Die Hex‘ geht um

von | 21.10.2017 | #Todesstadt, Filme, Filmtheater, Specials

Mit „The VVitch“ wollte Robert Eggers als Regisseur und Drehbuchautor 2015 eine düstere Geschichte über Religion und Hexerei präsentieren. Geschichtenerzähler Adrian hat sich davon überzeugt, ob ihm das gelungen ist.

Der Film beginnt um das Jahr 1630 – zehn Jahre nachdem die Mayflower die ersten Siedler nach Amerika brachte – in einem Dorf in den neuen amerikanischen Kolonien. Dort findet ein Kirchenprozess gegen den strenggläubigen William statt, welcher dazu führt, dass William und seine Familie das Dorf verlassen müssen. Sie finden in der Nähe eines Waldes ein neues Zuhause. Dort sollen sie getreu nach der Bibel leben und beten.
Jedoch stellt die Familie bald fest, dass ein Schatten über diesem Land liegt und dem angrenzenden Wald. Mit dem Verschwinden des Babys Samuel vor den Augen seiner Schwester Thomasin beginnt ein unheimlicher Spuk, der die Familie heimsucht und langsam in den Wahnsinn treibt. Das Vieh und die Waldtiere benehmen sich seltsam und die Ziegenmilch wird zu Blut. Eine Hexe scheint umzugehen und unter den Familienmitgliedern beginnt nun immer größere Zwietracht zu herrschen. Mehr und mehr verdichtet sich der Verdacht, dass Thomasin, die älteste Tochter, die Hexe sei.

Religiöser Weltschmerz

Gleich vorab gesagt: Der Film ist ziemlich mies. Dass er seine Geschichte sehr langsam erzählt, wodurch sich die 92 Minuten Laufzeit auf gefühlt zwei bis zweieinhalb Stunden strecken, ist noch das kleinste Manko. Eher stößt einem schon der stark religiöse Weltschmerz sauer auf, welcher in dem Film transportiert wird. Ich kann schon verstehen, dass solch eine religiöse Starrköpfigkeit zu dieser Zeit Gang und Gäbe war – und mancherorts heutzutage bestimmt noch immer ist – allerdings denke ich, dass dies beim Großteil des heutigen Publikums eher auf Unverständnis trifft. Einem vielleicht neun- oder zehnjährigen Jungen dabei zuzuhören, wie er die „Theorie“ der Erbsünde aus der Bibel zitiert, sorgte bei mir schon für lachendes Kopfschütteln.
Zudem sind die Charaktere – mal abgesehen von Thomasin – ziemlich überzeichnet. Neben dem religiösen Vater William, dem indoktrinierten Sohn Caleb und der hysterischen Mutter Kathrin, gibt es noch die Zwillinge Mercy und Jonas. Diese sagen die meiste Zeit des Films offensichtlich satanisch anmutende Kinderreime vor sich hin, welche dem schwarzen Ziegenbock der Familie huldigen. Und zu guter Letzt ist da noch die Sache mit der Hexe. Ohne viel spoilern zu wollen, hätten dem Film mehr Geheimnisse und Mystik eindeutig gut getan. Schon recht früh wird klar, dass dort wirklich eine Hexe im Wald lebt, die Kinder entführt und der Familie schadet. So kann sich der Zuschauer das Spekulieren schnell schenken, ob es eine Hexe in der Familie gibt und wer es sein könnte.

Irgendetwas Positives? Joa…

Positiv sei zu erwähnen, dass das Casting der Kinderdarsteller gut gewählt ist. Dem jungen Caleb kauft man seine Rolle des gottesfürchtigen Sohnes gut ab und auch den Zwillingen sei ein Lob ausgesprochen, denn irgendwann beginnt man diese beiden anstrengenden Bälger derart zu hassen, dass es beinah gut tut. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber ist durchaus positiv gemeint. Es ist im Grunde vergleichbar mit Jack Gleeson als King Joffrey aus Game of Thrones – nicht ganz so extrem, aber es kommt nahe daran.
Auch die Szenerie ist gut gewählt, sodass der Ort wenigstens etwas natürliche Mystik versprüht, die dem Film ansonsten großflächig fehlt. Anzumerken sind auch die beiden – ob nun freiwillig oder unfreiwillig entstandenen – Easter Eggs. Zum einen die Hänsel und Gretel-Anspielung, wenn die Kinder des Nachts durch die dünnen Wände des Hauses die Unterhaltung der Eltern mithören, einige der Sprösslinge wegzuschicken, damit die Familie überleben kann. Das zweite Easter Egg wäre die Vergiftung von Caleb durch einen roten Apfel, wie in Schneewittchen.

Ein Fazit

Wem empfehle ich jetzt diesen Film? Ganz ehrlich: niemandem. M. Night Shyamalan hätte den Film in seiner Tiefphase – ja, ich meine dich „The Happening“ – besser hinbekommen. „The VVitch“ ist in meinen Augen großer Mumpitz und eine ziemliche Zeitverschwendung. Wer ihn sich trotzdem antun will, selber schuld.

The VVitch – A New-England Folktale. Regie & Drehbuch: Robert Eggers.
Mit u.a. A. Taylor-Joy, R. Ineson, K. Dickie. Universal. USA et. al., 2015.

Ein Fund aus der Todesstadt.

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1 Kommentar

  1. Avatar

    Ich sehe eine Stärke darin, wenn kurze Filme es schaffen, eine Länge zu erzeugen, solange diese Länge auch gefüllt wird. Viel enttäuschender erlebe ich manchmal 120-minütige „Blockbuster“, in denen nichts neues geboten wird und die Tiefe vermissen lassen.
    Für spontan-suchfaule Lesende hier die Namen der zum Casting erwähnten DarstellerInnen:
    Harvey Scrimshaw (Caleb)
    Ellie Grainger (Zwilling Mercy)
    Lucas Dawson (Zwilling Jonas)

    Antworten

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