Unter der Lupe: Bilinguale und russische Bilderbücher

von | 26.06.2017 | #litkinder, Bilderbücher, Buchpranger, Specials

Zeichensetzerin Alexa ist zweisprachig aufgewachsen. Als Erzieherin und Germanistikstudentin arbeitet sie jedoch vorwiegend mit deutschsprachiger Literatur. Zeit für einen kleinen Ausflug in bilinguale und russische Bilderbuchwelten.

Bilingual: Pauli – Liebste Mama (Павлик – Мамин День)

Das Bilderbuch „Pauli – Liebste Mama“ ist in unterschiedlichen Sprachen bilingual erschienen, darunter mit russischer Übersetzung von Evgeni Vishnevski: „Павлик – Мамин День“. Hier geht es um die Vorbereitungen auf den kommenden Muttertag. Pauli und seine Geschwister überlegen sich, ihrer Mama zum Muttertag das Geschenk zu machen, brave Kinder zu sein: Gepflegt und sauber sein und mit Manieren am Tisch sitzen, zum Beispiel. Das müssen sie allerdings erst einmal üben.
Da dieses Bilderbuch bilingual ist, ist der Vergleich zwischen Originalsprache und Übersetzung direkt möglich. Manche Formulierungen klingen im Russischen eleganter, andere sogar genauer: So wird aus „zum Essen“ ein „zum Mittagessen“ („на обед“). Nicht immer jedoch ist die Übersetzung gelungen: Aus „schmatzte Pauli“ wird plötzlich „Pauli küsste Mama“ („Павлик чмокнул маму“). Insgesamt lässt sich die russische Übersetzung aber gut lesen, wenn man über solche Änderungen hinwegsieht.

Bilingual: Lisa will einen Hund (Лиза хочет собаку)

„Lisa will einen Hund“ von Helga Bansch ist wie „Pauli – Liebste Mama“ in der Reihe bi:libri erschienen. Im Vergleich zu diesem ist Evgeni Vishnevski die Übersetzung von „Lisa will einen Hund“ besser gelungen. Der russische Text liest sich flüssiger und ist dem Originaltext näher. Wie der Titel bereits verrät, geht es um Lisa, die sich einen Hund wünscht. Aber zum Geburtstag bekommt sie nur Hundebücher und sonstige Gegenstände mit Hundemotiven. Ihre Eltern begründen ihre Entscheidung gegen einen Hund damit, dass sie keine Zeit und keinen Platz hätten. Doch Lisa will nicht so einfach aufgeben und hat eine Idee, wie sie sich ihren Wunsch trotzdem erfüllen kann. Sie beweist: Man muss nicht auf eigene Wünsche verzichten, wenn alle bereit sind, Kompromisse einzugehen.

Bilingual: Die Königin der Farben (Королева Цветов)

„Die Königin der Farben“ – das ist Malwida. Sie herrscht über die Grundfarben Blau, Rot und Gelb. Allerdings beginnen die Farben verrückt zu spielen und sich der Königin zu widersetzen. Ein buntes Chaos bricht über Malwida herein und vermischt sich zu einem traurigen Grau. Erst durch ihre Tränen kommen die Grundfarben wieder zum Vorschein. Sie harmonieren miteinander und spielen zusammen, bis alle müde werden. Am Ende des Bilderbuches haben die Lesenden die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und die weißen Seiten bunt zu gestalten. Die russische Übersetzung von Elisa Meyer ist sehr nah am Originaltext und ebenso wie die Vorlage einfach formuliert.

