ein Kampf mit sich selbst. Vor­her oder wäh­rend­des­sen noch gegen patri­ar­chale Struk­tu­ren kämp­fen zu müs­sen, ist auf andere Art ermüdend.

Spannend und inspirierend

In dem rela­tiv schma­len Buch blei­ben nur durch­schnitt­lich zehn Sei­ten für die 20 ver­schie­de­nen Bio­gra­fien. Über­ra­schen­der­weise reicht das aus, um einen span­nen­den und auf­schluss­rei­chen Ein­blick in die Leben und Leis­tun­gen der Frauen zu erhal­ten. Hägele ord­net die Frauen zeit­lich und ört­lich ein, bringt ihre gro­ßen und klei­nen Erfolge sowie die wich­tigs­ten Mei­len­steine ihrer Kar­rie­ren mit ein und schafft es dabei auch noch, Ängste und Erkennt­nisse mit ein­flie­ßen zu las­sen. Man spürt, dass sie sich mit den Per­so­nen unter­hal­ten hat – der Band ist keine Samm­lung von Kurz­bio­gra­fien, son­dern viel­mehr eine Zusam­men­stel­lung durch­aus sehr per­sön­li­cher Berichte. Von den eige­nen Grenz­erfah­run­gen und den dar­aus gewon­nen Erkennt­nis­sen kann schließ­lich jede nur selbst erzählen.

„Grenz­gän­ge­rin­nen“ ist ein sehr emp­feh­lens­wer­tes Buch – viel­leicht steige ich nun nicht direkt in aktive Vul­kane oder laufe auf Ski­ern zum Süd­pol, aber dazu inspi­riert, (neuen) Lei­den­schaf­ten nach­zu­ge­hen, wurde ich allemal.

Grenz­gän­ge­rin­nen. 20 Frauen über das Glück im Extre­men. Julia Hägele. Kne­se­beck. 2022.

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