(Br)Exit Now! – Demokratie ist tot, tu etwas

von | 18.12.2019 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

Bald ist es soweit: Großbritannien hat vor, die EU zu verlassen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Brexit vollzogen wird. Doch was passiert danach? Diese Frage hat sich auch Teri Terry gestellt und sie als Grundidee für ihren neusten Roman benutzt. – Von Bücherstädterin Jasmin

„Wie wäre es mit Demokratie ist tot, also D-I-T?“ „Und tu etwas! Demokratie ist tot, tu etwas – DITTE“ sagt er. „Gar nicht schlecht. Aber als Wort klingt es vielleicht albern.“ „Dafür prägt es sich gut ein. Und für Erwachsene klingt es wie ein Mädchenname, keiner denkt sich was dabei, wenn er ihn zufällig aufschnappt.“ „Stimmt.“ „Und nicht nur das, es fühlt sich richtig an. Lebendig. So kann es funktionieren.“ (S. 273)

England 2024: Sam ist die Tochter des stellvertretenden Premierministers, lebt in einem großen Haus, lächelt in die Kameras und trägt maßgeschneiderte Kleider. Ava hat ein Stipendium, ihr Vater ist Taxifahrer und ihre Mutter hat die beiden verlassen. Als Ava beginnt, Sam Nachhilfe zu geben, treffen zwei völlig verschiedene Welten in einer gefährlichen Zeit aufeinander. „Exit Now“ erzählt von einem England nach dem Brexit, von einem Pulverfass, das auf den zündenden Funken wartet.

Die Menschen sind wütend. Die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer und immer häufiger gibt es Attentate. Die Regierung weiß sich nicht mehr zu helfen. Auch Sam und Ava bekommen das mit, versuchen aber trotzdem ihren Alltag zu meistern, wobei sie sich von Anfang an gut verstehen. Durch Ava werden Sam die Augen geöffnet und sie fängt an, die Regierung und ihre Vorgehensweisen immer weiter zu hinterfragen. Als dann die Jugendlichen für den Terror verantwortlich gemacht werden, müssen sich die beiden Teenager entscheiden, ob sie sich gegen diese Vorwürfe zur Wehr setzen oder sie hinnehmen.

Lang ersehntes Prequel

Da ich ein großer Fan der „Gelöscht“-Trilogie bin, habe ich mich riesig gefreut, als ich erfuhr, dass ein Prequel zur Geschichte rund um Kyla erscheinen wird und ich wurde nicht enttäuscht. „Exit Now“ ist in kurzen Kapiteln aus der Sicht von beiden Protagonistinnen geschrieben, wodurch man einen guten Überblick behält.

Auf dem Cover ist Sam zu sehen, was an die Umschlaggestaltung der Trilogie erinnert – generell gibt es viele Verbindungen und Parallelen zwischen dem Prequel und der Trilogie, da nur ein paar Jahre zwischen den beiden Geschichten liegen. Trotzdem ist es möglich, das Buch als Einzelband zu lesen.

Teri Terry hat einen sehr angenehmen, fesselnden Schreibstil, durch den man sich sofort in der aktuellen Situation wiederfindet. Und aktuell ist das Buch auf jeden Fall. Es ist eine gute Mischung aus Science-Fiction und Politik, wobei vor allem viel Wert auf die Meinung der Jugend gelegt wird, denn diese muss mit dem Brexit klarkommen, ohne dafür verantwortlich zu sein. Dadurch entsteht ein interessanter Generationenkonflikt, der meiner Meinung nach leider ein wenig überspitzt dargestellt wird. Insgesamt ist es sehr schwarz und weiß: Alle Jugendlichen sind auf der einen und alle Erwachsenen auf der anderen Seite, was etwas unrealistisch, aber durchaus spannend zu lesen ist.

Die Handlung kommt erst nach den ersten 100 Seiten wirklich in Fahrt, dafür steigt die Spannung umso schneller. Dadurch hat es sich etwas hinausgezögert, was mich persönlich aber nicht gestört hat.

Charaktere

Sam und Ava, die beiden Protagonistinnen, waren mir von Anfang an sehr sympathisch und ich hatte keine Probleme damit, ihr Handeln nachzuvollziehen. Ihre Liebesgeschichte ist einfach nur herzerwärmend, wobei ich finde, dass sie etwas zu kurz geraten ist, was ich sehr enttäuschend fand. Nichtsdestotrotz sind sie mir sofort ans Herz gewachsen und ich bin für ihre unglaubliche Geschichte mehr als dankbar. Auch die meisten anderen Charaktere waren sehr realistisch und authentisch geschrieben. Sams Eltern dagegen wirkten etwas oberflächlich, sie schienen keine feste Beziehung zu ihrer Tochter zu haben und ihre Gefühle waren oft nur ein Rätsel.

Ein voller Erfolg

Trotz kleiner Makel ist „Exit Now“ absolut empfehlenswert, wie alle Bücher von Teri Terry. Es ist wahnsinnig fesselnd, wie sie eine Welt beschreibt, die so erschreckend nah an der Realität liegt oder zumindest für Großbritannien in einer abgeschwächten Form zur Realität werden könnte. Dazu weist sie darauf hin, wie schnell aus einer Demokratie eine Diktatur werden kann und wie wichtig daher unser Grundgesetz und dessen Rechte sind.

Die Geschichte ist einerseits ziemlich ernst und zum Ende hin auch etwas traurig, hat aber andererseits etwas unglaublich Schönes und Bewegendes an sich und löst Gefühle in mir aus, wie es noch kein anderes Buch zuvor geschafft hat.

Darüber hinaus ist das Ende sehr gut gewählt und bildet einen perfekten Übergang zur „Gelöscht“-Trilogie oder lässt, wenn man die Trilogie schon kennt, die „Gelöscht“-Bücher in einem anderen Licht erscheinen.

Exit Now. Teri Terry. Übersetzung: Petra Knese. Coppenrath. 2019.

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Mehr von Teri Terry, rezensiert von Bücherstädterin Jasmin:
GelöschtBook of Lies | Trilogie: „Infiziert“ (Band 1), „Manipuliert“ (Band 2), „Eliminiert“ (Band 3)

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