Alleinreisendes Kind sucht Liebe Matthew Perry: „Friends, Lovers and the Big Terrible Thing“

In der Auto­bio­gra­fie „Fri­ends, Lovers and the Big Ter­ri­ble Thing“ erzählt der Schau­spie­ler Matthew Perry seine Lebens­ge­schichte. Vom Ken­nen­ler­nen sei­ner Eltern bis zum Erschei­nen des Buches. Auf dem oran­ge­nen Sofa des Cen­tral Perk hat sich Sei­ten­tän­ze­rin Michelle-Denise seine Geschichte ange­hört und mitgefühlt.

Von 1994 bis 2004 spielte Matthew Perry als Chand­ler Bing in der erfolg­rei­chen Sit­com „Fri­ends“ die Rolle sei­nes Lebens. In sei­ner Auto­bio­gra­fie geht er dar­auf ein, wie wich­tig „Fri­ends“ für ihn war, immer noch ist und auch blei­ben wird. Er erzählt von sei­nen Süch­ten nach Ziga­ret­ten, Alko­hol und Tablet­ten und beschreibt dabei genau, wie es in ihm aus­sieht. Wie gebro­chen er trotz des Welt­ruhms ist und warum er sich danach sehnt, eine Fami­lie zu gründen.

Durch Intermezzos unterbrochene Kapitel

Perry erzählt seine Lebens­ge­schichte wei­test­ge­hend chro­no­lo­gisch, springt zwi­schen­zeit­lich jedoch häu­fig in Inter­mez­zos zu bestimm­ten Epi­so­den sei­nes Lebens, in denen sein gesund­heit­li­cher Zustand äußerst dra­ma­tisch war. Das wirkt sich zunächst an eini­gen Stel­len etwas ver­wir­rend auf den Lese­fluss aus, aber nach und nach fin­det man sich in die unter­schied­li­chen Zei­ten gut ein.

Nach der Schei­dung sei­ner Eltern war Perry gezwun­gen, als allein­rei­sen­des Kind mit dem Flug­zeug zwi­schen sei­nem Zuhause bei sei­ner Mut­ter in Kanada und dem in den USA leben­den Vater zu pen­deln. Diese Momente haben ihn nach­hal­tig gezeich­net, denn er fühlte dabei Angst und Ein­sam­keit, die ihn sein gan­zes Leben fortan beglei­ten soll­ten und zunächst durch Humor, spä­ter auch durch Alko­hol und Tablet­ten über­spielt wur­den. Diese trau­ri­gen Gefühle zie­hen sich nahezu durch das gesamte Buch und lie­ßen mich mit ihm füh­len. Nach jedem Kapi­tel hoffte ich, dass er die Ein­sam­keit über­win­den würde und mit Liebe fül­len könnte.

Starke Emotionen

Nach­dem er seine Kar­riere als Pro­fi­ten­nis­spie­ler auf­gab, wagte er sich an die Schau­spie­le­rei und trat so in die Fuß­stap­fen sei­nes Vaters. Als er nach ers­ten klei­ne­ren Rol­len für eine Serie namens „LAX 2194“ unter­schrieb, hörte er von einer neuen Serie: „Fri­ends like us“ (spä­ter unter dem Titel „Fri­ends“ aus­ge­strahlt). Er wollte die Rolle als Chand­ler Bing unbe­dingt, weil er sich in Chand­ler wie­der­erkannte. Aller­dings hatte er sich bereits ver­trag­lich an die andere Serie gebun­den. Beson­ders bei die­sem Kapi­tel fie­berte ich mit Perry mit. Obwohl bekannt ist, dass er die Rolle bei „Fri­ends“ doch noch bekom­men hat, berich­tet er von die­ser ver­zwick­ten Zeit so emo­tio­nal und ver­zwei­felt, dass man nicht umhin kommt, ihm die Dau­men zu drücken.

Die Alko­hol- und Tablet­ten­sucht hat Perry nicht nur ein­mal bei­nahe ster­ben las­sen. Ich hatte erwar­tet, dass er von diver­sen Auf­ent­hal­ten im Kran­ken­haus oder Dro­gen­ent­zug berich­ten würde, aber dass er quasi per­ma­nent dort war und neben­bei immer noch „Fri­ends“ und wei­tere Filme drehte, hat mich scho­ckiert. Der Schau­spie­ler berich­tet nicht nur von sei­nen Süch­ten, son­dern auch woran man erkennt, wel­cher Sucht er gerade ver­fal­len war. War er dick, war es Alko­hol. War er dünn, waren es Pil­len. Trug er einen Bart, waren es viele Pil­len. Mit die­sem Wis­sen betrach­tet man die opti­sche Ver­än­de­rung sei­ner Rolle in „Fri­ends“ rück­bli­ckend noch genauer.

Ungeschönte Autobiografie mit viel Herz

Was zunächst durch die Zeit­wech­sel so holp­rig begann, dass ich die Auto­bio­gra­fie fast zur Seite gelegt hätte, änderte sich schnell. Sehr schnell sogar. Nach den ers­ten Kapi­teln hat mich das Buch regel­recht gefes­selt. Ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen und habe es inner­halb kür­zes­ter Zeit gele­sen. Wer seine Rolle als Chand­ler Bing kennt, bekommt das Gefühl, dass die­ser Per­rys Lebens­ge­schichte erzählt. Süch­tig nach Ziga­ret­ten, etwas trau­rig, aber immer mit einer guten Prise (schwar­zem) Humor. Der Schmerz wird stets irgend­wann in Humor ver­wan­delt. So schlecht es ihm auch gehen mag, er ver­sucht immer einen situa­ti­ons­ab­hän­gi­gen Witz zu machen. „Fri­ends, Lovers and the Big Ter­ri­ble Thing“ gibt nicht nur einen Ein­blick in Per­rys Kar­riere, son­dern auch in sein beweg­tes See­len­le­ben. Man kommt nicht umhin, mit ihm zu lachen, zu lei­den, zu hof­fen. Eine unge­schönte Auto­bio­gra­fie vol­ler Emo­tio­nen, die nachhallt.

Fri­ends, Lovers and the Big Ter­ri­ble Thing. Matthew Perry. Über­set­zung: Tho­mas Gil­bert, Wiebke Pilz und Nina Res­tem­eier. Lübbe. 2022.

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