„Er hat der Katze das Fett abgekauft!“

von | 09.11.2015 | Bilderbücher, Buchpranger

Es gibt das Sprichwort „Er hat der Katze das Fett abgekauft!“. Woher es stammt und was es bedeutet, erzählt das Märchen „Spiegel, das Kätzchen“. Es ist eine der bekanntesten Novellen (zuerst erschienen 1856) des Schweizer Dichters Gottfried Keller und wird hier in einer gekürzten Version von Doris Lecher kindgerecht nacherzählt. – Von Büchergärtnerin Tanja

Nach dem Tod des Frauchens wird ein kleiner Kater namens Spiegel vernachlässigt und leidet Hunger. Um nicht vor Hunger zu sterben, geht er einen schlimmen Vertrag mit dem Hexenmeister Pineiß ein: Pineiß, der zu seiner Hexerei das Fett von Katzen braucht, verpflichtet sich, Spiegel zu füttern. Als Gegenleistung muss Spiegel sich schlachten lassen, sobald er fett genug ist. Pineiß bereitet ihm die leckersten Speisen zu und als Spiegel endlich wieder was auf den Rippen hat, wird ihm bewusst, worauf er sich da eingelassen hat. Er versucht, sich irgendwie aus den Klauen des Hexenmeisters zu befreien…
Jede Seite besteht zu einem Drittel aus Text und zu zwei Dritteln aus einer passenden Illustration. Die Bilder im Buch sind sehr beeindruckend und einzigartig. Sie wirken etwas altertümlich und furchteinflößend, spiegeln aber die Stimmung der Geschichte sehr gut wieder. Doris Lecher hat sich hier für einen sogenannten Kupferdruck entschieden. So beschreibt sie den aufwendigen künstlerischen Vorgang in der „Neuen Zürcher Zeitung“:

„Zuerst habe ich eine Maquette mit Bleistift-Skizzen erstellt. Beim Tiefdruck muss die Vorzeichnung spiegelbildlich angefertigt werden, das ist vor allem bei Schriften ein Problem. Die Linien des Entwurfs übertrage ich auf die Kupferplatte, die ich mit Asphaltlack überzogen habe. Mit einer Nadel lege ich die Linien frei, dann kommt die Platte ins Säurebad. […] Den fertigen Druck koloriere ich mit Aquarellfarben. […] Mit Ätzen erhält man feinere Linien, als man zeichnen könnte. Gekratzte Kaltnadel-Linien sind dagegen ein wenig fusselig. Durch diese Unwägbarkeiten erhält das Fell eine pelzige Struktur – das sind Effekte, wie man sie mit Tusche und Aquarell nicht hinbekommt.“

„Spiegel, das Kätzchen“ ist ein wunderbar kunstvoll illustriertes, fantasie- und humorvolles Buch für Kinder und Erwachsene. Nicht nur für Fans des deutschen Realismus sehr empfehlenswert.

Spiegel, das Kätzchen; Doris Lecher
nach der gleichnamigen Novelle von Gottfried Keller
NordSüd-Verlag, 2015, ab 6 Jahren; Leseprobe

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