Thomas Finn

von | 09.09.2012 | Buchpranger, Im Interview, Stadtgespräch

Bei den vielen Ideen, die mir im Kopf her­umschwirren, müsste ich doch verrückt sein, mich künstlich zu beschränken.

*Klick* thomas-finn.de

Thomas Finn wurde 1967 in Chicago (Amerika) geboren, lebt und arbeitet jedoch in Hamburg. Seine Schriftstel­lerkarriere begann schon in frühen Jahren in Form von „Das schwarze Auge“-Werken und begeistert noch heute jun­ge, alte und jung-gebliebene Leser. Zu seinen größten Werken gehören die Trilogie „Chroniken der Nebelkriege“ und die „Astaria“-Trilogie. (Zu letzteren folgt eine ausführli­che Rezension und eine Lese­probe in dieser Ausgabe.)

Allgemeine Informationen über den Autoren und Tipps für angehende Schriftsteller findet man auf seiner Home­page www.thomas-finn.de oder auf seiner Facebookseite.

Ihre schriftstellerische Lauf­bahn begann schon in jungen Jahren, als sie ein Fanmaga­zin zu dem Rollenspiel „Das schwarze Auge“ verfassten. Wie kam es dazu?

Ehrlich gesagt begannen die ersten schreiberischen Gehver­suche sogar schon etwas früher, so mit 14 Jahren. Damals war ich begeisterter Leser der Gru­sel-Heftreihe „John Sinclair“ und habe mich damals selbst an zwei Horror-Kurzgeschichten versucht. Richtig los ging es dann 1984 mit der Entdeckung der Fantasy-Rollenspiele. Spezi­ell mit DSA (Das schwarze Auge) und dem Cthulhu-Hor­rorrollenspiel, bei denen man mit seinen Mitspielern selbst spannende Abenteuer erleben kann. Damals war ich 17 Jah­re alt. Die Abenteuer, die man sich für diese Spiele ausdenkt, sind recht arbeitsintensiv und doch kommt in der Regel nur die eigene Spielgruppe in den Genuss selbiger.

So entstand ab 1985, gemeinsam mit meinem Co-Herausgeber Hanke Pen­ning, die Idee, ein Fanmagazin für Fantasy-Rollenspiele zu ver­öffentlichen, um all die Ideen aus den heimi­schen Spiel­runden auch anderen Lieb­habern dieses Hobbys zur Verfügung zu stellen. Neben Abenteuern und Sacharti­kel rund ums Hobby, kamen noch Rezen­sionen und Interviews hinzu – und plötzlich wa­ren wir nicht bloß Rollen­spiel-Auto­ren, sondern betätigten uns auch journalis­tisch. Von den damaligen Er­fahrungen und den damit ein­hergehenden Kontakten (auch aus der Zeit, als ich später für professionelle Magazine ge­schrieben habe) profitiere ich heute noch.

Aufgrund der Liebe zu DSA, würden Sie sich selbst als passionierten Rollenspieler bezeichnen? Was ist ihr Lieb­lingssystem?

Ja, in jedem Fall. „Das schwarze Auge“ und „H.P. Lovecrafts Cthulhu“ ge­hören heute noch zu meinen favorisierten Titeln, ich weiß aber auch alle anderen Rollen­spiele zu würdigen. Bis heute unterhalte ich eine regelmäßig stattfindende Rollenspielrunde und ich empfinde es als sehr befriedigend, dort abseits mei­ner beruflichen Tätigkeit, das ‘Geschichten erzählen‘ weiter als Hobby ausleben zu können. Dass dabei immer mal wieder Ideen und Dialoge für meine Romane abfallen, ist bei alledem ein angenehmer Nebeneffekt.

Erst in späteren Jahren ver­dienten Sie sich als freier Schriftsteller. Wie kam es zu dieser Wende im Leben? Immerhin sind Sie gelernter Volkswirt.

