Liebesgeschichte, nicht ganz ohne Klischeekiste

von | 10.02.2016 | Belletristik, Buchpranger

Wie ziemlich viele Frauen sucht auch die Heldin in Mhairi McFarlanes Roman „Vielleicht mag ich dich morgen“ nach Mr. Right. Den zu finden ist für sie aber nicht besonders leicht, denn es mangelt ihr ziemlich an Selbstbewusstsein. Ob sie ihn trotzdem findet? Worteweberin Annika hat mitgefiebert.

Zu Schulzeiten wurde Anna wegen ihres Aussehens gemobbt: Sie war dick, trug selbstgestrickte Kleidung und hatte eine uncoole Frisur. Heute ist Anna erfolgreiche Historikerin, hat abgenommen und weiß gar nicht, wie attraktiv die Männer sie finden. Noch immer quälen sie die Erinnerungen von damals, und um sich ihrer Angst zu stellen, beschließt sie, zum Klassentreffen zu gehen. Dort begegnet sie James, der ihr in der Schule übel mitgespielt hat, für den sie aber schon damals schwärmte. Doch James erkennt die „neue“ Anna nicht wieder, und als die beiden sich kurz darauf durch die Arbeit erneut begegnen, entwickelt sich zwischen ihnen eine zerbrechliche Freundschaft, aus der vielleicht sogar mehr werden kann.

Nicht wenige träumen wohl von dieser Situation: Jahre nach dem Abschluss beim Klassentreffen an die Schule zurückzukehren und das wahre Gesicht zu zeigen, viel interessanter und begehrenswerter auszusehen als damals in der Pubertät. Im Falle von Anna funktioniert das, und noch dazu, so viel darf hier wohl schon verraten werden, findet sie dabei auf Umwegen sogar ihre große Liebe.

Das ist wahrscheinlich nicht sonderlich realistisch, denn, mal ehrlich, wer verliebt sich schon in den Mann, der einem als Junge den schlimmsten Tag seines Lebens beschert hat? Und wie viele Frauen verwandeln sich tatsächlich vom hässlichen Entlein in den wunderschönen Schwan? Wenn man diese Begebenheiten aber als das vielleicht etwas unrealistische Element des Romans akzeptiert (und wer weiß, irgendwo hat es so etwas bestimmt schon gegeben!), dann ist „Vielleicht mag ich dich morgen“ ein sehr unterhaltsamer Liebesroman. Anna ist eine starke Heldin, die sehr wenig mit dem Klischee der jungen, naiven Frau zu tun hat, die sich in solchen Romanen haufenweise tummeln. Allein schon ihr Beruf als Historikerin an der Uni ist da ein guter Hinweis.

Manchmal greift die Autorin McFarlane trotzdem ziemlich tief in die Klischeekiste, und holt dabei Sätze wie: „Das war das absolute Knackarschfiasko. Ihr ganz persönliches Arschghanistan.“ hervor, die man vielleicht lustig finden kann, die aber doch eigentlich eher gewollt und sehr oberflächlich klingen. Zum Glück finden sich nur wenige solcher Sätze, sodass man gut und gerne um sie herum lesen kann. Denn das hat sich „Vielleicht mag ich dich morgen“ verdient. Die Handlung ist sehr kurzweilig, unterhaltsam und lustig – gleichzeitig fehlt aber auch nicht die Prise Romantik und Vorhersehbarkeit, die zu einem Liebesroman einfach dazugehört. Aber auch um ernste Themen wie Mobbing und Verschuldung wird hier kein Bogen gemacht.

Wer Lust auf eine intelligente Liebesgeschichte hat und auch vor einigen Klischees und bilderbuchromantischen Situationen nicht zurückschreckt, der ist bei Mhairi McFarlane genau richtig. „Vielleicht mag ich dich morgen“ ist ein Roman zum Träumen, für gemütliche Stunden auf dem Sofa oder vorm Kamin.

Vielleicht mag ich dich morgen. Mhairi McFarlane. Aus dem Englischen von Karin Durfner und Ulrike Laszlo. Knaur. 2015.

 

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