Und wieder sah sie aus dem Fenster. Es machte keinen Unterschied, ob die Leute frühmorgens, weit vor der Dämmerung, Zeitung austrugen oder ob die Leute spätabends, teilweise auch des Nachts, nach Hause torkelten. Sie war da. Genau an der Stelle, wo man sie erwartete. Unermüdlich starrte sie aus trüben, schweren Augen in die äußere Welt. Eine Welt, so schrecklich und so schön, wie sie es nur eben sein konnte. Eine Welt so unerreichbar und doch so nah.
Ihren Namen kannten die Leute, ihre Geschichte nicht. Wo kam sie her? Hatte sie je etwas anderes getan? So recht konnte sich das keiner vorstellen. Im Morgengrauen hockte sie da, wie eine lauernde Eule und in der Abenddämmerung schien das Bild unverändert. Aß sie? Trank sie? Atmete sie? Nicht einmal das vermochten die Leute zu sagen, obwohl es so sein musste. Es kam der Tag, an dem ein paar spielende Kinder entschieden herauszufinden, ob sie all dies tat. Ein Stein fand seinen unfreiwilligen Weg in eine Kinderhand und von dort den bewusst gewählten Weg in ihr Gesicht. Federn fielen leise wie Schnee auf die mausgrauen Gehwegplatten und sie war verschwunden. Die Kinder ebenfalls.
Ihr Name ist noch immer zu lesen. Dort, wo er schon immer stand und dort, wo er für immer zu lesen sein wird. Sachte überzieht Nieselregen den rauen Granitblock mit winzig kleinen Perlen. Einziger Zeuge: der Wind.
Zwischenzeilenverstecker Marco
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