Eine Ode an den Tod und die Rache

von | 20.10.2017 | #Todesstadt, Buchpranger, Filme, Filmtheater, Graphic Novels, Comics, Manga, Specials

James O’Barrs Comic „The Crow“ aus dem Jahr 1989 hat mittlerweile Kultstatus erreicht und gilt als eine der einflussreichsten Comics der Comicgeschichte. Geschichtenerzähler Adrian erzählt euch, warum dieses Meisterwerk in jede gutgeführte Comicsammlung gehört.

Ein junges Paar, des nachts mit dem Auto liegen geblieben,
auf der Suche nach Hilfe in die Arme brutaler Rowdies getrieben.
Sie haben ihren Spaß und lassen das Paar leiden,
zum Schluss erschießen sie die beiden.
Nur er überlebt den Schuss in den Kopf,
liegt ein Jahr im Koma, am Krankhaustropf.
Als er dann erwacht, schwört er grausame Rache,
an all jenen, die seiner geliebten Frau den Tod herbei brachten.
So jagt er die Mörder und lässt sie büßen,
einer nach dem anderen liegt zu seinen Füßen.
Doch bringt ihm dies schlussendlich den erhofften Frieden,
ein Zusammensein mit seiner toten Geliebten?
So geht die Geschichte im Namen der Krähe,
eine wunderschöndüstere und doch traurige Märe.

Schwarz-weiße Romantik

Der Comic ist komplett in schwarz-weiß gehalten und ist mehrheitlich mit Tinte und teils mit Kreide gezeichnet. Einige Bilder wirken zudem mit der Linoldruck-Technik gestaltet. Das Schwarz ist sehr satt aufgetragen und hebt sich so stark von dem konträren Weiß ab. Nur in den Sequenzen, in denen sich Eric zurück an die schöne Zeit mit seiner Verlobten Shelly erinnert, sind die Zeichnungen weicher und ähneln Bleistiftzeichnungen. Man merkt, je dramatischer und unangenehmer die Szene ist, desto intensiver ist das Schwarz.
Durch die starken Kontraste spielt O’Barr auch immer wieder mit Licht und Schatten. Dies lässt die Charaktere und Szenerien noch um einiges düsterer wirken. Das Spiel mit den Schatten ist gut vergleichbar mit dem von Hellboy-Schöpfer Mike Mignola, welcher ebenfalls in seinen Comics – abgesehen vom Cover und den erschienen Kompendien – mehrheitlich auf Schwarz-weiß-Zeichnungen setzt.

Traumaverarbeitung

James O’Barr begann die Arbeit an „The Crow“ im Jahr 1981 während seiner Stationierung in Berlin – als Soldat im US-Marine Corps. Diesem war er beigetreten, um den Unfalltod seiner Freundin durch einen betrunkenen Autofahrer zu verarbeiten. O’Barr sah „The Crow“ als Verarbeitung seiner Trauer und er spiegelt in einigen Szenen zudem seine schwere Kindheit wider. Diese wird durch das junge Mädchen Sherrie repräsentiert und den Lebensumständen, in denen dieser Charakter aufwächst. O’Barr meinte jedoch später, dass die gewünschte Trauerverarbeitung nicht eintraf und die Arbeit an „The Crow“ seinen Zustand sogar noch verschlechterte.

Die Verfilmung

Durch den Kultstatus des Comics sah man gute Chancen, dass eine Verfilmung sich als rentabel erweisen könnte. So kam 1994 der Film „The Crow – die Krähe“ mit Brandon Lee – dem Sohn von Kampfkunstlegende Bruce Lee – in der Hauptrolle des Eric Draven in die Kinos. Traurige Bekanntheit erlangte der Film durch seine Widmung an Brandon Lee und seine Verlobte, welche nach dem Dreh heiraten wollten. Zu dieser Heirat kam es jedoch nie, da Lee während des Drehs durch eine noch mit scharfer Munition geladene Requisitenwaffe erschossen wurde.

Der Film folgt der Rahmenhandlung des Comics, veränderte jedoch einiges an den Darstellern und dem Plot. So sterben Eric und Shelly nicht durch die Bösewichte auf der Landstraße, sondern bei einer Wohnungsräumung, wobei Eric aus dem Fenster gestoßen wird. Zudem erwacht er anschließend nicht aus einem Koma, sondern steht wortwörtlich von den Toten wieder auf. Auch wurde Eric ein Hintergrund als ehemaliges Mitglied einer Rock-Band gegeben und das Mädchen Sarah – im Comic Sherrie – ist Erics und Shellys Patentochter. Die Gegenspieler haben zwar die Namen wie im Comic, jedoch wurde Top Dollar und nicht T-Bird als Hauptantagonist gewählt und er ähnelt mehr einem satanistischen Gangsterboss, als dem Anführer einer Straßengang. Hinzu kommt, dass die Krähe – welche im Film mehr einem Raben ähnelt – eine etwas größere Rolle einnimmt als im Comic. Während sie im Comic mehr eine Art Gewissen für Eric darstellt, so hat man sie im Film fleischlich gemacht.
1996, 2000 und 2005 gab es noch weitere Teile der Krähe, welche jedoch eher schlechtere Kritiken erhielten und anderen Handlungen folgten als dem Comic – obwohl sie sich an dem Grundton des ersten Teils orientierten. 1998 drehte man zudem eine 22-teilige Serie.

Fazit

„The Crow“ ist wirklich ein grandioses Werk und gehört nicht umsonst zu einem der besten Werke der Comicliteratur. Nie war eine Geschichte über Liebe und Rache so emotional erzählt und für die Leser mitreißend. Ich kann nicht genau sagen, ob und wie man eine deutschsprachige Version in die Finger bekommen kann, wer jedoch der englischen Sprache mächtig ist, der wird die Special Edition in – eigentlich – jedem Comicbuchladen finden. Die Zwischentexte, welche von Songtexten über Gedichte bis hin zu philosophischen Aussagen reichen, sind zwar etwas anspruchsvolleres Englisch, der Rest des Comics ist jedoch gut zu verstehen.

The Crow. Autor & Zeichner: James O’Barr. 1989. / The Crow (Film). Regie: Alex Proyas. Drehbuch: David J. Schow & John Shirley. Darsteller: Brandon Lee, Michael Wincott, Ernie Hudson. 1994.

Ein Fund aus der Todesstadt.

Illustrationen: Geschichtenzeichnerin Celina

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