Night School Studio

Zwar heißt es, dass Alkohol keine Lösung sei, doch in dem Spiel „After Party“ vom Entwickler Night School Studio aus dem Jahr 2019 geraten die Protagonisten Lola und Milo in eine Situation, in der Alkohol wohl die beste und einzige Lösung für ihre Probleme ist. Schließlich wollen sie wieder aus der Hölle entkommen. Geschichtenerzähler Adrian hat sich mitten in das höllische Partyleben gestürzt.

Eigentlich wollten die beiden Freunde Milo und Lola nur ihren Uni-Abschluss feiern, jedoch finden sie sich plötzlich und ohne Erklärung, wie sie dort hingekommen sind, in der Hölle wieder. Dort sollen sie sich erst einmal registrieren, schließlich muss die richtige Folter für sie gefunden werden.

Jedoch kommt es anders, denn kurz bevor ein Beamter ihnen eine Folter zuweisen kann, ist Feierabend. Den beiden verwirrten Freunden wird angeraten, die Zeit bis zur Wiedereröffnung des Schalters am Morgen zu nutzen und durch die Bars und Clubs der Hölle zu ziehen und sich zu amüsieren. Dabei treffen sie auch auf die Taxifahrerin und Fährfrau Sam, die mit ihrem aufgemotzten Taxi-Boot die Bewohner und Verdammten über den Styx auf die verschiedenen Inseln des Höllenreichs bringt. Von Sam erfahren Lola und Milo, dass es eine Möglichkeit gibt, aus der Hölle zu entkommen: Wer es schafft, den Teufel höchst selbst unter den Tisch zu trinken, darf sein Leben auf der Erde weiterleben.

(K)ein Spiel über Alkohol

Schon in ihrem Vorgängerspiel „Oxenfree“ aus dem Jahr 2016 bewies Night School Studio ein gutes Händchen für stimmige und glaubhafte Dialoge. Diesen Pluspunkt setzen die Entwickler ebenfalls in „After Party“ um. Denn auch wenn der rote Faden im Spiel stets das Hinarbeiten auf das Ziel ist, den Teufel im Trinken und Party-Machen zu überflügeln, lebt das Spiel eher durch seine humorvollen und sympathischen Dialoge.

Das Gimmick des Alkohols fügt sich wunderbar in diese Stärke ein, denn verschiedene Sorten von Alkohol eröffnen beim Trinken auch unterschiedliche Dialogoptionen. Macht der eine Drink einen zum Romantiker, wird man durch einen anderen zu einem miesgelaunten Arsch.

Verdammt sympathische Charaktere

Eben jene Dialoge verleihen nicht nur die beiden Protagonisten Milo und Lola eine glaubhafte Vielschichtigkeit und Natürlichkeit, sondern lassen die Welt und ihre Bewohner angenehm sympathisch wirken. Jeder Charakter, ob nun mit einem kurzen oder längeren Auftritt, hat eine kleine Geschichte zu erzählen, die teils witzig, ironisch oder ernst präsentiert wird. Gerade dies lässt die Hölle ebenso lebhaft wie glaubhaft wirken. Wenn sich beispielsweise ein Dämon weigert, für heute Verdammten eine Folter zuzuweisen, ist das nachvollziehbar, schließlich hat er Feierabend und will diesen genießen. Allgemein machen die Dämonen nun mal einfach ihren Job.

Gefangen in der Neon-Hölle

Optisch ähnelt die Hölle eher einer Partymeile bei Nacht, als dem uns bekannten Ort der brennenden Verdammnis. Überall Neonschilder, Bars und Feiernde Dämonen und Verdammte. Laut Taxifahrerin Sam sehe es in den Neun Kreisen der Hölle etwas anders aus als hier, doch allgemein verströmt dieser Schauplatz zwar einen morbiden, aber dennoch lebensfrohen Charme. Sieht man über die Menschen hinweg, die als Darts-Scheiben dienen, oder die armen Seelen, die an Stricken an Laternen hängen und immer wieder dieselben Witze erzählen, da sie zu wenig rumkommen, erscheint einem diese Vision der Hölle schon beinahe annehmbar.

Ein bisschen Gameplay muss auch sein

Zwar besteht die Hauptaktivität in „After Party“ darin, in der Hölle umherzuwandern, mit unterschiedlichen Menschen sowie Dämonen zu sprechen und sich den ein oder anderen Drink zu genehmigen, doch immer wieder erwarten einen auch kleinere Minispiele. Im „Worms“-Manier wird Bier-Pong gespielt – heißt Wurfwinkel einstellen und hoffen, dass man trifft –, dann gilt es ein Dance-Off zu gewinnen, indem man einige vorgegebenen Tastenreihenfolgen wiederholen muss, ähnlich dem Farben-Merkspiel „Simon“. Allgemein sind die Minispiele keine wirkliche Herausforderung und es ist egal, ob man gewinnt oder verliert, dennoch tragen sie zur Party-Atmosphäre bei.

Ein Heidenspaß mit Dämpfer

Alles in allem ist „After Party“ ein wirklich gelungenes Spiel, welches vorrangig durch seine Dialoge und das World-Building lebt. Zwar wirken sich die getroffenen Entscheidungen schließlich auf die drei verschiedenen Enden aus, jedoch kommt nie Frust auf und es lädt zum mehrmaligen Wiederspielen ein.

Einen großen Kniff gibt es bei „After Party“ aber noch zu nennen, denn auch wenn das Spiel mit wunderbaren Sprecher*innen vollkommen vertont wurde, hat es weder eine deutsche Sprachausgabe, noch bietet es deutsche Untertitel. Somit kann ich „After Party“ nur jenen ans Herz legen, die sich sicher in der englischen Sprache bewegen, denn um die verschiedenen Wortwitze und Anspielungen richtig zu verstehen, reicht einfaches Schulenglisch nicht aus. Sollten jedoch irgendwann, wie bei „Oxenfree“ auch, deutsche Untertitel nachgereicht werden, ist „After Party“ auf jeden Fall einen Blick wert.

After Party. Entwickler & Publisher: Night School Studio. Plattformen: PC, Playstation 4, Xbox One, Switch. 2019.

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #BKtastisch. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]
Adrian Ziebarth

Adrian Ziebarth

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