Miss Yang macht eine Entdeckung – Der Kryger-Diamant (Teil II)

von | 29.05.2019 | Kreativlabor

[tds_note] Was bisher geschah:

 

Den leeren Bahnsteig eilig verlassend, warf eine Frau um die 30, die dunklen Haare nunmehr unter einer blauen Mütze, ihre blonde Perücke in einen Müllbehälter. Dann rückte sie die getönte Brille zurecht, ihre schräg gestellten, asiatischen Augen verbergend. Schließlich warf sie einen Blick in ihre Handtasche, in der sich unter anderem ein kleines Päckchen befand.

Mit dem alten Trick, einen Zug zu besteigen und ihn im letzten Augenblick wieder zu verlassen, hatte Isa Yang ihre letzte hartnäckige Verfolgerin abgeschüttelt. Es hatte sich um einen jener alten Regionalzüge gehandelt, bei denen die Türen noch per Hand geöffnet und geschlossen werden konnten, sodass sie noch im Anfahren hatte herausspringen können. Unweit jenes Bahnhofs Zoo in Berlin, den sie gerade schnell verließ, hatte Isa bereits die drei anderen abgehängt – zwei Frauen und einen stämmigen Mann. Aber die Frau, die jetzt erst einmal im Zug saß, hatte sich auch nicht von der blonden Perücke täuschen lassen, die Isa unmittelbar zuvor aufgesetzt hatte, und war auf ihrer Fährte geblieben. Diese Verfolgerin hatte keinen Funkkontakt zu den anderen gehabt, während sie Isa auf den Fersen geblieben war. Dies war die Erklärung dafür, dass die Eurasierin immer noch unbehelligt war. Ein Vorteil für Isa, sie hatte schließlich ein Päckchen zu überbringen …

Hier geht es zum 1. Teil der Geschichte: Miss Diamant – Der Kryger‐Diamant (Teil I)[/tds_note]

Miss Yang macht eine Entdeckung – Der Kryger-Diamant (Teil II)

Isas Blicke schweiften umher, keine der drei anderen Personen war zu sehen. Schnell näherte sie sich dem Taxistand und stieg in das nächste verfügbare Fahrzeug ein. Der Fahrer, ein Mann in mittleren Jahren, war glücklicherweise keiner von der redseligen Sorte. Das war Isa gerade recht, denn sie musste sich sammeln, fragte sich, was nun werden sollte.

Am gestrigen Tag war sie von London aus hergeflogen, um ein Päckchen in Empfang zu nehmen und es als Kurierin zu überbringen. Doch was sich als vermeintlich einfache Sache dargestellt hatte, war zu einer riskanten Unternehmung geworden. Gab es eine undichte Stelle, einen Maulwurf in den eigenen Reihen? Nur kurze Zeit nach der Übergabe des Päckchens, die am Reichstag stattgefunden hatte, war Isa aufgefallen, dass sie beschattet wurde. Der Versuch sie festzuhalten, war nicht erfolgt – vielleicht wollten die sie so lange beschatten, bis die Zieladresse erreicht war … Oder aber es war ihnen zu belebt gewesen für einen Zugriff, denn die Eurasierin hatte sich mit Bedacht weitestgehend in der Öffentlichkeit bewegt. Es hatte sich dann lange hingezogen, bis sie die Beschatter endgültig abgeschüttelt hatte – wie sie hoffte. Doch noch am heutigen Abend musste sie nach Hannover gelangen, um das Päckchen abzuliefern. Daher die Fahrt mit dem Taxi; Isas Ziel war der Berliner Hauptbahnhof.

Es war jetzt, nach 19.00 Uhr, noch hell, ein schöner Juliabend. Doch Isa nahm die Abendstimmung nicht wahr, denn sie geriet während der Taxifahrt automatisch ins Grübeln. Wie und wann hatte das alles begonnen? Isa (eigentlich Isabel) war die Tochter eines Hongkong-Chinesen mit voller britischer Staatsangehörigkeit, der als Militärarzt bei der Rheinarmee in Niedersachsen gedient hatte. Dort hatte Isas Vater ihre deutsche Mutter kennengelernt, und sie als ihre Tochter war in Deutschland aufgewachsen. Im Gegensatz zu anderen britischen Kindern hatte sie Deutsch gelernt – ihre Muttersprache, die sie in der Folge auch nicht verlernte, weil sie später eine gewisse Zeit in Berlin gelebt hatte.

