Castlevania: Eine Geschichte von Glaube und Rache

von | 29.10.2017 | #Todesstadt, Digitale Spiele, Specials, Spielstraße

Mit „Castlevania – Lords of Shadow“ wechselt die „Castlevania“-Reihe 2010 erstmals von 2D zum schicken 3D und liefert mit der Geschichte um den jungen Gabriel Belmont ein packendes und inszenatorisch wunderbares Abenteuer. Geschichtenerzähler Adrian hat Gabriel auf seiner Mission begleitet und erklärt, wie Gewalt auch eine Geschichte erzählen kann.

Die Sache mit der Erbschaft

Seit dem ersten „Castlevania“-Teil aus dem Jahr 1987 scheint ein gewisser Fluch auf dem Namen Belmont zu liegen. Immer wieder weitergegeben an ein Mitglied der Bruderschaft des Lichts – eine Elite-Einheit von Monsterjägern – wird dem Träger dieses Namens scheinbar alle Last der Welt aufgebürdet. Ist die Welt wieder einmal kurz vor dem Untergehen? Haben sich Dracula oder der Teufel zum gefühlt hundertsten Mal erhoben? Ein Belmont wird es schon richten. Nun ja, es scheint sich bewährt zu haben, denn die Belmonts schnetzeln sich bereits in etwa 36 Spielen durch Horden von Monstern.

Auch in „Castlevania – Lords of Shadow“ gilt es wieder einmal, die Welt vor dem Untergang zu retten, und so meldet sich der junge, zur Melancholie neigende Gabriel Belmont freiwillig. Er will sich – wenn auch nicht ganz uneigennützig – den namensgebenden Lords of Shadow entgegenstellen, welche das Land ins Chaos gestürzt haben. Durch seine Mission erhofft Gabriel sich, seine ermordete Frau von den Toten wieder zurückholen zu können. Jedoch scheint die Reise Gabriel nicht besonders gut zu bekommen. Von Albträumen und Visionen geplagt wird auch etwas Dunkles genährt, was in dem jungen Mann schlummert. Ob Gabriel der Geschichte des Namens Belmont gerecht werden kann, erfahrt ihr, wenn ihr euch an dieses Abenteuer heranwagt.

Monsterkloppen für Gott

Was zeichnet das Hack‘n‘Slay-Genre aus? Liebe, Sehnsucht, Frieden, Entspannung. Nein, natürlich nicht. Wer Spiele wie „God of War“ oder „Diablo“ kennt, der weiß, um was es in diesem Spiel-Genre geht. Wem diese beiden Spiele nichts sagen, hier eine kurze Erklärung: Ein Held wirft sich mehreren Monsterhorden entgegen und verursacht dadurch ein ziemliches Blutbad. Klingt nicht sehr lecker, aber wie soll man mit einem Blutbad eine Geschichte erzählen? Das hat etwas damit zu tun, wie Gabriel kämpft.
Laut seiner Charakterbeschreibung ist er ein ziemlich talentierter Monstertöter, trägt jedoch auch etwas Dunkles in sich. Nur seine nun tote Frau konnte diese Dunkelheit unterdrücken, doch diese ist für Gabriel zwar greifbar und dennoch so weit entfernt, sodass die Dunkelheit in ihm immer weiter heranwächst. So beginnt er mit fortlaufender Geschichte immer brutaler zu werden. Wo er die Monster anfangs einfach nur getötet hat, so schlachtet er sie mit der Zeit immer brutaler ab. Er wird vom talentierten Monstertöter zum talentierten Monsterschlächter.

Als Spieler gerät man in einen Zwiespalt. Zum einen muss man weitermachen, um die Welt vor dem Untergang zu retten, andererseits treibt man Gabriel damit immer weiter in die Arme der Dunkelheit. Die Spieler werden Zeuge und Ursache zugleich, wie der Protagonist immer gnadenloser wird. Jedoch erzählt nicht nur Gabriel eine Geschichte, sondern auch die Welt um ihn herum. Immer wieder kann man bei toten Ordensbrüdern von Gabriel – welche auf dem Weg gescheitert sind – Nachrichten finden. Diese werden von Kapitel zu Kapitel immer hoffnungsloser und düsterer, was Gabriels Geisteszustand gleicht.

Die kleinen Kratzer

Bevor ich zu den Highlights – neben dem eben erwähnten Kampfsystem – komme, werde ich erst einmal auf die Makel eingehen. Die Kamera ist teilweise ein wahrer Graus. Immer wieder wechselt sie die Perspektive und sorgt so für Verwirrung bei der Orientierung. Auch kostet sie einem den einen oder anderen Lebenspunkt, wenn der Charakter mitten im Kampf zum Beispiel plötzlich aus dem Bild verschwindet und so nicht mehr gesehen werden kann, was vor sich geht.

