Die meisten Bücher legt man nach dem ersten Lesen weg, stellt sie ins Bücherregal und lässt sie dort. Das Buch „50 Mindshots“ von Sergio Ingravalle nicht, denn man nimmt es immer wieder in die Hand.
Der Grund dafür liegt darin, dass jede Seite für sich abgeschlossen und fast schriftlos für sich steht. Wie der Titel sagt, handelt es sich um eine Sammlung von emblematischen Bildern, die Gedanken anregen. Die Illustrationen bestehen aus symbolhaften, reduzierten Formen in wenigen Farben: Schwarz, Weiß, Graustufen und Rot ergeben schon immer eine deutliche, verdeutlichende Kombination. Diese stilistische Prägnanz geht Hand in Hand mit der inhaltlichen Pointiertheit. Die Bilder verknüpfen bekannte Themen miteinander zu neuen, krasseren Ideen und Sichtweisen.
Alltägliche, sozialkritische und ironische Fragen werden den Lesenden zum Nachdenken überlassen. Eine Antwort wird durch den dazu gedruckten Bildtitel vorgegeben. In diesem Buch stören die Wörter jedoch, da sie die eigenen Gedanken mit ihrer genauen und meistens wertenden Vorgabe verdrängen. Hält man sich die Bilder nach einiger Zeit und ohne auf die Titel zu achten wieder vor Augen, kommen mitunter neue, andere Assoziationen in den Sinn. Es ließe sich also eigentlich gar nicht kritisieren, wie der Autor in diesem Buch Geschichten verstrickt, denn Lesende übernehmen diese Aufgabe.
Die Illustrationen sind auch kostenlos auf der Internetseite maivisto.de anzuschauen, was eine freundliche Geste der Zugänglichkeit ist, die wir vom Bücherstadt Kurier loben. Die gebundene Ausgabe ist ein Buch, das die schnelllebige und unverbindliche Bildlichkeit des Internets in die analoge Welt transportiert. Im Buch bekommen die Bilder einen wertschätzenden Platz, der immer wieder zum Besuch einlädt. Eine recht angenehme Lektüre, deren zeitlicher Aufwand bei jedem Aufschlagen ganz andere Dimensionen annehmen kann.
Seitenkünstler Aaron
50 Mindshots. Sergio Ingravalle. Knesebeck Verlag. 2018.
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