Ein Vampirfilm, der keiner ist

von | 31.10.2014 | Filme, Filmtheater

Mit „Only Lovers Left Alive“ hat Jim Jarmusch einen Film auf die Leinwand gebracht, der unter dem Deckmantel einer Vampir-Liebesgeschichte die Frage nach der Zerstörungswut der Menschheit, dem Wert von Literatur und Musik und der überdauernden Macht der Liebe stellt.

Der weltfremde Musiker Adam (Tom Hiddleston) fristet sein Dasein im heruntergekommensten Teil Detroits. Von Depressionen geplagt, fasst er Pläne, seinem Leben ein Ende zu setzen. Währenddessen streift seine Geliebte Eve (Tilda Swinton) durch Tanger. Von Sorgen geplagt reist sie zu Adam, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Beide Untoten gehen in ihrer kultivierten Lebensweise auf, in der sie dem Beißen von Menschen abgeschworen haben. Doch Adams und Eves Zweisamkeit währt nicht lange: Eves jüngere Schwester Ava (Mia Wasikowska) mischt sich in das Leben des Paares ein, mit fatalen Konsequenzen.

Was „Only Lovers Left Alive“ von anderen Vampirfilmen abhebt, ist die Tatsache, dass es sich eigentlich nur am Rande um einen Vampirfilm handelt: Kein einziges Mal fällt die Bezeichnung Vampir, und auch sonst wird immer nur angedeutet, was die Protagonisten im Vergleich zu den Menschen (hier „Zombies“ genannt) sind. Der Fokus liegt vielmehr darauf, eine Welt zu zeigen, die im Niedergang begriffen ist. Was bleibt, wenn man in einer Welt lebt, die sich selbst zerstört? Die Partnerschaft von Adam und Eve lässt nur eine Antwort zu: Man muss die Schönheit der Welt bewahren, die Literatur, die Musik, das Tanzen, die Wissenschaft. Und genauso verwebt Jarmusch den Kulturpessimismus mit Anekdoten über Literatur und Musik. Begleitet von einem mitreißenden Soundtrack, der auf dem Filmfestival in Cannes 2013 ausgezeichnet wurde, und mit beeindruckender Kameraführung entfaltet sich ein tragikomisches Bild von einer Zivilisation, in der die letzten lebenden Liebenden um ihren Platz kämpfen müssen.
Aufgelockert wird das düstere Setting von manchmal fast unfreiwillig komischen Entwicklungen und Details, sodass die Welt zwischen Detroit und Tanger lebendig und vielfältig erscheint.

Wer zu Halloween etwas anderes sehen will als einen Horrorfilm voller Blut, sondern einen Film, bei dem der Grusel aus den melancholischen Botschaften resultiert, sollte zu „Only Lovers Left Alive“ greifen. Der für eine Goldene Palme nominierte Film ist eine Erzählung voller Ironie, die auf Ästhetik und Musik setzt und deren Nachdenklichkeit den Zuschauer fesselt.

Buchstaplerin Maike

Only Lovers Left Alive; UK/D 2013; 123 Minuten; FSK 12; Buch und Regie: Jim Jarmusch
Darsteller (Auswahl): Tom Hiddleston, Tilda Swinton, Mia Wasikowska, Anton Yelchin

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

1 Kommentar

  1. Avatar

    Hat dies auf amethyststurm rebloggt und kommentierte:
    Ihr kennt mich doch mittlerweile. Tom Hiddleston, Tilda Swinton, Anton Yelchin, also die Leute, die gerne in mein Bett kommen dürfen, und sie alle sind mit Mia Wasikowska und John Hurt in einem Nicht-Mainstream-Film über Vampire, die nicht glitzern, und die auch gar nicht Vampire genannt werden… hach. Ich muss jetzt kurz den Soundtrack auf voller Lautstärke hören…

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