Tatsächlich habe ich eine Ausbildung als Werbekauf­mann und anschließend ein Studium der VWL absolviert. Als ich dann mit dem Dip­lom fertig war und die Frage der Berufswahl anstand, wurde mir plötzlich klar, dass ich mir ein Leben als künftiger Wer­ber gar nicht vorstellen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits an etwa 25 offiziellen Rollenspiel-Publikationen mitgewirkt, und ich musste mir eingestehen, dass mein Herz in Wahrheit nur für eine Sache schlug: das Ge­schichtenerzählen. Nur ist es gerade als Einsteiger nicht leicht, von dieser Leidenschaft auch leben zu können. Neben der Romanschreiberei habe ich daher zunächst 2 ½ Jahre als Lektor und Dramaturg in ei­nem Drehbuch- und Theater­verlag gearbeitet und bin dort dann irgendwann auch selbst als Autor von bislang fünf ver­filmten Drehbüchern und drei Theaterstücken in Erscheinung getreten. Um 2003/2004 gelang es mir dann aber, gänzlich als Romanautor Fuß zu fassen. Ein Job, der sehr anstrengend, aber auch sehr befriedigend ist.

In ihren beiden Ravens­burger-Trilogien „Chro­niken der Nebelkriege“ (Das unendliche Licht, Der eisige Schatten und Die letzte Flam­me) und „Wächter von Asta­ria“ (Der letzte Paladin, Die flüsternde Stadt und Der bren­nende Berg) bedienen Sie sich als Weltkarte europäischer Länder und verändern nur die Namen von Ortschaften. Wie kamen Sie auf diese Idee? Spricht daraus eine Liebe zu unserer Welt?

Die grundsätzliche Idee hin­ter den Chroniken war, dass sich die Phantastik zwar gern der europäischen Märchen-und Sagenelemente bedient, aber die Welt, aus der diese stammen, selten ernst nimmt. Aus diesem Grund erschuf bei den ‚Chroniken der Nebelkrie­ge‘ eine Bühne, die von Albi­on im Norden (ein alter Name für England) bis hinunter zum Alptraumgebirge reicht, in dem man unschwer die Alpen erken­nen kann. Die Trilogie um die ‚Wächter von Astaria‘ hingegen bedient sich erzählerisch man­cher Renaissance-Elemente, die in einer reinen Fantasywelt eher im luftleeren Raum stehen würden. Aus diesem Grund er­schien mir ein deutlich verfrem­detes Italien als Hintergrund schlüssig.

Nun haben Sie schon sowohl für Erwachsene, als auch für jugendliches Publikum ge­schrieben. Favorisieren Sie ein spezielles Publikum?

Nein. Ich liebe es, für ein breit aufgestelltes Publikum zu schreiben. An welchen Projek­ten ich dann konkret arbeite, ist eher abhängig von der jeweili­gen Nachfrage. Glücklicherwei­se gehöre ich zu jenen Autoren, die von den Verlagen nicht auf eine spezielle Zielgruppe fest­gelegt werden. Für mich ist eine spannende Geschichte schlicht eine spannende Geschichte. Ob der Protagonist ein Teenager oder ein Mittvierziger ist, macht für mich ehrlich gesagt keinen großen Unterschied. Ich selbst lese ja auch alles mit Begeis­terung, angefangen bei ‚Harry Potter‘ bis hin zu Richard Mor­gans ‚Das Unsterblichkeitspro­gramm‘. Als Leser interessiert es mich eher, ob es der Autor versteht, eine interessante Ge­schichte auch interessant um­zusetzen. Die Idee hinter einer Story muss stimmen. Manche Romanideen funktionieren bes­ser mit jungen Protagonisten, andere besser mit älteren. Ich für meinen Teil bin sehr froh darüber, mir beim Ideenspinnen keine Fesseln anlegen zu müs­sen.

Werke wie „Weißer Schre­cken“ oder „Mind Control“ verdeutlichen, dass Sie nicht allein der Fantasy verschrieben sind. Wie kommt es, dass sie genreübergreifend schreiben?

