Aus Liebe zum Buch

von | 12.02.2016 | Gedankenkrümel, Kreativlabor

Auf der Welt gibt es ziemlich viele Bücher. Dünne, dicke, alte, neue, zerknickte, dreckige, nie angerührte Schullektüren, bunt markierte Schullektüren, leere Bücher, Notizbücher, Tagebücher, Taschenbücher, gebundene Bücher. Wir in Bücherstadt lieben Bücher. Egal, ob wir nun als Buchstapler, Sätzchenbäcker, Geschichtenzeichner, Wörterschmiede oder etwas ganz anderes nach Bücherstadt gekommen sind, uns allen bedeuten Bücher eine ganze Menge. Zwischen all den Bücherkisten und Papierbergen habe ich mich mal einen Moment in Ruhe hingesetzt, und mein Herzchen befragt, woran das wohl liegen mag.

Der erste Gedanke dazu kommt mir schnell: Ich liebe die vielen Geschichten, die zwischen den Buchdeckeln stecken. Ich liebe Orte voller Bücher, die anmutige Stille von Bibliotheken, die fast schon erschlagend sein kann, wenn man nicht aufpasst. Aber da ist noch viel mehr. Ich liebe es, dass ein Buch wächst, mit jedem Mal, wenn man es liest. Seien es nun Sandkörnchen, Fusseln, wackelig, aber vorsichtig gesetzte Bleistiftmarkierungen oder einfach die Luft, die zwischen den Buchdeckeln eingesperrt wird, wenn man sie zuklappt – all diese Dinge erzählen die Geschichte des Buchs weiter. Sie erzählen, wie es mir beim Lesen ergangen ist.
Vielleicht ist eine Seite wellig, weil sie mich zu Tränen gerührt hat, und wenn ich die Seite beim nächsten Mal aufschlage, dann erinnert sie mich daran. Oder an den Tag am Meer. Oder an die Sorgen, die das Buch schlucken musste. Denn darin sind Bücher ganz schön gut. Vielleicht hat da jeder seine eigene Methode, aber wenn mich etwas traurig macht, schlage ich oft ein Buch auf, und schon ist der Kummer vergessen.
Aber ja, jeder hat da wohl seine eigenen Methoden, wie es auch ganz unterschiedliche Methoden gibt, Bücher zu lesen. Es gibt solche, die ihre Bücher hegen wie einen Schatz, niemals eine Seite oder gar einen Buchrücken zerknicken würden. Andere, die ihre Bücher überall mit hin nehmen, auch in den Regen. Andere wiederum, die in ihre Bücher malen und schreiben, was sie nie vergessen wollen. Manch einer benutzt Lesezeichen, ein anderer Kassenbons oder Bonbonpapiere, der nächste macht Eselsohren oder nimmt gleich ein zweites Buch. Jeder Leser ist ein bisschen anders, und jede Art zu lesen verrät etwas über den, der liest. Ich zum Beispiel habe eine ganze Weile die Bücher, die ich las, nachts unter mein Kopfkissen gelegt, um davon zu träumen (bis ich eines Morgens mit Nackenstarre aufwachte, dann war das Projekt gestorben).

Ein Buch ist natürlich nicht nur das, was drin steckt, ein Buch ist auch Pappe, Papier und Leinen, eben das, woraus es entstand. Es ist das Gefühl, wenn man über den Einband streicht, wenn man die erste Seite aufschlägt, und es macht leise „klack“. Es ist der Geruch nach Leim oder Druckerschwärze oder Chemie. Es sind die einzelnen Seiten aus dünnem oder festem Papier, die man zwischen den Fingerspitzen flattern lassen kann. Es sind die Stellen, die verraten, dass das Buch nicht vom Himmel gefallen ist, sondern dass es gemacht wurde, gebunden, vielleicht sogar von einem echten Menschen und nicht nur von einer Maschine. Denn manche Bücher können echte Kunstwerke sein, auch von außen.
Und natürlich sind es auch die Wörter in Büchern, die ich liebe. Die Wörter von fremden Welten, schlauen Menschen, großen Abenteuern und kleinen Verbrechen, von Liebe, Hass, Krieg und Frieden. Bücher sind wie Fahrkarten ins Universum. Oder in die Köpfe der anderen. Sie sind Zeitmaschinen, nach vorne und zurück. Viele Menschen haben Lieblingsbücher, oder zumindest solche, die ihnen viel bedeuten. Die ihnen vielleicht die Augen geöffnet haben, oder das Herz, die sie mit einer besonders schönen Situation verbinden. Vielleicht mit ihrer Kindheit.
Jeder liebt andere Bücher und hat andere Gründe dafür, und manche gibt es, die hassen Bücher, und sicherlich haben auch sie dafür einen guten Grund. Mir selbst würde keiner einfallen, hier, zwischen den Bücherkisten und Papierbergen. Denn auf der Welt gibt es ziemlich viele Bücher. Dünne, dicke, alte, neue, zerknickte, dreckige, nie angerührte Schullektüren, bunt markierte Schullektüren, leere Bücher, Notizbücher, Tagebücher, Taschenbücher, gebundene Bücher. Und sie alle sind etwas Besonderes.

Annika
Bild: Jürgen Wald, piqs.de

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

2 Kommentare

  1. Avatar

    Eine schöne Liebeserklärung!
    Bei mir um die Ecke hat eine Buchbinderin ihre Werkstatt – ab und an bin ich dort und lasse mich vom Geruch, der Haptik der Leinen- und Ledereinbände, vom Ambiente bezaubern – das ist Bücherliebe pur, die diese Frau jeden Tag pflegt!

    Antworten

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