Als sie später vom „Bureau“ (wie sie es nannte) rekrutiert worden war, hatte ihr interessantes eurasisches Aussehen – schräg gestellte, dunkelbraune Augen – dafür gesorgt, dass sie für den operativen Dienst im Außeneinsatz eher selten in Frage kam. Stattdessen hatte sie vor allem im Innendienst auf Büroebene dem „Geheimdienst“ der Queen gedient. Ihre Sprachkenntnisse und ihr hoher Bildungsgrad hatten sie für diese Aufgabe qualifiziert. Im Rahmen ihrer Ausbildung und auch später war sie mit allen möglichen Aspekten der Geheimdienstarbeit in Berührung gekommen – was ihr nach Verlassen des „Service“ durchaus zum Vorteil geworden war. Leider hatte sie sich nämlich alsbald den Ruf erarbeitet, schwierig zu sein, zwar intelligent, aber einzelgängerisch und aufsässig …

Nach ein paar Jahren war sie aus dem Dienst ausgeschieden, eine von jenen Personen, die trotz guter Gaben keinen großen Erfolg im Leben hatten – sie war zu individuell, zu empfindsam. Isa war nicht richtig abgerutscht, leistete aber unter anderem gewisse Kurierdienste – allerdings keine Drogen, darauf legte sie Wert. So hatte sie auch hin und wieder etwas für Frankie erledigt, einen zwielichtigen Londoner, der sich ausgezeichneter Kontakte zum Kontinent und insbesondere zu Deutschland, Isas zweiter Heimat, erfreute.

Weil sie das Geld dringend brauchte – ihr kleiner Bruder steckte mal wieder in Schwierigkeiten – hatte sie eingewilligt, nach Berlin zu fliegen, ein kleines Päckchen entgegenzunehmen und es nach Hannover zu befördern. Dort sollte Isa es einer Frau namens Ewa und einem Mann übergeben, dessen Deckname „Jörg“ lautete. Ein ziemlich simples Pseudonym nach Isas Ansicht, aber das ging sie ja nichts an. Dass sich hinter diesem Tarnnamen der sogenannte „König der Diamantenschmuggler“ Schmitt verbarg, ahnte sie nicht.

Über den Inhalt des Päckchens war ihr nur mitgeteilt worden, es sei „etwas sehr Wichtiges“. Frankie hatte ihr zudem versichert, dass es wirklich keine Drogen waren – als ob in diesen Kreisen Ehrlichkeit eine große Rolle gespielt hätte! Aber Isa hatte ihm geglaubt; außerdem musste ihr Brüderchen in ein paar Tagen seine Schulden bezahlen, da blieb nur dieser schnelle Job. Doch jetzt wurde sie immer nachdenklicher, die hartnäckige Beschattung sprach Bände; was sie da hatte, musste wichtig sein! Sie wurde zudem sicher nicht ohne Grund exzellent bezahlt …

Da erreichte das Taxi den Berliner Hauptbahnhof. Isa zahlte, verabschiedete sich, ging zum Bahnhofseingang und steuerte in der Halle angekommen den nächsten Fahrkartenautomaten an. An dem zog sie eine Karte nach Hannover. Noch 20 Minuten bis zur Abfahrt an diesem lauen Sommerabend. So betrat Isa ein Bahnhofslokal, setzte sich so, dass sie den Bahnhofsvorplatz im Auge hatte, sich aber selbst weit genug von der Frontscheibe entfernt im hinteren Teil des Lokals befand.

Sie bestellte nur ein Glas Wasser und betrachtete die Szenerie. Nichts Auffälliges. Also ließ sie ihren Trolley in der Obhut einer der Tresenkräfte, während sie mit ihrer Handtasche die Damentoilette aufsuchte. Dort schloss sich Isa in einer Kabine ein, um das Päckchen zu inspizieren. Sie hatte so etwas noch nie getan, aber in dieser Situation war ihr die Rücksichtnahme auf ihren Auftraggeber egal. Zudem hatte Frankie ihr nicht ausdrücklich untersagt, sich das Päckchen genauer anzuschauen …

Zuerst zog sie ein Paar transparenter Handschuhe über, bevor sie das Päckchen ihrer Handtasche entnahm. Kleiner als eine Zigarettenpackung, braunes Packpapier, das leicht zu ersetzen war … Kurz entschlossen zerschnitt Isa mit einem kleinen Taschenmesser den Klebestreifen, der das Packpapier fixierte und hatte eine Schachtel mit Deckel in den Händen. Das Papier war intakt geblieben, mit einem neuen Klebestreifen verschließbar, ohne dass das Öffnen auffiele …

