Fernande, die Muse des Pablo Picasso

von | 07.02.2019 | Buchpranger

Aus Sicht der jungen Fernande erzählt Autorin Julie Birmant im Comic „Pablo“ (Gesamtausgabe) über das Kennenlernen und Zusammenleben mit dem Künstler Pablo Picasso in den Jahren 1905 bis 1912. Geschichtenzeichnerin Celina fühlt sich in diese Zeit hineinversetzt und bewundert die Zeichnungen von Clément Oubrerie und die Farbgestaltung von Sandra Desmazières.

Die Gesamtausgabe von „Pablo“ umfasst vier Hefte beziehungsweise Kapitel, deren Titel sich an Personen orientieren, die Pablo in seinem Leben kennen gelernt hat und die zu jener Zeit einen entschiedenen Einfluss auf ihn hatten. Ausgenommen davon ist das letzte, welches den Titel „Picasso“ trägt. Somit weist der Comic einen geschichtlichen Verlauf von Person zu Person auf.

1. Kapitel: Max Jacob

In diesem ersten Teil wird mehrfach zwischen den Geschichten von Fernande, Picassos Muse, und Pablo gewechselt, bis sie sich am Ende dieses Kapitels kennenlernen. Allerdings sind die Übergänge sehr flüssig, sodass visuell keine Abgrenzung zwischen den verschiedenen Geschichtssträngen erfolgt. Dies könnte ein gewolltes Stilmittel sein, um die Gleichwertigkeit der beiden Protagonisten darzustellen. Weiterhin wird in diesem Kapitel aufgezeigt, welche Bedeutung Max Jacob zukommt, der sich in Pablo verguckt, ihn finanziell unterstützt und ihm als Freund zur Seite steht.

2. Kapitel: Apollinaire

Hier werden zum ersten Mal die Besitzansprüche Pablos gegenüber Fernande deutlich. Auch seine Geldprobleme werden ersichtlich. In diesem Kapitel lernt er Guillaume Apollinaire kennen, welcher Dichter und Schriftsteller ist. Gemeinsam ziehen Pablo, Max Jacob und Guillaume Apollinaire um die Häuser.

Die Kapitel drei „Matisse“ und vier „Picasso“ solltet ihr am besten selbst unter die Lupe nehmen.

Die Perspektive wechseln

Es ist erstaunlich, wie Fernandes Beobachtungen und Schilderungen im Comic visualisiert und somit Pablos Welt lebendig wird. Die Leser erhalten nicht nur Einblick in Pablos Schaffensphasen, sondern auch, wie Paris oder zum Teil Spanien Anfang des 20. Jahrhunderts aussahen sowie mit welchen Gesellschaften sich Fernande und Pablo umgeben haben. Dementsprechend werden auch Künstlerkreise und soziale Kontakte beider aufgegriffen.

Dream Team

Im Comic vereinen sich die Fähigkeiten von Autorin Julie Birmant, Zeichner Clément Oubrerie und Farbengestalterin Sandra Desmazières. Birmant ist Regisseurin und Theaterdramaturgin, sodass ihr sequenzielle und narrative Darstellungsformen, wie im Comic, vertraut sind. Panel um Panel wird den Lesenden die Geschichte von Fernande eröffnet.

Oubrerie wiederum kann durch seinen recht einzigartigen Zeichenstil glänzen, welchen er scheinbar per Kohle und/oder schwarzem Buntstift umsetzt. Den Charakteren verleiht er, durch angebrachte Gestik und Mimik, nonverbal einen passenden Ausdruck. Landschaften, Wohnräume und Stadtszenen, welche einen Einblick in Fernandes und Pablos Vergangenheit geben, stellt er detailliert dar. Oubrerie setzt seine Zeichnungen mit geschwungener Linie um, sodass zwar Gebäude und Formen erkennbar sind, dennoch werden diese nicht architektonisch akkurat präsentiert. Dies trägt ebenso zu seinem besonderen Stil bei, welchen man beispielsweise schon in der Trilogie „Der Goldene Kompass“ (Carlsen 2015-17) bewundern konnte.

Desmazières scheint die Farben digital hinzugefügt zu haben. Sie bringt Hell- und Dunkelkontraste mit ein, sodass die Atmosphären in den Szenen zum Ausdruck kommen.

Prägend

An der Gesamtausgabe der Comicreihe „Pablo“ ist besonders, dass hier die Muse Fernande zu Wort kommt und somit, wie Pablo Picasso selbst, zu den Protagonisten zählt. Es werden historische und biografische Begebenheiten durch den Comic vermittelt. Allerdings werden hier keine Werkanalysen oder Bildinterpretationen sowie keine Entstehungsprozesse von Arbeiten Picassos dargestellt. Dies ist verstärkter im Comic „Munch“ (avant 2013) der Fall, wo die künstlerische Arbeit des Malers als solche mehr im Vordergrund steht. In „Pablo“ wird dagegen die Lebens- und Liebesgeschichte von Fernande und Pablo in den Jahren 1905 bis 1912 dargestellt.

Pablo – Gesamtausgabe. Text: Julie Birmant. Zeichnungen: Clément Oubrerie. Farben: Sandra Desmazières. Übersetzung: Claudia Sandberg. Reprodukt. 2018. / Hier gibt es eine Leseprobe.

 

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