„Rebecca“ ist ein Klassiker der Spannungsliteratur und wurde gleich nach Erscheinen von Alfred Hitchcock verfilmt. Zeilenschwimmerin Ronja kannte bisher nur diesen Film und hat sich nun die Romanvorlage und eine zweite Verfilmung vorgenommen.
Vor Jahren sah ich zum ersten Mal Hitchcocks Klassiker „Rebecca“ und war von der Atmosphäre des Films vollkommen eingenommen. Irgendwann dachte ich mir, ich müsste die Romanvorlage von Daphne du Maurier doch auch mal lesen und besorgte mir eine Ausgabe. Doch die stand dann Ewigkeiten im Regal, bevor ich sie kürzlich endlich in die Hände nahm und innerhalb von zwei Tagen verschlang.
Die Ich-Erzählerin ist eine zurückhaltende junge Frau, die als Gesellschafterin arbeitet. Zu Beginn des Romans lebt sie mit ihrer Arbeitgeberin, der lauten, etwas unverschämten Mrs Van Hopper, in einem Hotel in Monte Carlo. Mrs Van Hopper langweilt sich dort sehr, bis Maxim de Winter anreist, Hausherr des berühmten englischen Landsitzes Manderley und zuletzt auf Grund des tragischen Unfalltods seiner Ehefrau Rebecca Gegenstand von allerlei Klatsch. Kurz bevor sich ihre Wege wieder trennen, macht Maxim der namenlosen Protagonistin einen Heiratsantrag. Während der Hochzeitsreise schwelgt sie im Glück, doch einmal auf Manderley angekommen, scheint Rebecca überall zu sein. Ihr Name steht noch auf dem Briefpapier, die Hausangestellten – insbesondere Mrs Danvers – weisen immer wieder darauf hin, wie Mrs de Winter etwas zu tun pflegte. Und sogar Maxim scheint immer noch ständig an sie zu denken …
Was anfänglich etwas wie eine kitschige, klischeehafte Romanze wirkt, entwickelt sich mehr und mehr zu einem psychologischen Machtspiel. Einhergehend mit dieser Entwicklung stieg meine Begeisterung für das Buch gen Ende hin zusehends. Ein clever konstruierter Roman – ein langsamer Psychothriller könnte man vielleicht sagen – mit lebendigen Charakteren, die man nicht unbedingt mögen muss, um weiterlesen zu wollen.
Die Hitchcock-Verfilmung
Alfred Hitchcocks bekannte Verfilmung – vermutlich bekannter als der Roman – erschien schon 1940, nur zwei Jahre nach Veröffentlichung der literarischen Vorlage. Der Film ist typisch für seine Zeit: Maxim de Winter ist hier sehr entschieden, sogar herrisch und gibt meist nur knappe Antworten, während er im Buch zwar ärgerlich mysteriös oder abweisend sein kann, dafür aber auch charmanter und verletzlicher als in der Verfilmung. Auch die Darstellung der Protagonistin wird weiter ins Extrem gerückt. Im Buch beweist sie von Beginn an eine gewisse innere Stärke, die später mehr und mehr zu Tage tritt. Hitchcock zeigt sie jedoch bis auf wenige Ausnahmen als einfach nur schüchternes, unsicheres, naives Ding.
Durch die Besetzung der Hauptrollen ist auch der im Buch so betonte Altersunterschied von 20 Jahren kaum zu bemerken und die Handlung des Romans wurde aus den 20er Jahren in Hitchcocks Gegenwart verlegt – wenn man nach der Kleidung geht. Auch sind die Dialoge generell umgangssprachlicher als im Roman, manchmal geradezu frech für diese Zeit – das zeichnet viele Hitchcock-Filme aus.
