Der Fall Fabian – Ein Meerschweinchen-Mord? (Teil I)

von | 01.09.2017 | Kreativlabor

(Das kommt dabei heraus, wenn ich zu viel CSI sehe.)

Es gab nichts Erfrischenderes am Morgen als gleich montags zur Arbeit zu kommen und einen Tatort vorzufinden. Besonders, wenn man spät dran war – und Detective Marley war spät dran an diesem Morgen. Ihre Mitfahrgelegenheit hatte verschlafen und war nachher gleich nochmal über ihrem Kaffee eingeschlafen. Marley hatte sich schon Sorgen gemacht, ob sie nicht an ihrer Arbeitsstelle würde anrufen müssen, um einen freien Tag anzumelden. Ihr Herz machte noch immer einen aufgeregten Sprung, wenn sie daran dachte, dass sie den Anruf hätte tätigen müssen. Doch am Ende war sie doch noch unversehrt angekommen, und wurde gleich von Finn, ihrer rechten Hand, aufgeregt begrüßt. „Detective Marley!“ Finn keuchte als hätte er einen Marathonlauf hinter sich und wippte aufgeregt auf den Fußballen vor Marley auf und ab. „Endlich bist du da!“

Finn war einer der jüngeren Mitglieder des Department, und er hatte wohl einen aufregenden Sonntag hinter sich, sah man sich seinen blonden, verwuschelten Schopf an, durch den kaum einmal ein Kamm dringen konnte. Er sprang förmlich vor Aufregung auf der Stelle, während er verkündete: „Wir haben einen Tatort!“ Und damit hatte er auch schon eine halbe Drehung absolviert und flitzte zurück in den Hauptraum. Er war stets voller Energie, besonders wenn es um einen Tatort ging – normalerweise stand das gesamte Department unter Strom, doch besonders Finns Energie und Leidenschaft für den Beruf war immer wieder faszinierend.
Manchmal sorgte sich Marley auch darum. Manchmal fragte sie sich, wie Finn wohl bei einem richtigen Fall reagieren würde. Finn war … manchmal ein wenig empfindlich. Marley wechselte Schuhe und streifte sich den Kittel über, der zur Arbeitskleidung gehörte, und horchte. Hatten sie einen neuen Fall, war der Hauptraum normalerweise erfüllt von geschäftigem Summen und Brummen, von dem immerwährenden Chit-Chat der Abteilung, die die wildesten Theorien wälzte, gehörten sie nicht zum innersten Kreis der Ermittlungen.

Heute jedoch war es ungewöhnlich still. Marley runzelte die Stirn, folgte ihrer inoffiziellen rechten Hand dann endlich in den Hauptraum. Sie hatte vieles erwartet – nach draußen geleitet zu werden, irgendwohin in eine Wiese etwa, oder zum Spielplatz, wo sich die Opfer scheinbar öfters zum Kaffeekränzchen trafen. Ihre Tatorte spielten sich meist im Garten, in freier Natur, ab. Kaum hatte Finn sie entdeckt, kam er abermals auf sie zu und packte sie am Handgelenk, einen seltsam ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht. Marley stoppte instinktiv, wo ihr Schritt sie gerade noch in Richtung der Küche geleitet hatte, und verwirrt runzelte sie die Stirn. „Du solltest besser nicht hineingehen“, erklärte Finn ernst und stellte sich ihr in den Weg. Marley war bekannt dafür, dass sie nur ungern anderen folgte. Doch unter Finns festem Blick wurde ihr mulmig zumute, auch wenn sie es nicht zulassen wollte – wer wollte dies auch?
Sie runzelte konzentriert die Stirn, musterte Finn verwirrt. „Aber das Team-?“, erwiderte sie langsam und wollte sich losmachen, doch Finns Griff war eisern. Er kannte sie bereits zu gut, stellte Marley fest. Er blickte sie weiterhin fest an. „Wir haben einen Tatort“, erklärte er erneut. Marley verzog ihren Mund. „Das hab‘ ich mitbekommen“, erwiderte sie angespannt, wusste nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Ihr kam kurz in den Sinn, ob er kurzzeitig sein Gedächtnis verloren hatte oder ob sie gerade bloß etwas nicht begriff, was wohl offensichtlich sein musste. Finn nickte nochmals zur Bekräftigung und führte sie am Handgelenk zum Eingang der Küche.
„Er ist hier.“

