Experiment „Nachtigall“

von | 23.04.2019 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Worteweberin Annika hat ein Experiment gewagt: ihre erste Graphic Novel und ihr erster Blick in Harper Lees „Wer die Nachtigall stört…“ in einem. Also Laborkittel anziehen, Sicherheitsbrillen aufsetzen und los geht’s.

Die 1930er Jahre in Amerika: Vorurteile und Diskriminierung sind an der Tagesordnung. Die junge Scout kann nicht ganz verstehen, welchen Einfluss die Hautfarbe eines Menschen auf seine Rolle in der Gesellschaft haben soll. Vertieft in Kindheitsspiele mit ihrem Bruder Jem und in den Ferien mit dem Großstadtjungen Dill, fallen Scout doch nach und nach immer mehr Ungerechtigkeiten in der Kleinstadt Maycomb auf. Warum schauen die Leute seltsam, wenn Scout das Hausmädchen in deren Gottesdienst begleitet? Warum wird jemand als Vergewaltiger angeklagt, obwohl alles gegen ihn spricht, nur weil er eine dunkle Haut hat? Warum beschimpfen die Bewohner der Kleinstadt Scouts Vater, weil er diesen Mann als Anwalt verteidigt?

Die Geschichte begleitet Scout und Jem, ihren Vater Atticus und Dill durch die Jahre 1933 bis 1935. Scout kommt in dieser Zeit in die Schule, wo sie allerdings vor allem aneckt. Der ein paar Jahre ältere Jem hingegen kommt in die Pubertät und wird für Scout immer rätselhafter. Besonders fasziniert sind die beiden in dieser Zeit von ihrem Nachbarn Boo Radley, über den allerhand Gerüchte kursieren und der eigentlich nie das Haus verlässt. Am Ende verbindet sich der Handlungsstrang um ihn mit dem Prozess um den Landarbeiter Tom Robinson, den Atticus verteidigt. Dieser Prozess bringt ihn und seine Kinder in unerwartet große Gefahr…

Ergebnis: Bestanden

„Wer die Nachtigall stört…“ erschien 1960 und gehört mittlerweile zu den Klassikern der Weltliteratur. Aus mir unerklärlichen Gründen habe ich mich nie an diesen Titel herangetraut und witterte deswegen in der Ausgabe als Graphic Novel meine Chance. Die Bearbeitung von Fred Fordham fängt die sommerschwüle Südstaatenstimmung gut ein. In den Zeichnungen kommt Fordham den Figuren sehr nahe und gibt durch ausgeprägte Mimik deren Gefühlen viel Raum. Wie der Roman selbst ist auch die Graphic Novel aus Scouts Perspektive erzählt und viele Passagen finden sich direkt im Roman beziehungsweise in der Leseprobe wieder.

Nach der Lektüre bin ich mir sicher, einen guten ersten Überblick über Harper Lees Glanzstück zu haben – und noch dazu bin ich davon überzeugt, dass ich auch den Roman bald einmal lesen werde. Die Graphic Novel empfehle ich aber nicht nur denjenigen, die etwas Scheu vor groß erscheinenden Büchern haben, sondern auch Harper Lee Fans, die in dieser Ausgabe noch einmal einen anderen Blick auf ihr erfolgreichstes Werk werfen können.

Wer die Nachtigall stört… Harper Lee. Illustriert und bearbeitet von Fred Fordham. Aus dem Englischen von Claire Malignom. Überarbeitet von Nikolaus Stingl. Rowohlt Taschenbuch. 2018.

 

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