Bücher über Bücher

von | 19.04.2015 | Belletristik, Buchpranger

„Die Seiten der Welt“, „Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra“, „Die fliegenden Bücher des Mister Morris Lessmore“, „Die Stadt der träumenden Bücher“, „Meine wundervolle Buchhandlung“, „Ein Buchladen zum Verlieben“ – eines haben diese Bücher gemeinsam: Sie erzählen von der Liebe zur Literatur. So auch das 2014 im Insel-Verlag erschienenen Büchlein „Das Papierhaus“ von Carlos María Domínguez.

Schon Walter Moers schrieb in seinem Buch „Die Stadt der Träumenden Bücher“ über die Gefährlichkeit der Bücher. Es sei eben nicht immer nur alles rosarot und zauberhaft. Bücher könnten auch böse und gefährlich sein, sich in den tiefsten Tiefen aufhalten, lauern, einen angreifen, beißen, vergiften… In „Das Papierhaus“ greift ein Buch nicht direkt an, vielmehr ist es hintergründig Schuld an einem Unfall: Als die Literaturdozentin Bluma Lennon, vertieft in einen Gedichtband von Emily Dickinsons, die Straße überqueren will, wird sie von einem Auto erfasst und stirbt. „Bücher verändern das Schicksal der Menschen“, heißt es auf der ersten Seite – während der Gedichtband für einen Todesfall gesorgt hat, bringt ein anderes Buch einen Kollegen von Bluma dazu, eine Reise zu unternehmen.

Mysteriöse Geschichten, geheimnisvolle Bibliotheken und jede Menge literarischer Figuren begegnen dem Leser auf seiner Reise. Fasziniert springt man von einem bekannten Namen zum nächsten, hangelt sich an den im Buch beschriebenen Leseerfahrungen entlang und landet schließlich beim Papierhaus. Doch was hat es damit auf sich?

Bei Wind und Regen, Sturm und Meer sind wir Bücherstädter jedenfalls froh, dass unsere Häuser nicht aus Papier bestehen und so können wir das kleine Büchlein guten Gewissens lesen und die darin enthaltenen bibliophilen Illustrationen betrachten. Mit Kerzenlicht können wir den Lesegenuss verfeinern – wie uns das Büchlein rät. Und einsam wären wir nie:

„Eine Lektüre ist also nie stumm, denn die Stimme ist immer ganz leise beteiligt. Sie führt die Zeile aus wie ein Instrument die Partitur, und glauben Sie mir, dieses Lauschen ist genauso wichtig wie das Sehen. Man erschafft einen Ton, eine Melodie aus Worten und Sätzen, und wenn Sie diese mit einer leisen Musik unterlegen, dann entsteht tief innen in Ihrem Trommelfell ein harmonischer Kontrapunkt zwischen Ihrer Stimme und den Klängen aus dem Lautsprecher. Wenn diese nur wenige Dezibel zu laut sind, dann übertönt die Musik Ihre Stimme und bringt den Text zum Schweigen. Oder verzerrt ihn. So kann man schlechte Prosa um einiges aufwerten, indem man ein gutes Konzert dazu hört.“

Kerzenlicht, Musik und eine Liebeserklärung an die Literatur vereint in diesem Büchlein. Doch noch bevor man sich in der Tiefe der Thematik verliert, wird man der dargestellten Welt entrissen. Zu Schnell. Man hat kaum Zeit, ein Gefühl für sie zu entwickeln, sich mit den Protagonisten anzufreunden oder weiterführende Fragen zu stellen. „Das Papierhaus“ verschwindet genauso schnell wie es gekommen ist, treibt an der Oberfläche und lässt keinen tieferen Blick hinein.

Zeichensetzerin Alexa

Das Papierhaus. Carlos María Domínguez. Insel Verlag. 2014.

 

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

2 Kommentare

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    Ich hab es für mich so zusammengefasst: für die einen ist es eine Hommage an die Bücherliebe, für andere (wie mich) eher eine Persiflage.

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  2. Avatar

    2006 bereits im Eichborn Verlag erschienen. Hab es damals verschlungen und fand’s toll 🙂

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