Abgestaubt

by Zeichensetzerin Alexa

Ein Gedicht muss nicht lang sein, es muss sich auch nicht rei­men. Über­haupt muss es gar nichts. Dass Lyrik in ihrer Dar­stel­lungs­weise sehr frei und locker sein kann, zei­gen uns viele Lyri­ker der Gegen­wart. So auch Klaus Merz in sei­nem Gedicht­band „Aus dem Staub“. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Licht

Es gibt Sätze
die heilen

und Tage
leich­ter als Luft.

Es gibt eine Stimme
die ich wiedererkenne

noch bevor sie
mich ruft.

Stau­big tro­cken sind seine Gedichte nicht. Sie bestechen durch ihre Prä­gnanz wie kleine Farb­tup­fer, die ein ent­schei­den­des Merk­mal im Gemälde dar­stel­len. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Mal sind es nur drei Zei­len, mal meh­rere Verse, ver­teilt über fünf Kapi­tel. Seine Spra­che ist klar, weder rhe­to­risch noch lite­ra­risch anspruchs­voll, wes­halb der Gedicht­band schnell gele­sen ist. Die­ser wirkt in sei­nem Gesamt­pa­ket wie das ein­zelne Gedicht: wie eine Ein­la­dung, einen kur­zen Augen­blick wahr­zu­neh­men. „Wir hören die Musi­kan­ten / altern: Sie ver­wan­deln ihre / Ver­gäng­lich­keit in Klänge / ver­söh­nen uns mit der Zeit.“ (Es-Dur, Klaus Merz)

Keine große Kunst, denkt man auf den ers­ten Blick. Aber was ist schon Kunst? In die­sem Fall viel­leicht jene, etwas All­täg­li­ches in Worte zu fas­sen, ohne zu lang­wei­len. Etwas zu „ent­stau­ben“, her­vor­zu­ho­len, was mög­li­cher­weise in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist. Beson­ders span­nend wir­ken die The­men nicht: ver­schie­dene Orte, Feste, Gefühle, Erin­ne­run­gen. Und doch ver­weilt man gerne auf den Zei­len, lauscht den Wor­ten des Erzäh­lers, der mit sei­ner ein­fa­chen Spra­che das Inter­esse zu wecken ver­mag. Ebenso schlicht gehal­ten sind die fünf Pin­sel­zeich­nun­gen von Heinz Egger, die zu Beginn eines jeden Kapi­tels auftauchen.

Klaus Merz, der bereits viele kurze Texte ver­öf­fent­licht hat – dar­un­ter Lyrik, Erzäh­lun­gen und Essays – wurde mehr­fach für seine Werke aus­ge­zeich­net. Im Früh­jahr die­ses Jah­res fei­erte der Film „Merz­luft“ an den Solo­thur­ner Film­ta­gen Pre­mière. Hier­bei han­delt es sich um einen Doku­men­tar­film, der das Werk Klaus Merz‘ beleuch­tet. Zuletzt erschien seine 7. Werk­aus­gabe „Außer Ruf­weite“, die Lyrik aus den Jah­ren 1992–2013 beinhaltet.

Aus dem Staub. Klaus Merz. Hay­mon Ver­lag. 2010.

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