Schreiben, um zu leben

von | 17.11.2017 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

In Kathrin Langes neuem fantastischen Roman „Die Fabelmacht-Chroniken: Flammende Zeichen“ geht es um die Macht des Schreibens. Worteweberin Annika hat sich angesehen, ob auch der Roman selbst die Macht dazu hat, seine Leser zu fesseln.

Eigentlich will sie nur weg aus Berlin, weg von ihrer nervigen Mutter, weg nach einem heftigen Streit. Doch als Mila sich in den Zug nach Paris setzt, um bei ihrer Freundin Isabelle unterzutauchen, weiß sie noch nicht, dass sie damit einen Kampf ins Rollen bringt. Einen Kampf, bei dem sie und der Junge aus all ihren Geschichten, Nicholas, die Hauptfiguren sein werden. Denn Mila, genau wie der echte Nicholas, besitzt eine Gabe, die nur in Paris lebendig wird: die Gabe der Fabelmacht. Alles, was ein Fabelmächtiger hier schreibt, wird Wirklichkeit. Und das ist auch der Schlüssel des Problems, weil Nicholas eine verheerende Geschichte geschrieben hat, die nun unaufhaltsam droht wirklich zu werden.

Anspielungen auf literarische Texte

Während in vielen anderen Fantasy-Romanen eher das Lesen im Fokus stehen – man denke zum Beispiel an Cornelia Funkes Tinten-Trilogie – geht es in „Die Fabelmacht-Chroniken“ hauptsächlich darum, dass die Protagonisten leidenschaftlich (und auf magische Weise) schreiben. Trotzdem finden sich zahlreiche Anspielungen auf literarische Texte, die junge Leser in die Welt der Bücher einführen können. Dazu macht der Roman aber auch Lust, selbst den Stift in die Hand zu nehmen, denn wer weiß, was aus den eigenen Geschichten werden könnte?

In Kathrin Langes Roman wird durch das magische Schreiben eine andere Form der sogenannten „narrativen Metalepse“ durchgespielt, nämlich die Vermischung zweier Erzählebenen, hier des von den Figuren Geschriebenen und der Welt des Romans. Dadurch wird die Aufmerksamkeit auf die Gemachtheit von Literatur gelenkt, aber auch darauf, die eigene Wirklichkeit kritisch zu hinterfragen. Wer weiß, wer unsere eigene Geschichte aufgeschrieben hat?

Literarisch „vorgeschriebene“ Liebe

In der im Roman wichtigen, fatalen Geschichte, die Nicholas als kleiner Junge schon geschrieben hatte, geht es darum, dass Mila sich in ihn verliebt und deshalb schrecklich leiden muss, weil Nicholas kurz darauf stirbt. Dadurch ist die erste, vollkommene Liebe selbstverständlich wichtiger Bestandteil von Kathrin Langes Roman, ganz typisch für das Genre der All-Age-Fantasy-Literatur. Milas und Nicholas‘ Liebe jedoch ist literarisch „vorgeschrieben“ und aus einer Vergangenheit motiviert, die die Leser nicht miterlebt haben. So wirkt die tief empfundene Liebe der beiden teilweise unbelebt und, in Angesicht von Nicholas‘ abweisendem Verhalten, unglaubhaft.

Zweiter wichtiger Faktor in „Flammende Zeichen“ ist, dass Mila ahnungslos in die Welt der Fabelmächtigen hinein stolpert und nach und nach erst erfährt, was es mit ihrer Gabe und auch dem Drama um Nicholas und sie auf sich hat. Durch die wechselnden Erzählperspektiven wissen die Leser jedoch von Anfang an sehr viel mehr als Mila, sodass stellenweise keine Spannung aufkommen kann oder Konflikte vorhersehbar werden. Umso überraschender kommt dann das Ende der Rettungsversuche, aber auch der durch die letzten Sätze gegebene Ausblick auf den nächsten Teil der Reihe. Auch wenn „Die Fabelmacht-Chroniken: Flammende Zeichen“ einige Schwächen hat, gelingt es der Autorin doch, Lust auf mehr zu machen.

Die Fabelmacht-Chroniken: Flammende Zeichen. Kathrin Lange. Arena. 2017.

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