Oase des Friedens: Ein Monat auf dem Land

von | 15.02.2017 | Belletristik, Buchpranger

Der Roman „A Month in the Country“ von Joseph Lloyd Carr erschien 1980 und wurde bereits 1987 mit Colin Firth in der Hauptrolle verfilmt. Zeichensetzerin Alexa hat diesen „modernen Klassiker“ in der im vergangen Jahr erschienenen Übersetzung von Monika Köpfer gelesen und wundert sich nun sehr darüber, warum dieses Büchlein nicht schon viel früher auf Deutsch erschienen ist.

Die Geschichte um den Restaurator Tom Birkin beginnt im Yorkshire der 1920er Jahre. Es ist Sommer, als er in Oxgodby ankommt, um dort seinen Auftrag anzugehen, ein mittelalterliches Fresko freizulegen. Hier, inmitten idyllischer Landschaften, erhofft er sich Ruhe und Frieden: „Das Wunderbare war indes, dass ich in dieser Oase des Friedens gelandet war und mir einen Sommer lang über nichts anderes den Kopf zerbrechen müsste, als dieses Wandgemälde freizulegen.“ (S. 28) Birkin hat viel zu verarbeiten: den Krieg, die Streitereien mit seiner Ehefrau Vinny – die Arbeit, der er sich in der Kirche annimmt, hilft ihm dabei, seine Gedanken zu sortieren. Je mehr er von diesem Gemälde freilegt, desto mehr kommt er sich selbst näher.

Schließlich lernt er Keachs Frau Alice kennen. Ihre Gefühle füreinander schwingen zwischen den Zeilen wie ein Geheimnis, von dem niemand erfahren darf. So entwickelt sich eine leise Liebesgeschichte, die Hoffnungen weckt – und zwei Menschen die Chance gibt, ein neues Leben zu beginnen. Doch die Rollen, in denen sie sich befinden, hindern sie daran, ihre Gefühle zu äußern. Birkin weiß, dass für Alice die Ehe etwas ist, das man nicht bricht. „Man darf nicht vergessen, es war das Jahr 1920, eine völlig andere Zeit. Deshalb verschloss ich meine Gefühle für sie tief in meinem Herzen, und dort sollten sie auch bis zu meiner Abreise bleiben.“ (S. 132/133)

Idyllische Ruhe

Durch Landschafts- und Stimmungsbilder wird eine Atmosphäre geschaffen, die zeitlos ist. Allgegenwärtig ist die Ruhe an diesem idyllischen Ort: „Es war ungefähr sieben Uhr abends und so ruhig, dass ich das Gefühl hatte, man hätte hören können, wenn jemand eine Meile weiter weg gesprochen hätte.“ (S. 93) Die melancholisch-klare Sprache trägt die Lesenden durch die Geschichte und lädt zu einer Reise aufs Land ein, dorthin, wo Natur und Mensch wieder eins sein können. Und je mehr man von Apfelbäumen und fließenden Bächen liest, desto größer wird der Wunsch, ebenjenen Ort aufzusuchen, in der Hoffnung, dort ebenso wie Birkin Ruhe zu finden.

„Aber es gibt Zeiten, in denen der Mensch und die Erde eins sind, wenn der Puls des Lebens besonders kraftvoll schlägt, wenn das Leben von Verheißung strotzt und wir darauf vertrauen, dass sich die Zukunft sicher und vorhersehbar vor uns erstreckt wie ebendiese Straße, die in die Hügel führte.“ (S. 119)

„Ein Monat auf dem Land“ verspricht nicht zu viel: Die Covergestaltung – schlicht in Weiß und Grün gestaltet – deckt sich mit dem Klappentext. Der Innenteil überzeugt noch mehr. Meisterhaft erzählt Carr eine Geschichte, die sprachlich sowie inhaltlich auf eine sehr angenehme und ruhige Weise fesselt. Löblich zu erwähnen ist hierbei die Arbeit der Übersetzerin Monika Köpfer, die einen großen und wichtigen Teil dazu beigetragen hat, dass dieses Werk in solcher Qualität erschienen ist.

Ein Monat auf dem Land. Joseph Lloyd Carr. Übersetzung: Monika Köpfer. DuMont. 2016.

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