Der kleine Raum, in dem das fünfköpfige Team gerade so Platz fand, war im Chaos untergegangen. Die Schränke, welche normalerweise mit übermäßig viel Geschirr gefüllt waren, jedoch niemals mit Essen, weil niemand sich um Einkäufe kümmerte, standen weit offen. Das Plastikgeschirr lag auf Anrichte und dem Boden verteilt, bedeckten auch die Platten des Spielherdes. Detective Marley schwankte einen Moment lang zwischen purem Entsetzen und Ärger, ehe sie sich für letzteres entschied und energisch die Hände in die Hüften stemmte. „Warum ist hier nicht abgesperrt?“, wandte sie sich in scharfem Tonfall an Finn, welcher neben ihr stand und das Klemmbrett, welches er bei jeder Ermittlung mit sich herumtrug, vollschrieb. Woher auch immer er es gerade gezogen hatte – vorhin hatte es noch auf dem kleinen Tisch im Aufenthaltsraum gelegen.
Junge, Finn war schnell. Nun jedoch erstarrte er mitten in der Bewegung und betrachtete den Tatort, als würde er ihn zum ersten Mal richtig begutachten, als löse sich der Nebel der Befangenheit um ihn herum. „Oh“, er machte ein Geräusch, sein Mund formte dabei ein perfektes O. Marley wollte sich die Hand gegen die Stirn klatschen, doch beließ es dabei. Es hieß viel mehr, möglichst schnell die Ermittlung zu beginnen.

Jessica kam herbeigeeilt, das rote Seil in den Händen, welches sie für die Absperrungen benutzten. „’Tschuldige, Marley!“, meinte sie hastig und lächelte verlegen, „Ich hab’s in all der Aufregung total vergessen!“ Marley blinzelte und konnte nicht anders, als Jessicas breites, sonniges Lächeln zu erwidern. „Schon okay“, erwiderte sie und beobachtete, wie die Blondine in dem rosaroten Kleid und den weißen Strumpfhosen den Eingang zum Küchenbereich absperrte.

Finn tippte ihr auf die Schulter, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Du, Marley“, er blickte sie mit tieftraurigen Augen an, und Marley wusste, etwas konnte nicht stimmen – das ungewöhnliche Schweigen im gesamten Raum hätte ihr eigentlich Hinweis genug sein sollen. „Was ist?“, erkundigte sie sich mit äußerst, äußerst mulmigem Gefühl bei ihrer rechten Hand, welcher sein Klemmbrett umklammerte als wäre es eine dieser Schaumstoffstangen im Schwimmbad. Er konnte noch nicht schwimmen. „Wir haben auch ein Opfer“, informierte er und nickte in Richtung Küche.
„Wen?“, erkundigte sich Marley besorgt, und Jessica zog mit wässrigen Augen die Nase hoch. Sie hatte die Unterlippe vorgeschoben und gleich würde Anna, ihrer aller Vorgesetzte kommen müssen, um sie zu trösten. „Fabian“, kam es aus Finns Mund, und Marley blinzelte angestrengt.
Das Meerschweinchen der Gruppe war tot? Das konnte nicht sein!

(Und hier kommt das Rätsel: Dies ist kein richtiger Tatort. Aber wo befinden wir uns dann? Erfahrt des Rätsels Lösung am 8.09.17 im bücherstädtischen Kreativlabor!)

Wortklauberin Erika
Illustration: Buchstaplerin Maike

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