Da ist was faul im Knast

von | 28.04.2020 | #1920erlesen, Auditorium, Hörbücher

In „Moabit“ zeigt Volker Kutscher das wilde Berlin des Jahres 1927: Gangster, Partys, aufstrebende Frauen. Worteweberin Annika ist dem Hörbuch hinter die Gefängnismauern und in die Tanzlokale gefolgt.

Kurz vor seiner Haftentlassung aus dem Moabiter Gefängnis wird Adolf Winkler von einem anderen Insassen angegriffen. Gefängniswärter Christian Ritter geht dazwischen. Wenige Tage später stirbt der Angreifer, Ritter ist schockiert. Seine Tochter Lotte, die heimlich ins Berliner Nachtleben eintaucht, möchte helfen. Doch auch sie kann nicht alle Entwicklungen überschauen und bald überstürzen sich die Ereignisse. Aus Lotte wird die taffe Charly.

„Moabit“ erzählt die überschaubare Geschichte aus drei Blickwinkeln. Nacheinander kommen Winkler, Ritter und Lotte zu Wort. Jeder Teil wird aus einer anderen Erzählperspektive – du, ich, sie – erzählt, was ein schöner Kunstgriff ist. Durch dieses Format breitet sich nach und nach das Puzzle vor den Hörerinnen und Hörern aus, das bis zum Ende nicht komplett zusammengesetzt wird. Dennoch hält man zum Schluss alle Teilchen in der Hand, um seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen zu können. Dieses Mitdenken hat mir an „Moabit“ ebenfalls sehr gut gefallen.

Volker Kutscher ist der Autor der Gereon-Rath-Kriminalromane, deren erster Teil „Ein nasser Fisch“ die Vorlage zur TV-Serie „Babylon Berlin“ war. Auch „Moabit“ gehört mit Figuren wie Kommissar Rath und Charly Ritter in dieses Universum, jedoch handelt es sich um die Vorgeschichte der Krimis. Wissen aus den weiteren Bänden, die ich nicht gelesen habe, schien mir nicht notwendig, um „Moabit“ zu verstehen. Allerdings macht die Geschichte Lust darauf, auch die weiteren Fälle von Kommissar Rath kennenzulernen.

In der Hörbuchversion ist jede der drei Erzählperspektiven mit einem beziehungsweise einer anderen SprecherIn verbunden. So werden die Unterschiede noch deutlicher. Mit Karoline Herfurth, David Nathan und Marc Hosemann wurden drei bekannte Stimmen gewählt, die für die Figuren eine gute Besetzung sind. Einziges Manko an der Hörbuchausgabe: Zum Buch hat Autorin und Illustratorin Kat Menschik Bilder beigesteuert, die einem beim Hören entgehen.

Moabit. Volker Kutscher. Ungekürzte Lesung mit Karoline Herfurth, David Nathan und Marc Hosemann. Argon Hörbuch. 2017.

[tds_note]Ein Beitrag zur Themenwoche #1920erlesen. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]

Illustration: Satzhüterin Pia

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