 

Apropos Kampf: Auch die Kämpfe stellten sich hin und wieder als ziemlich frustrierend heraus, mal abgesehen davon, dass das Spiel selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad wenige Fehler verzeiht. Als bestes Beispiel gilt wohl der Kampf gegen Gegner, die zehnmal so groß sind wie Gabriel – was stark an das Spiel „Shadow of the Colossus“ erinnert. Diese zu erklettern, ist eine ziemliche Herausforderung, wenn etwa der Tastenbefehl zum Festhalten scheinbar vom Spiel nicht angenommen wurde. Hier musste ich einige Male von vorne beginnen. Ein kleiner Minuspunkt sind auch die Quicktime-Events – drücke eine Taste im richtigen Moment – welche hin und wieder viel zu überraschend kommen. Zudem führt das Scheitern in manchen Kämpfen zu einem One-Hit – ein Treffer bedeutet den sofortigen Spieltod. Wenigstens ist in so einem Fall der Checkpoint fair gesetzt.

Schwarze Romantik

Wie angedroht komme ich nun zu den Highlights von „Castlevania: Lords of Shadow“. Neben der wunderbar inszenierten Geschichte, welche nicht mit Plot-Twists – unvorhergesehene Wendungen in der Geschichte – geizt, ist auch die Spielwelt malerisch dargestellt. Von den mit Lykanern verseuchten Ruinen einer untergegangenen Zivilisation bis hin zum düsteren Schloss der Vampire, wirkt alles unheimlich stimmig. Hin und wieder fühlte ich mich beim Anblick der Ruinen, Friedhöfe und Wälder stark an die Gemälde von Casper David Friedrich erinnert, welcher vielfach eine recht düstere, schwere Atmosphäre mit seinen Werken transportierte. Diese Düsternis spiegelt auch gut die Trauer und die Dunkelheit in Gabriel wider.

Ebenfalls ist die Vertonung des Spiels sehr gut gelungen. Die musikalische Untermalung ist gut gewählt. Sie trägt zur Spielatmosphäre bei und spornt in Kämpfen an, dominiert aber nie. Auch die Sprecher machen einen sehr guten Job. So wird der Nebencharakter Zobek, der auch den Erzähler mimt, von niemand anderem gesprochen als Captain Jean-Luc Picard alias Sir Patrick Steward.

Ein weiterer Pluspunkt des Spiels ist das Interface – also alles, was neben dem Spielgeschehen auf dem Bildschirm angezeigt wird. Man wird nicht Hack’n’Slay-üblich mit Zahlen, wie Combos, Schaden oder Erfahrung zugebombt. Einzig der Lebensbalken, Items und Erfahrungspunkte werden in der oberen Ecke angezeigt sowie die Energieleisten der beiden Magiearten – Licht- und Schattenmagie – in den unteren beiden Ecken. Außerhalb der Kämpfe werden diese Anzeigen auch ausgeblendet, sodass man einen guten Blick auf die Spielwelt hat.

Zu den Rätseln im Spiel ist einzig zu sagen, dass sie recht herausfordernd sind und immer wieder für einige Minuten Grübelzeit sorgen. Jedoch ist der Lösungsweg nachvollziehbar. Ebenso verhält es sich mit den Lebens- sowie Magiesteinen. Diese sind überall verteilt und hat man fünf davon gefunden, so erhöht sich der jeweilige Balken von Leben, Schatten- oder Lichtmagie. Bei manchen muss man zwar etwas suchen, jedoch nie frustrierend lange. Zu guter Letzt ist noch Gabriels Reisetagebuch zu erwähnen, welches neben Spielmenü und „Fähigkeitenbaum“ auch als Charakter- und Monsterfibel dient. Zu neuen Charakteren und Monstern wird ein Eintrag getätigt und mit wunderschönen Bildern versehen, die wie Kohlezeichnungen anmuten.

Man möge mir ein Fazit bringen

„Castlevania: Lords of Shadow“ ist ein wunderbar düsteres Spiel und eine Empfehlung für alle, die es noch nicht gespielt haben – auch wenn es hin und wieder zu Frust führt, einfach nach einer kurzen Pause erneut versuchen, es lohnt sich. Durch die Sammelobjekte und das Backtracking – man erhält eine Fähigkeit, mit der man in einem früheren Level an ein verstecktes Objekt herankommt – hat dieses Spiel zudem einen hohen Wiederspielwert.

Castlevania: Lords of Shadow. Mercury Steam & Kojima Productions.
Konami. 2010. Getestet auf der Playstation 3. 

Ein Fund aus der Todesstadt.

 

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