Die Eurasierin hielt sich die Schachtel ans Ohr. Ein kurzes Schütteln rief ein gedämpftes Geräusch hervor. So verwendete Isa erneut ihr nur daumenlanges kleines Messer, das sich während des Fluges nach Berlin in ihrem Trolley befunden hatte. Sie zerschnitt den Klebestreifen, der Deckel und Schachtel verband. Daraufhin öffnete sie die Schachtel. In der befand sich ein kleiner samtener Beutel von dunkelblauer Farbe. Ihre Finger erfühlten einen harten Gegenstand, so groß wie ein Taubenei. Langsam öffnete sie den Beutel, der von einem kleinen Band verschlossen war, gespannt auf das, was sie überbringen sollte.

Ihre Augen weiteten sich. Das erste, was ihr ins Auge sprang, war die Farbe des Steines, der in ihre Handfläche gefallen war. Leicht rosa und strahlend, ja geradezu funkensprühend! Ein Edelstein war es, wohl ein Diamant! Ein paar Augenblicke schaute sie gebannt auf den perfekt geschliffenen Stein, dann ließ sie ihn wieder in den Beutel fallen, verschloss den mit dem Band und legte den Beutel in die Schachtel.

In dem Augenblick, als sie den Deckel auf die Schachtel drückte, hörte sie, wie jemand leise die Damentoilette betrat. Es gab außer der Kabine, in der Isa sich befand, noch zwei weitere, doch keine wurde geöffnet. Stattdessen hörte sie ein Flüstern, fast nur ein Hauchen. Unwillkürlich ließ sie Schachtel und Packpapier in ihrer Handtasche verschwinden und nahm Habachtstellung ein. Da hörte sie auf einmal jemanden sagen: „Tut mir Leid, muss hier wischen“, woraufhin sie gemurmelte Entschuldigungen hörte und sich entfernende Schritte. Zwei Frauen, die vorher merklich mehr Wert darauf gelegt hatten, leise zu sein …

Isa war einen Augenblick unschlüssig, aber dann öffnete sie doch die Tür der Kabine, nachdem sie die Handschuhe ausgezogen und eingesteckt hatte. Eine unscheinbare, dünne Frau, nicht mehr jung, hielt beim Wischen des Bodens inne. Sie sagte nichts, während Isa sich dem Vorraum mit den Waschbecken näherte, der leer war. Isa wusch sich die Hände. Sie war in der Zwickmühle. Wenn sie in der Kabine geblieben wäre, hätte das für Aufsehen gesorgt. Blieb sie zu lange in diesem Waschraum und hielt die Hände immer wieder unter den Wasserstrahl, der in regelmäßigen Abständen aufhörte, war es ebenfalls zu auffällig. Wenn draußen nun aber ihre Verfolgerinnen warteten? War das möglich?

Sie öffnete vorsichtig die Tür, niemand! Unschlüssig blieb sie stehen, dann spürte sie die Präsenz der Reinigungskraft hinter sich. Gleichzeitig kam ihr nun eine Angestellte entgegen, sodass Isa gezwungen war, sich wieder dem Gastronomiebereich zuzuwenden. Zwei Frauen mit kurzen Haaren saßen dort, tuschelten. Sollten das diejenigen sein, die auf die Toilette gewollt hatten? Isa nahm ihren Trolley entgegen und trank ihr Wasser aus. Noch einmal sah sie aus dem Fenster und erstarrte innerlich. Da war der Taxifahrer neben seinem Wagen sowie – Isas Verfolger! Nur diejenige, die in den Zug gestiegen war, befand sich nicht unter ihnen …

Der Taxifahrer deutete auf den Eingang des Bahnhofes. Nach einem Augenblick der Starre verließ Isa die Lokalität in Richtung Bahnhofshalle, wo sie schnell in Richtung ihres Zuges lief. Ein kurzer Blick über die Schulter, noch waren sie nicht zu sehen! Da stand ihr Zug, schnell hinein. Noch fünf Minuten bis zur Abfahrt. Sie schaute aus dem Fenster. Da war der stämmige Mann auf der anderen Seite des Bahnsteiges, lief den dort stehenden Zug ab, jetzt stieg er ein – viel Spaß dabei!, dachte Isa. Allein einen Zug zu durchsuchen war sehr optimistisch.

Sie schaute hinüber zur anderen Seite, das gleiche Bild, eine der beiden Frauen bestieg einen anderen Zug. Isa stand auf, ließ ihren Trolley wo er war, ging in Richtung Toilette, nur mit der Handtasche. Wo war die andere Beschatterin? Wenn die in ihrem Zug war und die anderen herbeirief … So gab Isa dem Drang nach, sich zu verstecken. In Nähe der Toilettentür stand missbilligenden Blickes eine ältere Dame, schaute Isa mit zusammengezogenen Brauen an. Isa versuchte zu lächeln. „Ich will mich nur schminken“, sagte sie erklärend, wohl wissend, dass in Bahnhöfen die Benutzung der Toiletten nicht gestattet war. Die Gesichtszüge der älteren Dame entspannten sich und Isa schloss die Tür.

Sie stand da und lauschte. Da bemerkte die Eurasierin nach einem ihr viel zu lange erscheinenden Warten das Anfahren des Zuges. Sie atmete einen Augenblick tief durch, als ein energisches Klopfen an die Toilettentür sie aufschrecken ließ. Was nun? Um sich gegen eine Attacke zu wehren, musste Isa beide Hände freihaben. Die Handtasche um den Hals gehängt öffnete sie die Verriegelung, ohne die Tür zu öffnen. In Abwehrstellung verharrte sie, doch die Person, die mit zusammengezogenen Brauen die Tür öffnete, war nur die ältere Dame. „Was haben Sie denn? Lassen Sie mich endlich rein“, keifte sie. Isa huschte schnell an ihr vorbei, sich ein Lächeln verkneifend. Doch dann war sie wieder ganz gespannt, ließ ihre Blicke durch den Waggon schweifen, aber niemand von ihren Verfolgern war zu sehen.

So ging sie zu ihrem Platz, wo sich ihr Trolley befand, versuchte, nachdem sie sich hingesetzt hatte, zu entspannen, was ihr aber nicht gelang. Wenn sich jemand bewegte, durch den Waggon ging, war sie jedes Mal in Alarmbereitschaft. Zugleich beschäftigte sie der Gedanke an den Edelstein. Glücklicherweise hatte ihr Smartphone noch genug Akkukapazität, um zu recherchieren. Sie stieß auch bald auf einen Internet-Artikel für Enthusiasten und Kenner, der berühmte Diamanten zeigte.

Da störte Isa der Schaffner, aber sie hatte ja eine Fahrkarte und konnte ihre Recherche fortsetzen. So stieß die Eurasierin auf immer mehr Informationen, sah Bilder von diversen Edelsteinen mit unterschiedlichen Schliffen und Formen. Plötzlich weiteten sich ihre Augen. Eben hatte sie noch nervös aufgeschaut, dann aber festgestellt, dass nur zwei Teenager den Waggon betreten hatten. Jetzt konzentrierte sie sich wieder auf ihr Smartphone. Das konnte doch nicht wahr sein! Was sie da auf dem Bildschirm sah, ähnelte stark dem Stein, der in ihrer Handtasche ruhte! Allerdings war es eine Schwarzweißaufnahme, doch nachdem Isa das Bild vergrößert hatte, fiel ihr dieselbe birnenähnliche Form, derselbe Schliff auf.

Sie klickte einen Link an und wurde auf eine Seite weitergeleitet, die überschrieben war mit den Worten „Der berühmte Kryger-Diamant“. Kryger, eine schillernde Größe der Berliner Gesellschaft der Weimarer Republik. Aus Galizien, genauer aus Lemberg in der heutigen Ukraine stammend, dann in Krakau tätig und Mitte der Zwanzigerjahre nach Berlin emigriert, von wo er 1933 in die Staaten geflohen war, ohne den Diamanten mitnehmen zu können. Der Stein, dessen Bild Isa vergrößerte, um sich zu vergewissern, dass es tatsächlich derjenige in ihrem Besitz war, hatte vorher der letzten Zarin gehört, war dann aber nach 1917 in Krygers Hände geraten, nach dem er benannt worden war. So stand es im Internet. Seit 1933 verschollen, jetzt in ihrer Handtasche! Geradezu unfassbar!

