Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen

von | 18.12.2017 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Im Jahr 2000 erschien der erste Comic um den Katerermittler John Blacksad von Autor Juan Díaz Canales und Zeichner Juanjo Guarnido. Nun hat der Carlsen Verlag im Mai 2017 eine Gesamtausgabe mit den fünf erschienenen Comics herausgebracht. Geschichtenerzähler Adrian hat den Privatdetektiv durch eine Tierfabel der etwas anderen Art begleitet.

Im ersten Band – oder auch das erste Kapitel – „Irgendwo zwischen den Schatten“ untersucht der schwarze Kater John Blacksad den Mord an einer ehemaligen Geliebten. Über einen Freund erfährt er, dass sie scheinbar einen neuen Verehrer hatte. Je mehr John ermittelt, desto stärker wird der Verdacht, dass es um mehr geht, als eine einfache Liebelei.

Im zweiten Kapitel „Arctic Nation“ bekommt Blacksad den Auftrag, ein vermisstes Kind zu finden und gerät damit in einen Rassen-Krieg zwischen „schwarzen“ und „weißen“ Tieren. Auch John als schwarzer Kater – durch seine weiße Nasenspitze jedoch als Mischling bezeichnet – gerät in die Schussbahn der rassistischen Arctic Nation, welche wohl einige Leichen im Keller zu haben scheint. Hier lernt John das Wiesel Weekly kennen, welches als Reporter arbeitet und den Privatdetektiv noch einige Male unterstützen wird.

In Kapitel drei „Rote Seele“ zieht es John in eine Geschichte der Spionage, der Angst vor den „Roten“ – den Kommunisten – und vor einer atomaren Katastrophe. Eigentlich war er nur als Bodyguard für die reiche Schildkröte Hewitt Mandeline angestellt, dabei trifft er zufällig auf seinen Kindheitsfreund Otto Liebber. Die als großer Wissenschaftler gefeierte Eule hat jedoch ein dunkles Geheimnis.

„Die Stille der Hölle“ ist das vierte Kapitel, in welchem Blacksad und Weekly von dem Musikproduzenten Faust Lachapelle nach New Orleans gebeten werden. Lachapelle betraut die beiden mit der Suche nach dem Jazz-Musiker Sebastian „Little Hand“ Fletcher. Dieser scheint etwas zu besitzen, was Lachapelle unbedingt benötigt, abgesehen von Sebastians musischem Talent.

Das fünfte und letzte Kapitel in dieser Gesamtausgabe trägt den Namen „Amarillo“. In diesem erklärt sich John bereit, aus Geldmangel einen Wagen nach Oklahoma zu fahren. Als dieser bei einem Zwischenstopp jedoch geklaut wird, muss sich Blacksad mit dem Fall eines Schriftstellers befassen, der ziemlich tief in Schwierigkeiten steckt und von der Polizei gejagt wird.

Ein Katz- und Mausspiel

Die „Blacksad Gesamtausgabe“ umfasst die von 2000 bis 2013 erschienenen fünf Bände um den jungen Privatdetektiv. Genretechnisch kann man die Handlung der fünf Kapitel als Noir-Krimis einordnen. Gerade der erste Band hat noch starke Anleihen alter Detektivromane der amerikanischen 1920er Jahre – schöne Frauen, schummrige Kneipen, zwielichtige Gestalten und ein Detektiv, der auch hin und wieder zu zweifelhaften Mitteln greift.

Darüber hinaus zeigt der Comic Thematiken der Rassenkämpfe zwischen Afroamerikanern und weiß-rassistischen Vereinigungen auf. So ist die Bewegung der Arctic Nation vergleichbar mit der des Ku-Klux-Klans. Im vierten Kapitel wird sich ebenso mit der rassistischen Vergangenheit der vereinigten Staaten auseinandergesetzt. Dies erfolgt in Form der Problematik, welche mit den als „rassische Musik“ bezeichneten Musikstilen Jazz, Blues und Soul einhergeht. Hinzu kommen die starken Bezüge zum Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion in Kapitel drei, „Rote Seele“. Ständige Paranoia vor Spitzeln der „Roten“ oder die Angst der Bevölkerung vor einem atomaren Supergau stellen die Haupthandlung dieser Geschichte dar.

Das Tier in mir

Canales erzählt die Geschichte um John Blacksad in Form einer sehr erwachsenen Tierfabel. Einzelne Tiere werden den verschiedenen Eigenschaften zugeschrieben, welche den Lesern aus verschiedenen Quellen bekannt sein könnten. So ist der Schäferhund ein hohes Tier in der Polizei. Die andere Seite des Gesetzes werden meist durch Reptilien dargestellt, welche weitläufig als sehr hinterlistig gelten – hat doch die Schlange damals Eva im Garten Eden verführt. Auch Ratten kommen nicht besonders gut weg. Weekly als Wiesel ist flink und gewitzt, während Blacksad als schwarzer Kater nicht nur von einem Unglück ins nächste stolpert, sondern auch dank seiner neun Leben immer wieder auf den Pfoten landet. In einer Szene sieht man auch den Boxkampf zwischen einem Eber und einem Gorilla, welche beide als recht starke und kampflustige Tiere gelten.

Zeichner Juanjo Guarnido schafft es, die Charaktere wunderbar realistisch und ihre zugeschriebenen Eigenschaften passend in Szene zu setzen. Daran sieht man, wie viel Liebe zum Detail in diesem Comic steckt – etwa beim Spiel mit Gestik und Mimik. So erscheinen die Tiere einerseits in ihrer vermenschlichten Form als zivilisierte Individuen, andererseits behalten sie ihre animalische Ader – wenn sich beispielsweise ihr Fell aufstellt oder sie ihre Zähne fletschen. Dieser Wechsel zwischen Mensch und Tier bringt auch eine unglaubliche Dynamik in den Comic. Die Farben bieten viele Nuancen und sind leicht matt gewählt. Sie wirken alt und passen sich der Atmosphäre der Zeit, in der der Comic spielt, an.

Auf den Hund gekommen?

Ich kann die „Blacksad Gesamtausgabe“ jedem Comicfan nur wärmstens ans Herz legen. Juan Díaz Canales erzählt Geschichten, die einen mitreißen und nachdenken lassen – obwohl das fünfte Kapitel in seinem erzählerischen Aspekt nicht so stark ist, wie seine Vorgänger. Zusammen mit den Zeichnungen von Guarnido ist ihm ein erzählerisches und optisches Highlight gelungen.

Blacksad Gesamtausgabe. Autor: Juan Díaz Canales. Illustration: Juanjo Guarnido. Übersetzung: Harald Sachse. Carlsen Verlag. 2017.

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