Land in Sicht. Das Prüfungs-Ende naht.

von | 08.02.2014 | Kreativlabor

Seufzend versuche ich mich auf meine Unterlagen zu konzentrieren. „Semantik der Genitivattribute“. Es gibt echt acht Genitive im Deutschen? Und wieder einmal bin ich froh, in der Schule Latein gehabt zu haben.

Bild: piqs.de

Es ist Semesterende an der Uni. Die Kurse sind alle schon vorüber, nur noch die Prüfungen stehen an. Eine etwas stressige Zeit, da meist alle Klausuren in dieselbe Woche fallen. Da kommt dann schon ganz schön was zusammen.
Ich sitze in meinem WG-Zimmer am Boden inmitten von Zetteln, Büchern, Heften und Mappen. Wer mich jetzt hier so sehen würde, würde vermutlich denken, der Blitz hätte eingeschlagen, so chaotisch ist es hier. Ich aber merke es nicht einmal. Meine Gedanken kreisen um meine nächste Prüfung, „Sprache als System – die Grammatik der deutschen Gegenwartssprache“. Grammatik. Ein Fachbereich, mit dem man nun mal konfrontiert ist im Germanistik-Studium. Und doch habe ich das Gefühl, nicht gewusst zu haben, worauf ich mich da einlasse. Seufzend versuche ich mich auf meine Unterlagen zu konzentrieren. „Semantik der Genitivattribute“. Es gibt echt acht Genitive im Deutschen? Und wieder einmal bin ich froh, in der Schule Latein gehabt zu haben.

Ich werde abgelenkt von einer Taube, die beinahe gegen mein Fenster kracht. Im letzten Moment bremst sie ab und lässt sich auf dem Geländer des Balkons nieder. Noch während ich überlege, ob es sich bei „des Balkons“ um einen genitivus partitivus oder einen genitivus possessivus handelt, dreht sich die Taube zu mir um. Erst da sehe ich, dass sie einen Zweig im Schnabel hat. Augenblicklich muss ich an die Geschichte der Arche Noah denken. Die Taube, die Noah aussandte, um nach Land Ausschau zu halten. In diesem Moment wird mir zum ersten Mal in meinem Leben klar, dass die Welt heute keinerlei Tauben-Probleme hätte, wäre Noahs Taube damals nicht zurückgekehrt, doch das ist jetzt wirklich eine ganz andere Geschichte.
Provokativ sieht mich die Taube an. Ich aber lasse mich nicht davon beeindrucken und gehe langsam Richtung Fenster. Die Taube behält mich dabei argwöhnisch im Auge. Als ich eine Hand an die Fensterscheiben lege, lässt die Taube plötzlich den Zweig auf meinen Balkon fallen und fliegt davon. Ich öffne das Fenster und hebe den Zweig auf. Ich glaube fest daran, dass es sich hierbei um ein Zeichen handelt. Land in Sicht. Das Prüfungs-Ende naht.

Silvia

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

4 Kommentare

  1. Avatar

    Eine schöne kleine, optimistische Gesschichte zum Morgen. Ich bin froh, dass Noah eine Taube ausgeschickt hat, bei allen Taubenproblemen mag ich doch ihr Gurren sehr. Viel Glück für die Prüfungen!
    Beste Grüße,
    Birgit Marienthal

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    Für deine Prüfungen drücke ich dir ganz fest die Daumen. 😀

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  3. Avatar

    Da schließe ich mich der Birgit von Wederwills gerne an: Viel Glück! Birgit

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