Bissig, ohne Spuren zu hinterlassen

by Bücherstadt Kurier

Mit „Wie ihr wollt“ hat es ein unge­wöhn­li­cher his­to­ri­scher Roman von Inger-Maria Mahlke auf die Short­list des Deut­schen Buch­prei­ses geschafft, der aber lei­der trotz Laut­stärke und Bis­sig­keit nicht wirk­lich nachhallt.

In ihrem Jour­nal wirft die Ich-Erzäh­le­rin Mary Grey die Lesen­den in die Strei­tig­kei­ten um die Nach­folge Hein­rich VIII. Katho­lisch gegen angli­ka­nisch, und nie­mand kann sich sicher sein, auf der Seite der recht­mä­ßi­gen Erben zu ste­hen. Marys Fami­lie fällt nach und nach den Erb­strei­tig­kei­ten zum Opfer. Mary selbst, klein­wüch­sig und von allen Sei­ten belä­chelt, ist auf­grund ihrer unstan­des­ge­mä­ßen Hei­rat im Haus­ar­rest. Sie ver­sucht ohn­mäch­tig, aber voll Zynis­mus, ihre Frei­las­sung durch ihre „nicht ganz so liebe Cou­sine“ Köni­gin Eliza­beth zu erwirken.

Dass „Wie ihr wollt“ auf der Short­list des Deut­schen Buch­prei­ses gelan­det ist, muss mit der ver­wor­re­nen, expe­ri­men­tel­len Gestal­tung zusam­men­hän­gen. Als Col­lage eines Jour­nals von 1571 und der Chro­nik der Fami­lie Grey wirkt der Roman leben­di­ger und unge­zähm­ter als gewöhn­li­che his­to­ri­sche Romane. Der ellip­ti­sche Stil fällt nach einer Weile nicht mehr auf und fließt zügig. Der bis­sige Ton Mary Greys schwankt zwi­schen bit­ter­bö­ser, schwarz­hu­mo­ri­ger Abrech­nung und zahn­lo­sen trot­zi­gen Kom­men­ta­ren, die sie als Cha­rak­ter eher unsym­pa­thisch macht. Und auch obwohl man mit der Zeit mit Mary mit­fie­bert und ihr die Ent­las­sung aus dem Haus­ar­rest von Her­zen wünscht, ver­läuft sich die Hand­lung ins Leere, das Ende wirkt unbefriedigend. 

Bis Ord­nung ins Chaos der Ver­wandt­schafts­ver­hält­nisse ein­ge­kehrt ist und man sich beim Lesen halb­wegs zurecht­fin­det, ver­geht frus­trie­rend viel Zeit. Die (Papier-)Kriege um die eng­li­sche Krone blei­ben undurch­sich­tig, gerade weil Marys Kom­men­tare nie­mals durch­bli­cken las­sen, was wirk­lich gesagt, und was nur gedacht wor­den ist. Bei der Lek­türe muss schleu­nigst ein Gespür ent­wi­ckelt wer­den, zwi­schen den Zei­len zu lesen.
Ins­ge­samt ein Titel, der keine Spu­ren hin­ter­lässt, außer einem scha­len Gefühl der Machtlosigkeit.

Maike

Wie ihr wollt, Inger-Maria Mahlke
Ber­lin Ver­lag, 2015

Weiterlesen

0 comment

nettebuecherkiste 29. September 2015 - 14:24

Mich hat das Buch begeis­tert, vor allem sein Humor!

Reply
Buchstaplerin Maike 29. September 2015 - 18:41

Das freut mich für dich, und das ist die Haupt­sa­che! Hast du eine Lieb­lings­stelle? (Ich per­sön­lich mochte die Szene gern, als über die Ver­hei­ra­tung gefeilscht wurde und Mary nur die krab­belnde Raupe beobachtete)

Reply

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr