Sich selbst verlieren und wiederfinden

von | 21.02.2018 | #philosophiestadt, Bilderbücher, Buchpranger, Specials

Wir erträumen uns das Schönste und das Beste. Aber oftmals vergessen wir dabei, was wir für unsere Ziele aufgeben müssen und dass wir auf dem Weg verloren gehen können. – Von Zeichensetzerin Alexa

„Eines Tages wendeten die Vögel ihren Blick von den Zweigen und Blättern ab und stellten sich ein anderes Leben vor.“ Damit beginnt nicht nur das Bilderbuch „Als die Vögel vergaßen, Vögel zu sein“, sondern auch ein neues Zeitalter für die in der Geschichte vorkommenden Vögel. Sie fragen nach dem Wie und dem Warum, sie bauen „die schönsten Nester“ und erfinden neue Flugmöglichkeiten. Ihre Lebensweise, ihr Charakter – alles verändert sich.

Aber die positive Veränderung – die Freiheit, selbstwirksam etwas Neues erschaffen zu können – wird überschattet von ihrem Gefühl, niemals genug zu haben. Sie wollen die Kontrolle über alles und die Entscheidung über das Schicksal anderer. Zunehmend vergessen die Vögel, wer sie einst waren. Ihre Identitätskrise treibt sie zu Gewalt und Verfall. Und dennoch: Irgendwo gibt es noch jemanden, dem all das nicht wichtig ist und der sich nichts anderes wünscht als einfach nur wieder fliegen zu können.

„Als die Vögel vergaßen, Vögel zu sein“ gibt zu denken: Wer sind wir und was wollen wir? Gehen all die Wünsche von uns selbst aus oder entwickeln sie sich aus einer gesellschaftlichen Veränderung heraus? Was werden wir letztendlich verlieren, wenn wir unser Ziel erreicht haben? Und ist es das wirklich wert? María Julia Díaz Garrido und David Daniel Álvarez Hernández zeigen in Text und Bild die Schattenseiten einer gesellschaftlichen Entwicklung. Während der Text positive wie negative Aspekte aufzeigt, nehmen die schwarz-weißen Illustrationen eine metaphorische Funktion für Licht und Schatten ein. Die Graustufen können sinnbildlich für Grauzonen stehen.

„Als die Vögel vergaßen, Vögel zu sein“ stand zu Recht auf der Shortlist der Stiftung Buchkunst für „Die Schönsten deutschen Bücher 2015“. Das Werk nimmt die Lesenden ein, zieht sie in die Dunkelheit der Zeichnungen und wieder heraus ins Licht. Beeindruckend tiefsinnig sind Text und Bild in ihrer Kombination. Ein kleines, dystopisch-philosophisches Werk, das trotz der bedrückenden Stimmung nicht versäumt, ein wenig Hoffnung mitzugeben.

Als die Vögel vergaßen, Vögel zu sein. María Julia Díaz Garrido. Illustration:‎ David Daniel Álvarez Hernández. Übersetzung: Lydia Thießen. aracari Verlag. 2015.

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #philosophiestadt. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]

 

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