Was ist denn nun die „letzte Liebe“?

von | 28.10.2015 | Buchpranger

Zur Auftaktveranstaltung der 24. LiteraTour Nord in Bremen hat Alina Bronsky aus ihrem Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“ im Literaturcafé Ambiente gelesen. Ein vielversprechender Auftakt. – Von Seitenkünstler Aaron

In „dichter“ Atmosphäre

Am vergangenen Sonntagabend um kurz vor 20 Uhr drängten sich ca. 120 Gäste in das Literaturcafé Ambiente. Doch nicht alle Interessierten schafften es in den überfüllten kreisrunden Saal, in dem wenig später die erste der sechs Lesungen der LiteraTour Nord stattfinden sollte. Nur die Hälfte der Besucher erhielt einen Sitzplatz – teilweise sogar hinter dem Tresen des Ausschanks – alle anderen mussten stehen. Die anwesenden Studenten sollten auch gar keine Sitzgelegenheiten erhalten, denn die Sitzplätze waren zahlenden und älteren Besuchern vorbehalten. Das Stimmengewirr vieler Gespräche, der Geruch gefüllter Weingläser und das matte Licht erzeugten dennoch eine angenehme Stimmung. Die dichte Atmosphäre betraf so nicht nur Raumnot und Atemluft, sondern ließ sich auch an den erwartungsvollen Gesichtern der Literaturfreunde ablesen.

Es war kurz nach 20 Uhr, als Alina Bronsky und Axel Dunker, der Moderator der Veranstaltung, an einem Tisch in der Mitte des Raumes Platz nahmen. Die Autorin saß gerade und mit neutraler Miene auf ihrem Stuhl, eine Ausgabe ihres neuen Buches „Baba Dunjas letzte Liebe“ in der Hand. Prof. Sautermeister, der langjährige Moderator der LiteraTour Nord in Bremen, eröffnete den Abend mit einer Begrüßung und einem Dank an die Unterstützer der Veranstaltungsreihe, bevor er die Moderation an seinen Nachfolger Axel Dunker, Professor für neuere deutsche Literatur an der Uni Bremen, übergab. Dieser erläuterte den Anwesenden den Ablauf der LiteraTour Nord und wies auf die Stimmkarten hin, mit denen die Besucher am Ende der Veranstaltungsreihe ihren Favoriten für den norddeutschen Literaturpreis wählen können.

Kleiner Lesemarathon und große Fragen

Nach den organisatorischen Informationen stellte Herr Dunker die in der Nähe von Sibirien geborene Autorin vor und beschrieb den Inhalt des Romans „Baba Dunjas letzte Liebe“. Anschließend richtete Bronsky zunächst mitfühlende Worte an das dicht gedrängte Publikum, bevor sie zu lesen begann. Die Autorin startete am Anfang ihres Buches. Beim Zuhören entwickelten sich die Bilder im Kopf noch besser als beim Lesen, denn Bronsky betonte kleinere Pointen, die schnell überlesen werden können. Das Publikum lachte gelegentlich auf, hörte aber die restliche Zeit geduldig den ruhigen, einfachen Sätzen zu.

Nachdem sie 25 Minuten ununterbrochen gelesen hatte, legte sie eine kurze Pause ein und erklärte, dass sie einige „Szenen“ überspringen würde. Dass sie ausgerechnet einige der spannendsten Textstellen nicht vorlas, enttäuschte ein wenig, doch sie fasste deren Inhalt zusammen. Mit dieser Entscheidung vermied die Autorin, denjenigen die Spannung zu nehmen, die ihr Buch noch nicht gelesen hatten. Den zweiten, zehnminütigen Lesevortrag beendete Bronsky mit einem „Dankeschön“ und griff schnell nach einem Glas Wasser. Am Ende hatte ihre Stimmmelodie etwas nachgelassen – kein Wunder, denn die Autorin hatte zuvor noch am selben Tag eine Lesung in Oldenburg gehalten.

Damit war die Lesung abgeschlossen und es folgte ein halbstündiges Gespräch mit dem Moderator und dem Publikum. Dunker stellte dabei vertiefende und interessante Fragen, wie es von einem Literaturwissenschaftler zu erwarten war. Bronskys Antworten vermittelten dagegen eine relativierte, offene und oberflächlichere Sicht auf ihren Roman. Sie habe sich beim Schreiben zwar einige Gedanken gemacht, doch ließ sie bewusst Platz für die Deutungen der LeserInnen. Die angesprochenen Themen betrafen unter anderem das Alter, die Protagonistin und den Ort der Handlung als Mischung aus idyllischer Utopie und Schreckensort. Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist. Auch der Moderator beendete den Abend rechtzeitig, bevor der letzte Sauerstoff im Raum veratmet wurde.

Ein vielversprechender Auftakt

Die erste Veranstaltung der 24. LiteraTour Nord ist als voller Erfolg anzusehen, denn sowohl die Lesung als auch die Moderation und die beantworteten Fragen ließen die Gäste mit einem erfüllten Gefühl aus dem Literaturcafé Ambiente gehen. Letzteres nur leider sehr langsam aufgrund des Platzmangels. Während sich einerseits die Betreiber des Literaturcafés sicher über die vielen Besucher freuten, fragten sich andererseits die Gäste, ob auch die weiteren Veranstaltungen derart überfüllt sein würden. Ein überpünktliches Erscheinen empfiehlt sich daher für die nächste Lesung, die mit Ulrich Schacht am 8. November um 20 Uhr beginnen soll. Für die Zukunft ließe sich nur eine bessere Lösung für den Veranstaltungsort erhoffen, denn mit diesen Besucherzahlen zeigt sich die steigende Relevanz dieses Literaturpreises und seiner Lesungen.

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe:
www.literatournord.de/lesereise

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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