Obwohl sich der Film deutlich an der Vorlage orientiert, gibt es doch wesentliche Veränderungen. Vor allem leiden die Darstellung der Charaktere und die Entwicklung ihrer Beziehungen untereinander sehr unter der Spielfilmlänge. Bevor ich du Maurieres Roman gelesen hatte, war ich durchaus überzeugt von Hitchcocks Werk, doch nun weiß ich, was fehlt. So sehr ich die technische Seite des Films weiter bewundere, ist meine Begeisterung dafür nun etwas gedämpft.
[tds_warning]!Kurze Spoilerwarnung![/tds_warning]
Besonders ärgerlich war für mich Hitchcocks Änderung bezüglich Rebeccas Tod. Im Roman bringt Maxim sie vorsätzlich um, zwar in einem Moment der Rage und von ihr provoziert, aber er ist bereits mit geladener Waffe zu ihr gegangen. Hitchcocks Maxim dagegen greift seine Frau zwar mit den Händen an, doch dann fällt sie lediglich unglücklich und stirbt an einer Kopfwunde. Wahrscheinlich war es im Hollywood von 1940 einfach undenkbar, einen Charakter, der einen vorsätzlichen Mord begangen hat, auch nur im Entferntesten ungestraft oder gar sympathisch wirken zu lassen. (Spoiler Ende)
Zweiteiler von 1997
Durch Zufall stieß ich kürzlich auf eine weitere Verfilmung, die als Zweiteiler ganz andere Möglichkeiten hat – und diese auch nutzt. Der Inhalt des Buches wird hier manchmal Wort für Wort zitiert und die Kleidung scheint mir für die 1920er historisch korrekt zu sein. Durch diese sehr detailgetreue Wiedergabe entstehen teilweise kleine Längen, die ich dieser qualitativen Verfilmung jedoch gern verzeihe. Die Besetzung der Rollen ist wirklich gelungen, insbesondere auch bei Mrs Danvers, die hier viel mehr Charakter hat als bei Hitchcock.
Einzig an Charles Dance als Maxim de Winter habe ich etwas auszusetzen, das jedoch nur auf optischer Ebene. Würden sie nicht wieder und wieder die Aussage aus dem Buch wiederholen, dass Maxim so unglaublich attraktiv sei, wäre mir das gar nicht negativ aufgefallen. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und es ist ohnehin kein ernst zu nehmender Kritikpunkt.
Besonders positiv ist mir auch das Spiel mit Licht und Schatten aufgefallen, das meist als besonderes Merkmal von schwarz-weiß Filmen (insbesondere bei denen Hitchcocks) hervorgehoben wird. Tatsächlich aber gelingt es auch diesem Farbfilm, Licht und Schatten wirkungsvoll einzusetzen.
Und was ist jetzt besser?
Natürlich geht nichts über den Roman. Wer von der Geschichte begeistert ist, sollte ihn unbedingt lesen. Aber ich bin weit davon entfernt, eine von beiden Verfilmungen schlecht machen zu wollen. Auch wenn mir der Zweiteiler nach der Lektüre des Romans besser gefällt, hat Hitchcocks Herangehensweise eine besondere Ausstrahlung. Je nach persönlichem Bedarf empfehle ich euch also alle drei.
- Roman: Rebecca. Daphne du Maurier. Übersetzung: Karin von Schaub. Verlag Das Beste. 1996. In der Buchhandlung eures Vertrauens findet ihr neuere Ausgaben. 😉
- Kinofilm: Rebecca. Regie: Alfred Hitchcock. Drehbuch: Robert E. Sherwood & Joan Harrison. Mit Laurence Oliver, Joan Fontaine, Judith Anderson u.a. Selznick International Pictures. USA. 1940. FSK 16.
- Zweiteiler: Rebecca. Regie: Jim O’Brian. Drehbuch: Arthur Hopcraft. Mit Charles Dance, Emilia Fox, Diana Rigg u.a. Carlton Television, Tele München, Protman Productions, WGBH. 1997. FSK 12.
Foto: Zeilenschwimmerin Ronja
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