Isa war ein paar Augenblicke fast in Trance, bevor sie wieder in die Wirklichkeit des Zuges zurückkehrte. Wer war diese Person dort hinten, die eine Baseballkappe so tief ins Gesicht gezogen hatte, dass sie fast nicht zu erkennen war? Spähte die zu ihr herüber? War das eine der Frauen des Verfolgerteams? Doch dann tauchte ein Kind auf, ging zu der Frau und nahm ihr im Scherz die Mütze ab, woraufhin Isa aufatmete! Eine harmlose Mutter …

Die Zeit im Zug nach Hannover verging nur langsam, in ständiger Anspannung. Isa war müde nach dem langen Tag, konnte es aber nicht riskieren einzuschlafen. Stattdessen las sie im Internet-Artikel, dass der Stein möglicherweise vor ein paar Jahren Teil der Beute eines spektakulären Coups in Berlin gewesen war. Wenn man auch die Täter mit mehreren erbeuteten Schmuckstücken gefasst hatte, war der Kryger-Diamant verschwunden geblieben … Wieder schaute Isa Yang nervös auf, doch es war nur ein Getränkeverkäufer, der den Gang entlangkam. Aber die Frage blieb: Was sollte sie machen, wenn ihre Verfolger im Zug waren und darauf lauerten, sie zu stellen? Sich tarnen? Zumindest auf den ersten Blick nicht zu erkennen sein?

Sie nahm die blaue Mütze ab, die der Taxifahrer gesehen hatte, und setzte eine weiße Baseballkappe auf, die sie in ihrer Handtasche hatte. Dann zog sie ihre grüne Jacke aus und vertauschte sie mit einer grauen aus dem Trolley. Das alles fiel nicht auf, weil die Plätze in ihrer Nähe nicht belegt waren.

Der Zug hatte in Wolfsburg gehalten und näherte sich nun Hannover. Dort sollte die Übergabe stattfinden, vereinbart war ein Zeitraum zwischen 21 und 24 Uhr, um das Päckchen abzugeben. Jetzt musste Isa noch die Klebestreifen ersetzen, um das Päckchen zu verschließen und anschließend das Packpapier zu befestigen, welches das Päckchen umhüllen sollte.

Isa beschloss, trotz des Risikos diesmal nicht die Toilette aufzusuchen, die Begegnung mit der alten Dame hatte ihr gereicht. Stattdessen zog sie kurzentschlossen zwei Packungen Taschentücher hervor und legte sie auf die ausklappbare Ablage vor ihr. Daraufhin löste sie die Klebestreifen, mit denen die Verpackungen der Taschentücher verschlossen werden konnten. Dann trennte sie mit der Schere ihres kleinen Taschenmessers die farbigen Enden und hatte so zwei transparente Klebestreifen, von denen der eine an der Spitze der Schere, der andere am Rande der Kunststoffablage klebte.

Nervös aufschauend öffnete sie ihre Handtasche. Niemand in der Nähe. Schnell holte Isa Packpapier und Päckchen aus besagter Handtasche, musterte noch einmal aufmerksam ihre Umgebung und verschloss zuerst das Päckchen. Die zerschnittenen Enden des alten Klebestreifens hatte sie entfernt, sie wurden jetzt durch den neuen ersetzt. Dann faltete sie das Packpapier so wie vorgegeben, verpackte das Päckchen wie zuvor. Im Falle des braunen Papiers ließ sie den alten Klebestreifen einfach dort, wo er war und klebte den neuen einfach über den zerschnittenen alten, auf diese Weise das zusammengefaltete Packpapier befestigend. Da beide Klebestreifen, der alte und der neue, transparent waren, das Papier hingegen braun, fiel das überhaupt nicht auf, dessen war sich Isa sicher …

Mit ihrer Arbeit zufrieden schaute sie sich zum wiederholten Male um und glaubte auf einmal, das Herz stünde ihr still! War da nicht hinter der Scheibe zum Nachbarwaggon eine ihrer Verfolgerinnen zu sehen gewesen? Aufrecht sitzend, angespannt und aufmerksam, sah Isa sich um, aber sie vermochte niemanden von den Verfolgern auszumachen. Hatte sie sich geirrt? War es so verwunderlich, dass sie anfing, sich etwas einzubilden? Isa verharrte in gespannter Erwartung des hannoverschen Hauptbahnhofes. Endlich, da war er, bald konnte sie den Zug verlassen und sich auf die letzte Etappe begeben …

Text: Jürgen Rösch-Brassovan
Illustration: Geschichtenzeichnerin Celina

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