Abgestaubt

von | 12.08.2015 | Belletristik, Buchpranger

Ein Gedicht muss nicht lang sein, es muss sich auch nicht reimen. Überhaupt muss es gar nichts. Dass Lyrik in ihrer Darstellungsweise sehr frei und locker sein kann, zeigen uns viele Lyriker der Gegenwart. So auch Klaus Merz in seinem Gedichtband „Aus dem Staub“. – Von Zeichensetzerin Alexa

Licht

Es gibt Sätze
die heilen

und Tage
leichter als Luft.

Es gibt eine Stimme
die ich wiedererkenne

noch bevor sie
mich ruft.

Staubig trocken sind seine Gedichte nicht. Sie bestechen durch ihre Prägnanz wie kleine Farbtupfer, die ein entscheidendes Merkmal im Gemälde darstellen. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Mal sind es nur drei Zeilen, mal mehrere Verse, verteilt über fünf Kapitel. Seine Sprache ist klar, weder rhetorisch noch literarisch anspruchsvoll, weshalb der Gedichtband schnell gelesen ist. Dieser wirkt in seinem Gesamtpaket wie das einzelne Gedicht: wie eine Einladung, einen kurzen Augenblick wahrzunehmen. „Wir hören die Musikanten / altern: Sie verwandeln ihre / Vergänglichkeit in Klänge / versöhnen uns mit der Zeit.“ (Es-Dur, Klaus Merz)

Keine große Kunst, denkt man auf den ersten Blick. Aber was ist schon Kunst? In diesem Fall vielleicht jene, etwas Alltägliches in Worte zu fassen, ohne zu langweilen. Etwas zu „entstauben“, hervorzuholen, was möglicherweise in Vergessenheit geraten ist. Besonders spannend wirken die Themen nicht: verschiedene Orte, Feste, Gefühle, Erinnerungen. Und doch verweilt man gerne auf den Zeilen, lauscht den Worten des Erzählers, der mit seiner einfachen Sprache das Interesse zu wecken vermag. Ebenso schlicht gehalten sind die fünf Pinselzeichnungen von Heinz Egger, die zu Beginn eines jeden Kapitels auftauchen.

Klaus Merz, der bereits viele kurze Texte veröffentlicht hat – darunter Lyrik, Erzählungen und Essays – wurde mehrfach für seine Werke ausgezeichnet. Im Frühjahr dieses Jahres feierte der Film „Merzluft“ an den Solothurner Filmtagen Premiere. Hierbei handelt es sich um einen Dokumentarfilm, der das Werk Klaus Merz‘ beleuchtet. Zuletzt erschien seine 7. Werkausgabe „Außer Rufweite“, die Lyrik aus den Jahren 1992-2013 beinhaltet.

Aus dem Staub. Klaus Merz. Haymon Verlag. 2010.

 

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