Bremer Freiheit #4 – Buddenbrooks

von | 25.10.2015 | Stadtgespräch

Ins Theater gehen ist viel zu teuer? Für Bremer Studierende jedenfalls nicht! Zwischen dem 23. und 31. Oktober findet hier – nun schon zum vierten Mal – das Festival „Bremer Freiheit“ statt. In dieser Zeit kostet eine Karte auf allen Plätzen nur fünf Euro. Am 23. Oktober wurde die Reihe mit Thomas Manns „Buddenbrooks“ eröffnet. Worteweberin Annika ist dabei gewesen.

Das Publikum im Foyer des kleinen Hauses des Theaters ist am Freitagabend gemischt. Neben grauhaarigen Damen sitzen junge Studenten mit Kapuzenpulli, sitzen gestandene Männer im Anzug, sitzen Studentinnen im Kleidchen, sitzen… Ob es an einem „normalen“ Freitag hier auch so aussähe?
Nach einem halbstündigen Einführungsgespräch, das Teil des Festivalprogramms ist, geht es los. Thomas Manns Roman „Buddenbrooks“ wird in der Bühnenfassung von John von Düffel und unter der Regie von Klaus Schumacher seit 2012 in Bremen gespielt.
Die Romanvorlage ist nicht unbedingt leichte Kost: Als alteingesessene Kaufmannsfamilie machen die Buddenbrooks in Lübeck zwar Geschäfte, doch hier lehnt man sich schon seit Jahrzehnten nie zu weit aus dem Fenster – nur so weit eben, dass man auch nachts noch ruhig schlafen kann. Thomas, Christian und Tony, die junge Generation der Buddenbrooks also, kennen die familiären Werte und Traditionen seit Kindertagen. Trotzdem sehen sie sich hin- und hergerissen zwischen Pflichten und Bestimmungen einerseits, und andererseits dem Wunsch nach Liebe und Freiheit. So sehr sich Thomas als nachgerücktes Familienoberhaupt auch bemüht, die Geschäfte wollen doch nicht so recht laufen, und auch die neue Generation, Thomas‘ Sohn Hanno, verspricht für die Firma keine Rettung. Der finale Strich unter der Familienchronik rückt so unaufhaltsam näher.

Natürlich ist es unmöglich, einen Wälzer von über 700 Seiten ungekürzt in etwas mehr als drei Stunden Theater zu verpacken. Das erwartet wahrscheinlich auch niemand. Von Düffel wagt einen modernisierten Blick auf die Vorlage und konzentriert sich in seiner Fassung auf verschiedene Kernelemente in der Generation um Thomas, Tony und Christian. Ihre innere Zerrissenheit, die seelischen Abgründe und Sorgen werden durch Monologe, durch von den Figuren selbst vorgelesene Romanpassagen und eine mitreißende Bühnensprache aufgearbeitet. Die Schauspieler (unter anderem Guido Gallmann als Thomas, Alexander Swoboda als Christian und Karin Enzler als Tony) agieren so lebhaft und präsent, dass es eine wahre Freude ist, ihnen dabei zuzusehen. Und während die Dielen des Lübecker Parkettbodens immer weiter auseinander driften, umher geschmissen, getreten und gewirbelt werden, und gleichzeitig von der Decke die bleischweren, ehrfurchtgebietenden Kirchenglocken weiter und weiter nach unten sinken, zerfällt die Familie Buddenbrook.
Das mit anzusehen, ist ergreifend. So ergreifend, dass auf dem Heimweg durchs Bremer Szeneviertel manch einer verkündet, sich nun erst einmal sammeln zu müssen. Bevor es dann vielleicht weitergehen kann mit mehr Theater. So ist das mit der Bremer Freiheit.

Weitere Termine:

So. 25. Oktober: Peter Grimes / Verzehrt (Consumed)
Di. 27. Oktober: Peter Grimes
Mi. 28. Oktober: Einer flog über das Kuckucksnest (Voraufführung)
Do. 29. Oktober: Rigoletto
Fr. 30. Oktober: Anna Karenina
Sa. 31. Oktober: Rigoletto / Einer flog über das Kuckucksnest

Mehr Informationen und weitere Programmpunkte gibt es unter:
www.theaterbremen.de/bremerfreiheit

Fotos: Jörg Landsberg

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