„Bösemann“: Ein wichtiges Buch über häusliche Gewalt

Gewalt ist ein Wort, des­sen Bedeu­tung nicht jeder und jedem glei­cher­ma­ßen klar ist. Doch lei­der müs­sen sie viele erdul­den, selbst Kin­der trifft es. Sei­ten­künst­ler Aaron hat sich nach einem zwei­ten Anlauf getraut, für ein Buch zu spre­chen, das auf seine Art grau­sa­mer ist als jeder Hor­ror­film: „Böse­mann“ von Gro Dahle und Svein Nyhus.

„Böse­mann“ beschreibt im Titel mit kind­li­chem Sprach­stil, worum es geht: einen bösen Mann. Zwi­schen den Buch­de­ckeln wird von einer drei­köp­fi­gen Fami­lie erzählt, in der ein Eltern­teil nicht immer lieb wie Apfel­ku­chen ist. Etwas Böses lau­ert in ihm. Wenn es sich zeigt, sperrt es Mut­ter, Vater und Kind ein und bringt ihre Welt ins Wanken.

Die Geschichte ist aus der Sicht des klei­nen Boj geschrie­ben, des­sen Gefühle und Gedan­ken in den Illus­tra­tio­nen und im Text expres­sio­nis­tisch dar­ge­stellt wer­den. Die ein­fa­che Spra­che mit vie­len Wie­der­ho­lun­gen und Sym­bo­len zeich­net eine Welt aus Kin­der­sicht, in der fast alle Macht bei den Erwach­se­nen liegt. Die Bil­der spie­geln diese Per­spek­tive auf höchst ein­drucks­volle Weise durch Grö­ßen- und Stil­kon­traste. Obwohl sich diverse, hand­werk­lich her­vor­ra­gend ein­ge­setzte Tech­ni­ken wie Col­lage und Zufalls­tech­ni­ken fin­den las­sen, wird vor allem auf koh­le­ba­sierte Zeich­nung und Fär­bung gesetzt. Der figu­ra­tive Stil bleibt dabei kon­stant gewahrt und schafft es, Cha­rak­ter­ver­wand­lun­gen dar­zu­stel­len. Von gut zu böse mit dicken schwar­zen Stri­chen ... und wie­der zu gut mit hel­len, leich­ten und run­den Linien.

Vor der Betrach­tung des Bil­der­bu­ches mit Kin­dern ab etwa 5 Jah­ren ist es rat­sam, sich das Buch zunächst selbst anzu­schauen. Denn das Zusam­men­spiel von Text und Bild löst auch bei Erwach­se­nen tiefe Emo­tio­nen aus und es bedarf Zeit, die Ein­drü­cke und das ernste Thema zu verarbeiten.

Die Geschichte hat ein glück­li­ches Ende und auf der letz­ten Seite wer­den die Adres­sen des wei­ßen Rings, des Kin­der­schut­zes und der Opfer­hilfe ange­ge­ben. Wie in der Geschichte ist sicher­lich Mut gefragt, diese Stel­len im Falle von häus­li­cher Gewalt zu kon­tak­tie­ren. Das Buch bie­tet statt blo­ßer Unter­hal­tung einen auf­klä­ren­den Wert für Betrof­fene, und betrof­fen kann jede/r sein: die gewalt­tä­tige Per­son, ihr Part­ner, ihr Kind oder auch jemand aus der Nachbarschaft.

„Böse­mann“ von Gro Dahle und Svein Nyhus ist ein wich­ti­ges Buch. Ein mora­lisch gutes Buch. Und ein hand­werk­lich gutes Buch, denn die Autorin und der Illus­tra­tor haben gro­ßes Kön­nen bewie­sen bei der Dar­stel­lung bedroh­li­cher Situa­tio­nen, die meh­rere Men­schen­le­ben auch in Nicht-Kriegs­ge­bie­ten zer­stö­ren können.

Böse­mann. Gro Dahle. Illus­tra­tion: Svein Nyhus. Über­set­zung: Chris­tel Hil­de­brandt. Nord­Süd Ver­lag. 2019. Ab 5 Jahren.