Jump and run away

von | 23.11.2018 | Digitale Spiele, Spielstraße

Nachdem „Rayman Origins“ zu den Anfängen des namensgebenden Propellerkopfes zurückgegangen ist, setzen sich diese Wurzeln in „Rayman Legends“ fort; und, oh Gott, sind diese Wurzeln teilweise dornig. Geschichtenerzähler Adrian hat sich zusammen mit Geschichtenzeichnerin Celina den Albträumen in diesem Couch-Coop-Spiel gestellt.

Hundert Jahre sind – ingame – seit dem Ende von „Rayman Origins“ vergangen und nach bester Dornröschen-Manier gönnen sich die beiden Helden Rayman und Globox ein langes Nickerchen. Jedoch bleibt die Untätigkeit der beiden nicht ohne Folgen, denn die dunklen Kleinlinge reißen sich zusammen mit den Albträumen die Traumwelten unter den Nagel und terrorisieren ihre Bewohner. Nun ist es an Rayman und Globox – sowie nach Wahl zwei weiterer Charaktere – diese Welten wieder einmal zu retten.

Comickunst

Die handgezeichneten Level und Charaktere von „Rayman Legends“ sehen einfach wunderbar aus und setzen den Stil seines Vorgängers nicht einfach fort, sondern legen gleich nochmal eine Schippe drauf. Was in „Origins“ noch teils platt und zweidimensional aussah, bekommt in „Legends“ mithilfe neuer Lichteffekte ein viel plastischeres Aussehen. Die einzelnen Traumreiche, in denen Spielende unterwegs sind, sind abwechslungsreich gestaltet. So kämpft man sich anfangs noch durch einen Wald, später kommen eine Welt aus Essen und eine Wüste hinzu. Durch die Liebe zum Detail entsteht nie das Gefühl durch ein generisch designtes Level zu wandern.

Ebenfalls sind die Charaktere vielfältig, auch wenn es nur vier verschiedene Grundformen – Rayman, Globox, Kleinling und Barbara – gibt, so sind diese in vielen verschiedenen Varianten zu finden. Auch können sich alle Spieler in der Heldengalerie großflächig einkleiden und es ist bestimmt etwas für jeden Geschmack dabei.

Rhythmusgefühl

„Rayman Legends“ knüpft bei der Musik wieder dort an, wo „Origins“ aufgehört hat und ist hier nicht um witzige Ideen verlegen. Dies liegt ebenso daran, dass erneut Christophe Héral und Billy Martin für die Musik verantwortlich sind.

Insgesamt sind die einzelnen Traumwelten angenehm und passend musikalisch unterlegt und haben Ohrwurmpotential. Eine ganze Traumwelt ist komplett um das Thema Musik aufgebaut und nach dem großen Endgegner wartet ein Musiklevel, das mit amüsanten Coverversionen bekannter Songs aufwartet. Diese Lieder sind den Handlungen der Spieler so gut angepasst, dass man diese Level, nach einigen Wiederholungen, komplett nach Rhythmus durchspielen kann. Allein solche Details sind ein Zeichen dafür, wie viel Liebe in dieses Spiel geflossen ist.

Leveldesign

Wie hübsch und detailreich die einzelnen Traumwelten auch gezeichnet sind, desto enttäuschender sind jene, die man kaum richtig genießen kann. So sind einige der Level auf Zeit aufgebaut, das heißt die Flucht vor einer Feuerwand, Lavaströmen, Dornenranken oder dem totalen Level-Kollaps. Dies bringt zu viel Hektik in das Spiel, sodass schnell Frustrationsmomente entstehen. Zwar kann die Spielfigur unendlich oft das Zeitliche segnen, um es dann erneut zu versuchen, jedoch ist es schlussendlich ein Auswendiglernen der zu absolvierenden Strecke, wodurch man diese Herausforderung meistern kann.

Mithilfe von Glückslosen, die man mit genügend Punkten einmalig in einem Level freischaltet, ist es – im Glücksfall – möglich, Gebiete aus dem Vorgänger freizuschalten, die der verbesserten Grafik angepasst wurden. Da man pro abgeschlossene Teilwelt bloß ein Glückslos freischaltet – nach Abschluss einer kompletten Traumwelt bekommt man fünf – und die „Origin“-Level nur eine von vier zufälligen Gewinnen ist, ist es irgendwann sehr mühsam, diese freizuschalten. Eine stetige Herausforderung stellen schließlich die immer schwieriger werdenden Teilwelten dar, welche von Stufe eins (leicht) bis fünf (seeeehr schwer) stetig ansteigen. Zudem ist es irgendwie langweilig, wenn man sich durch ein Fünf-Totenkopf-Level gequält hat und mithilfe eines Glücksloses nur eine Ein- oder Zwei-Totenkopf-Welt in Origins öffnet – so schön die Nostalgie auch sein mag.

Sport macht Spaß

Neben den Traumwelten und den „Origin“-Leveln gibt es zudem noch die Möglichkeit mit anderen Spielern eine Art „Fußball“ zu spielen. Hier treten zwei Spieler gegeneinander an und versuchen einen Ball mithilfe von Schlägen und Tritten ins gegnerische Tor zu befördern. Auch in täglichen Herausforderungen, in denen in Time-Trail-Leveln gegen die Zeiten anderer Spieler angetreten wird, spornen an, sich in der Rangliste weiter nach oben zu kämpfen.