Russisch: Только все вместе (Nur wir alle)

„Только все вместе“ ist die Übersetzung des Bilderbuches „Nur wir alle“ von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Von allen der hier vorgestellten Bilderbüchern ist dieses sprachlich das umfangreichste. Die Länge des Textes, die vielfältige Wortwahl und die Handlung der Geschichte unterstützen sich gegenseitig und machen das Bilderbuch zu einem kleinen, lustigen Abenteuer: Eine Gruppe von Tieren bricht auf, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Eine Maus, ein Hirsch, ein Fisch, ein Erdmännchen und ein Bär – völlig unterschiedliche Tiere, die erst nicht so richtig glauben wollen, dass sie etwas zusammen machen können. Schließlich kann ein Fisch unmöglich an Land kommen. Und der Bär ist einer, vor dem man sich (angeblich) fürchten muss. Am Ende sind sie sich jedoch alle einig: Natürlich können sie zusammen spielen! Der witzige Stil, den man schon aus den Originaltexten von Lorenz Pauli kennt, kommt in der Übersetzung ebenso gut rüber.

Russisch: Марфа (Marfa)

Eines Tages findet der fünfjährige Ilja mit seiner Mutter eine verletzte Krähe. Ihr Flügel ist gebrochen und da eine Heilung unmöglich scheint, soll die Krähe eingeschläfert werden. Ilja will das um keinen Preis zulassen und bettelt darum, Marfa behalten zu dürfen. Er würde sich um sie kümmern! Zögernd lassen sich seine Eltern darauf ein. Fortan wird Marfa von Ilja versorgt – bis ein Wunder geschieht: Der Flügel heilt und Marfa kann wieder fliegen.
„Марфа“ beruht nach Angaben des Autors auf einer wahren Geschichte, weshalb er, seine Frau und eines seiner Kinder darin vorkommen. Im Gesamtbild erscheinen Text und Illustrationen wie ein kurzes, angenehm leicht zu lesendes Märchen. Leider ist diese schöne Geschichte noch nicht auf Deutsch erschienen.

Russisch: Красная лошадка (Rotes Pferdchen)

„Красная лошадка“ beeindruckt in Text und Gestaltung: Die Illustrationen sind fast durchgehend in tristen grau-braunen Tönen gehalten. Für den Kontrast sorgen weiße und beige Elemente. Einzig das Pferdchen und einige kleine Details sind rot gefärbt. Allerdings verliert das Pferdchen nach und nach seine Farbe. Es wird zunehmend trauriger. Der Job als U-Bahn-Fahrzeugführer macht es auch nicht sonderlich glücklich. Bis das Pferdchen einem ebenfalls traurigen Jungen begegnet. Gemeinsam finden sie wieder zur Freude zurück – und bringen damit nicht nur ihre eigene Farbe zurück, sondern auch die der Welt.
„Красная лошадка“ ist ein schönes Bilderbuch darüber, wie trist die Welt erscheint, wenn man unglücklich ist. Auch dieses Bilderbuch ist bisher noch nicht auf Deutsch erschienen.

  • Pauli – Liebste Mama / Павлик – Мамин День. Brigitte Weninger. Illustration: Eve Tharlet. Übersetzung: Evgeni Vishnevski. Hueber. 2014. Ab 4 Jahren.
  • Lisa will einen Hund / Лиза хочет собаку. Helga Bansch. Übersetzung: Evgeni Vishnevski. Hueber. 2010. Ab 4 Jahren.
  • Die Königin der Farben / Королева Цветов. Jutta Bauer. Übersetzung: Elisa Meyer. SchauHör Verlag. 2014. Ab 3 Jahren.
  • Только все вместе (Nur wir alle). Lorenz Pauli. Illustration: Kathrin Schärer. Übersetzung: Andreeva Darya. Verlag: Редкая птица. 2015. Ab 5 Jahren.
  • Марфа (Marfa). Gennadi Spirin. Ripol Klassik. 2012. Ab 4 Jahren.
  • Красная лошадка (Rotes Pferdchen). Irina Troickaja. Izdal – Artemiya Lebedeva Studio. 2013. Ab 3 Jahren.

Ein Beitrag zum Projekt #litkinder. Hier findet ihr alle Beiträge.

Illustrationen: Seitenkünstler Aaron (Lupe), Buchstaplerin Maike (Bär)

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