Philosophie als Selbststudium (Teil I)

von | 12.02.2018 | #philosophiestadt, Buchpranger, Sach- und Fachbücher, Specials

Die Geschichte der abendländischen Philosophie reicht Jahrhunderte zurück. Richard David Precht ist Philosoph, Bestsellerautor, ein Intellektueller und ein Zukunftsvisionär. In seinem Buch „Erkenne die Welt“ taucht Precht in die Welt der Philosophiegeschichte der Antike und des Mittelalters ein. Geschichtenzeichnerin Celina hat sich mit Prechts Werk als Hörbuch und als Buch auseinandergesetzt.

Eine längere Einleitung

Zu Beginn kommentiert Precht sein Buch, indem er zum Beispiel darauf eingeht, was es ist und warum er es so geschrieben hat. Also ein längeres Vorwort, wenn man so will. Er erzählt, dass „Erkenne die Welt“ der erste Teil einer Trilogie ist, in welchem die abendländische Philosophiegeschichte der Antike und des Mittelalters fokussiert wird.

Im Buch werden viele philosophische Fragen – die offene Fragen sind, die wiederum andere oder neue Fragen aufwerfen – in den Raum gestellt. Diese werden aber nicht direkt beantwortet, sondern Precht nähert sich den Antworten an, indem Sichtweisen vergangener Philosophen aufgegriffen werden. Es sind Fragen, die vielfach bis heute aktuell geblieben sind, wie etwa „Was ist Philosophie eigentlich?“, „Was ist ein gutes Leben“ oder „Was ist wichtig und was nicht?“, um nur einige zu nennen.

Dieses Buch ist allerdings kein Lexikon und keine Enzyklopädie. Es ist eher eine subjektiv philosophische Erzählung der Philosophiegeschichte von Precht. Dabei geht er zeitgeschichtlich vor, zeichnet die zeitspezifischen Landschaften nach, gibt Anekdoten wieder und bringt allerhand Beispiele ein. Einige Beispiele stehen im Kontext der Gegenwart, indem etwa moderne Medien wie Filme miteinbezogen werden. Prechts Buch besticht durch ein Wechselspiel zwischen Wissensvermittlung sowie dem Anregen zum Nachdenken und kritischem Denken.

Hörbuch vs. Buch

In der Hörbuch-Fassung spricht Richard David Precht selbst die Einleitung. An der Stelle kann man denken, dass es schön gewesen wäre, wenn er sein ganzes Buch eingesprochen hätte. Der Sprecher Christian Baumann, welcher alles Weitere liest, macht seine Sache professionell, sodass er deutlich und mit angenehmer Stimme den Inhalt wiedergibt. Dennoch wäre es etwas anderes, wenn Precht sein Buch selbst lesen würde, da er andere Betonungen setzt, es persönlicher wäre und auch die Begeisterung, die Precht für die Philosophie aufbringt, somit mehr zum Ausdruck käme.

In der Buchfassung lassen sich die Stellen, in denen mehrere Zahlen und Namen fallen, besser erfassen, als diese nur auditiv wahrzunehmen. Hinzu kommt, dass in der Buchfassung beispielsweise Landkarten und Zeitleisten abgebildet sind, welche einen besseren Überblick über die Philosophen der Antike und des Mittelalters geben. An sich sind sowohl Buch als auch Hörbuch ansprechend gestaltet.

Für Neueinsteiger?

Aus der Perspektive einer Neueinsteigerin in die Philosophie ist zu bemerken, dass zeitweise – besonderes anfänglich – sehr viele Fakten, wie Geschichtsdaten und Namen, genannt werden, wobei man sich mehr konzentrieren muss. Angenehmer und mit mehr Leichtigkeit erscheinen die etwas längeren Teile, wie die Erzählungen rund um Platon oder Aristoteles. Allerdings ist auch klar, dass nicht alles in dieser Art geschrieben sein kann. Es gibt Fokuspunkte. Weiterhin entsteht durch die Verknüpfung von geschichtlichen, religiösen und soziologischen Aspekten ein umfangreiches Bild der Philosophiegeschichte, da diese Aspekte fundamental auf die Philosophie eingewirkt haben.

Ebenfalls fällt positiv auf, dass Precht gerne an bestimmten Punkten noch einmal zusammenfasst, wenn sich etwa mehrere Aspekte beziehungsweise Thesen angesammelt haben. Diesen Gesichtspunkt kann man ebenso bei Gesprächen in seiner eigenen Sendung „Precht“, die im ZDF seit 2012 ausgestrahlt wird, beobachten. Durch das Zusammenfassen fällt es einem leichter, den roten Faden nicht zu verlieren. Zum Nicht-Fadenverlust tragen zudem seine Rückbezüge bei, in denen er nochmal auf vorherige Kapitel und/oder Feststellungen verweist. Dies bietet sich besonders an, wenn sich, im Verlauf der Geschichte, Philosophen auf ihre Vorgänger bezogen haben.

Man kann sagen, für Leser, die sich überhaupt nicht mit Philosophie auskennen oder beschäftigt haben, ist dieses Buch zwar eine Herausforderung, aber dennoch kann man es unbeschwert lesen und/oder hören. Es verschafft einen allgemeinverständlichen und nachvollziehbaren Überblick über die Geschichte der Philosophie und eröffnet einen – trotz der schweren Kost – leichten Zugang zu der Thematik.

Ein Seminar in Buchform

Vom Stil her kann man sagen, dass das Buch immer mal wieder an Uni-Seminare erinnert. Besonders dann, wenn Prechts eigene Ausdrucksweise zum Vorschein kommt. So etwa die Momente, in den man sich denkt: Ja, so hätte er das jetzt auch vor der Kamera erzählt. Er hat eine sehr angenehme Art, die Dinge zu erzählen, was eben in ein sehr gutes Seminar passen würde. Darüber hinaus beweist Precht rhetorisches Geschick und schafft es, mit Beispielen versehen, die Philosophiegeschichte in Worte zu fassen.

Das Buch „Erkenne die Welt“ ist all jenen Lesern zu empfehlen, welche sich genauer und somit etwas zeitintensiver mit Philosophie beschäftigen möchten. Jetzt wäre es interessant, wie eine Person das Buch wahrnimmt, die sich bereits viel mit Philosophie auseinandergesetzt hat. In jedem Fall bietet es eine Menge philosophischen Input und bereitet Spaß beim Hören und Lesen.

Erkenne die Welt – Geschichte der Philosophie 1. Richard David Precht. Goldmann. 2015. / Hörbuch: Erkenne die Welt – Geschichte der Philosophie 1. Autor und Sprecher: Richard David Precht. Sprecher: Christian Baumann. Der Hörverlag. 2015.

Ein Beitrag zum Special #philosophiestadt. Hier findet ihr alle Beiträge.
Illustration: Geschichtenzeichnerin Celina
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