Murphy zerstört Freundschaften (aber nicht auf der WiiU)

Neu in „Rayman Legends“ ist, neben einigen anderen Kleinigkeiten, die Fliege Murphy. Diese soll den Spielern helfen, durch einige Level zu kommen, denn sie zerschneidet Seile, kitzelt Feinde oder schiebt Plattformen hin und her.

Während in der WiiU-Version in den Murphy-Leveln der Coop-Partner die grinsende, grüne Fliege übernimmt und der Computer die Steuerung der Spielfigur – bei mehreren Spielern steuert einer der Mitspieler die Fliege –, kann Murphy im PS4-Port von allen teilnehmenden Spielern per Knopfdruck ausgelöst werden. Gerade mit mehreren Spielern führt das ohne Absprache jedoch zu einem riesigen Chaos. Was anfangs noch recht witzig ist, wird schnell zum Geduldsspiel, denn einerseits muss stets darauf geachtet werden, synchron zu agieren, und andererseits muss sich auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentriert werden – Murphy, springen, schlagen, etc. Besonderes in den Zeit-Leveln ist das die pure Hölle.

Mehrspielerchaos

Nicht nur durch Murphy ist Chaos bei bis zu vier Mitspielern vorprogrammiert. Das Friendly-Fire – d.h. man kann die Figur eines Mitspielers mit seinen Angriffen treffen – das eigentlich dazu gedacht ist, seine Kameraden nach tödlichen Treffern wieder ins Spiel zurück zu holen, sorgt immer wieder dafür, dass man sich gegenseitig von Plattformen stößt oder Sprünge des Anderen unterbricht.

Auch die Zeit-Level scheinen eindeutig auf nur einen Spieler ausgelegt zu sein, da jeder, der zu langsam ist, einen Sprung verpasst oder dem eine Liane weggeschnappt wurde, schnell drauf geht. An Rettung seiner gefallenen Kollegen ist dann beim letzten Überlebenden gar nicht erst zu denken, wenn derjenige gerade damit beschäftigt ist, gleichzeitig zu springen, zu schlagen und Murphy richtig zu verwenden. Es erfordert also sehr viel Absprache.

Sammelfaktor, der anspornt

Anstatt Münzen wie bei Mario oder Rubine wie bei den „The Legend of Zelda“-Spielen, sammelt man in „Rayman Legends“ sogenannte Lums. Dies sind kleine, leuchtende, feenähnliche Kugeln, die schließlich Punkte für das abgeschlossene Level geben. Die Anzahl der eingesammelten Lums entscheidet ebenso darüber, ob die Teilwelt mit Bronze, Silber oder Gold abgeschlossen wurde und ob man ein Glückslos erhält. Mit einer bestimmten Anzahl gesammelter Lums werden zudem neue Charakter-Skins in der Halle der Helden freigeschaltet.

Ebenfalls sind in jedem Level mal drei, mal zehn gefangene Kleinlinge versteckt – dies sind die Bewohner der Traumwelt. Diese gilt es zu retten und da ist man auch eine Weile mit beschäftigt, denn es gibt ganze 700 davon zu entdecken und zu befreien. Während die „Untertanen“ meist noch leicht zu finden sind, ist es bei „König“ und „Königin“ etwas kniffliger. Um diese zu retten, müssen sie zum einen erstmal gefunden und schließlich ein kurzes Denk- oder Geschicklichkeitsrätsel absolviert werden. Ist eine bestimmte Anzahl an Kleinlingen gerettet, werden wiederum neue Level freigeschaltet.

Als kleines Gimmick ist es außerdem möglich, durch Glückslose Kuscheltiere freizuschalten, die in einer speziellen Galerie Lums und Münzen – eine Münze sind 25 Lums – produzieren. Jedoch ist es irgendwann ziemlich frustrierend, wenn das Glückslos ganz knapp ein neues, heißersehntes „Origin“-Level freigeschaltet hätte und schließlich doch nur ein Kuscheltier herauskommt.

Kaufen oder nicht kaufen, das ist hier die Frage

Wahre Jump‘n‘Run-Fans werden mit „Rayman Legends“ ihren Heidenspaß haben und ebenso Fans des Vorgängers ist dieses Spiel auf jeden Fall zu empfehlen. Allerdings ist Frustration nicht auszuschließen, denn auch wenn die ersten Teilwelten noch recht leicht sind, geht der Schwierigkeitsgrad rapide nach oben. Gerade die Zeit-Level sind hierfür ein unangenehmer Faktor, da man sie wirklich häufig nacheinander machen muss, damit man sie auswendig lernt und schließlich schafft. Bis dahin stirbt man viele Tode.

Die fünf freischaltbaren Musiklevel sind auf jeden Fall ein Highlight und das Erspielen von neuen Charakter-Skins oder Glückslosen spornt an. Jedoch demotiviert das baldige Auf-der-Stelle-Treten, wenn die folgenden Level einfach viel zu schwer sind, um sie zu meistern.

„Rayman Legends“ ist also nur bedingt zu empfehlen. Wenn man eine WiiU hat, sollte auf jeden Fall zu dieser Version gegriffen werden, ansonsten könnte höchstens ein Sale auf anderen Plattformen anregen, einmal einen Blick zu riskieren.

Rayman Legends. Entwickler: Ubisoft Montpellier. Herausgeber: Ubisoft. 2013. Plattformen: Microsoft Windows, Nintendo Switch & WiiU, Playstation 3, 4 & Vita, Xbox 360 & One. Getestet auf der Playstation 4.

 

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