Der Winter, die Liebe und die Literatur – Ein Wintermärchen

von | 19.02.2017 | Belletristik, Buchpranger

„Eine Buchhandlung, ein berühmter Dichter und ein verschneiter Wiener Winter“, sagt der Klappentext. Tatsächlich beschreibt diese Aufzählung sehr gut, worum es in Petra Hartliebs neuem Buch „Ein Winter in Wien“ handelt. Zeichensetzerin Alexa ist in diese verschneite, kitschig-unterhaltsame Welt eingetaucht.

Marie, die Protagonistin der Geschichte, erfüllt alle möglichen Klischees: Aufgrund von Geldmangel muss sie ihre Familie verlassen und eine Stelle als Kindermädchen annehmen. Hier wird sie schlecht behandelt, muss ständig Hunger leiden und um ihren Job fürchten. Als sie diesen schließlich verliert, landet sie im Hause Arthur Schnitzlers, wo sie sich um seine Kinder kümmern soll. Schnell findet sie den Draht zu ihnen, lernt sie kennen und lieben und wünscht sich, für immer hier zu bleiben.

Als sei dies nicht Glück genug, begegnet sie in einer Buchhandlung einem jungen Mann, in den sie sich bis über beide Ohren verliebt. Es folgen heimliche Treffen und Liebesbekundungen, eine Situation, die Marie in eine schwierige Lage bringt, und jede Menge kitschige Zeilen.

„Es hatte die ganze Nacht geschneit. Dicke Flocken, ununterbrochen. Als Maries Wecker klingelte, war es dunkel, doch die Dunkelheit war anders als sonst, irgendwie gedämpfter, weicher. Kein Geräusch war zu hören. In ihrer kleinen Kammer war es kalt und klamm, und sie beschloss, noch fünf Minuten unter dem warmen Federbett liegen zu bleiben.“ (S. 7)

„Ein Winter in Wien“ trägt die Leserschaft mithilfe trivialer Sprache durch ein verschneites Wintermärchen, das allzu sehr an klischeehafte Hollywood-Liebesromanzen erinnert. Die Welt, die hier konstruiert wird, ist einfach und dennoch unterhaltsam. Der Sprung zwischen Trivialität und Anspruch wird mit der Rolle des Arthur Schnitzler versucht. Teils gelingt es, seine Person so darzustellen, dass man einen Einblick in seine Biografie erhält. Dies geschieht allerdings so unterschwellig und schwammig, dass seine Rolle beliebig und austauschbar ist – Interesse an Schnitzers Leben und Werk wird trotzdem geweckt.

Allen, denen Klischees und Kitsch nichts ausmachen und die auf der Suche nach einer leichten Lektüre für einen kalten Winterabend sind, sei „Ein Winter in Wien“ empfohlen.

Ein Winter in Wien. Petra Hartlieb. Kindler. 2016.

 

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