Auf dem Weihnachtsmarkt

von | 13.12.2019 | #litadvent, Kreativlabor, Specials

Aus den Lautsprechern erschallt laut: Kling, Glöckchen, klingelingeling – kling, Glöckchen, kling. Weihnachtsmarkt in unserer kleinen Ortschaft. Ich glaube, alle Bewohner sind hier – und auch alle Bewohnerinnen. Ich sehe die Frauen hinter den Theken und die Männer vor den Tischen: „Wir brauchen noch Würstchen!“ „Schöne Pfannkuchen – süß und sauer!“

Die Nachbarin spricht mich auf einen aktuellen Todesfall an. Dabei muss sie den Lautsprecher übertönen und das ist gar nicht so einfach: Der Lautsprecher hat mit einer Geburtsanzeige – in Bethlehem geboren ist uns ein Kindelein – die Nase vorn. Die Nachbarin sieht trotzdem ganz verhärmt aus und die Stimmung ist schlecht.

Da hilft nur eins: „Mathias, Mathias bring‘ uns zwei Tassen Punsch mit.“ Ich hoffe, er hat mich verstanden. Ich will die Nachbarin nicht alleine lassen und muss nun schnell das Thema wechseln: „Huu-uu-u, es ist aber auch kalt heute“. Meine Nachbarin findet, eine Tasse Punsch könnte helfen gegen die Kälte. Ich denke, nicht nur gegen die Kälte, denn wie sagte unser Wilhelm Busch schon so treffend: Wer Sorgen hat, hat auch Likör!

Hier kommt Mathias mit drei Tassen Punsch und schlechten Nachrichten: „Ich glaube, der Punsch hält nicht mehr lange an.“ Wir drei prosten uns zu und halten uns an den heißen Tassen fest. Mathias rät uns, sofort für Nachschub zu sorgen.

Da kommen zum Glück die Enkelkinder. „Ihr habt noch Zeit, der Nikolaus ist noch nicht gelandet. Bitte holt uns noch einen Punsch. Hier ist euer Marktgeld.“ Die Landfrauen drängen uns ein heißes Würstchen auf und wickeln es auch noch in einen heißen Pfannkuchen. Die Nachbarin hat eine Bekannte entdeckt. Mathias hat nun zwei Würstchen in der Hand. Die Enkelkinder kommen zurück, etliche Freunde im Schlepptau. Sie bewundern mein heißes Würstchen. Ich habe mir die Finger daran verbrannt und gebe es freiwillig weiter. Den Rest muss ich ordern. Die Landfrauen sind erfreut und werfen zehn Würstchen in den Kochtopf.

„Der frische Punsch schmeckt stark nach Orange, wo habt ihr den her?“ „Vom Parteistand da drüben.“ „Lauf zurück und frage, was in dem Punsch ist!“

„HOHO, hier kommt der Weihnachtsmann!“ Hatte er sich im Tannenbaum versteckt? Adrian überblickt die Lage und schreit: „Nikolaus, wo ist dein Sack?“ Alle lachen, am meisten die Männer.

Jan kommt zurück: „Es ist Kinderpunsch, sagt die Partei!“ „Herr Nikolaus, hier ein Punsch für Sie. Prost!“ „Das tut gut!“ Der Reporter macht ein Foto. Die Weihnachtstanne erstrahlt im Lichterglanz. Jetzt ist auch der Sack vom Nikolaus angekommen und wird direkt geplündert. Mir tun die Füße weh und auch die Ohren. Besinnliche Weihnacht geht anders.

Text: Dorothea Ender
Foto: Wortklauberin Erika

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #litadvent. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]
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