Der eine Grund ist schlicht jener, dass ich die Phantastik in all (!) ihren Spielarten liebe. Dazu gehört die High-Fantasy ebenso, wie der Horror oder die Science Fiction. Bei den vielen Ideen, die mir im Kopf her­umschwirren, müsste ich doch verrückt sein, mich künstlich zu beschränken. Der andere Grund ist noch viel profaner: Ich kann es, also tue ich es! 🙂

Welche von Ihnen erfundene Figur ist Ihnen am liebsten und warum?

Ehrlich gesagt habe ich kei­nen ausgemachten Liebling. Hätte ich einen solchen, würde das zwangsläufig dazu führen, dass bestimmte andere Figuren erzählerisch ins Hintertreffen gerieten – wobei man als Autor natürlich immer etwas näher an den Hauptfiguren dran ist. Tatsächlich liebe ich alle meine Figuren, denn sonst würde ich sie nicht auftreten lassen. Wenn ich schreibe, dann versinke ich ganz in der Welt. Und so geht es mir auch mit den unter­schiedlichen Protagonisten. Der Reiz beim Schreiben besteht für mich gerade darin, allen meinen Figuren entsprechende Screentime zuzubilligen und sie allesamt mit individuellen He­rausforderungen auszustatten.

Figuren haben innerhalb einer Geschichte eben auch bestimm­te Funktionen, was man als Schöpfer nie vergessen darf. Bei alledem schließe ich natürlich nicht aus, dass meine Leser die eine oder andere Figur vielleicht interessanter als andere finden. So ist mir durchaus bewusst, dass die Comic Relief-Figuren meist am besten ankommen, also jene eher komisch angeleg­ten Figuren, die mit ihrem Ver­halten und mit ihren Sprüchen kurzfristig dazu beitragen, die Spannung abzubauen. Die be­reiten mir als Autor natürlich ebenfalls viel Spaß.

Kann man von Ihnen auch weiterhin mit neuen Werken rechnen, oder sind alle Ideen schon verarbeitet?

Ha ha – im letzteren Fall müss­te ich mich ja einsargen lassen. Ernsthaft: Ich habe so viele Ideen, dass mein Leben nicht ausreicht, die alle zu Papier zu bringen. Ich kämpfe weniger mit Ideenlosigkeit, als damit, für all diese Ideen auch einen passenden Verlag zu finden. Manchmal muss man halt etwas warten, bis die Zeit für eine be­stimmte Idee (markt)reif ist.

Dieses Jahr erscheinen noch zwei Kurzgeschichten aus mei­ner Feder, nächstes Jahr werden dann gleich zwei Romane von mir erscheinen. Der erste der beiden erscheint im Frühjahr 2013, trägt den Titel ‚Der silber­ne Traum‘ und führt den Leser wieder zurück in die Welt der „Chroniken der Nebelkriege“. Über den zweiten, der noch ge­schrieben werden will, kann ich mich derzeit noch nicht auslas­sen. Aber er ist natürlich eben­falls phantastischer Natur und spielt in Deutschland.

Was machen Sie als Autor in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht an neuen Werken arbeiten?

Zu meinen Hobbys zählen Live- sowie Pen-&Paper-Rol­lenspiele, DVD- und Kino­genuss sowie gute Brettspiele. Außerdem genieße ich es, einen großen und aus vielen interes­santen Menschen bestehenden Freundeskreis zu haben. Davon ab sagt man dem Stier gern nach, allen Genüssen des Le­bens aufgeschlossen gegenüberzustehen – was sicher stimmt. 🙂

Wenn Sie ein Buch wären, was für eines wären Sie und war­um?

Auch auf die Gefahr hin, dass du lachst: vermutlich ein Schreibratgeber. Der Grund ist, dass ich mich damals, zu Beginn meiner Schaffenszeit, fürch­terlich über einen bestimmten Rollenspiel-Kollegen aufgeregt hatte, der mir trotz seiner dra­maturgischen Erfahrung keine Antworten auf drängende Fra­gen gegeben hat. Der hat seine Erkenntnisse damals wie einen Staatsschatz gehütet und mir bloß ein gönnerhaftes Lächeln geschenkt. Damals habe ich mir geschworen, all mein Wis­sen über das Schreiben und das Geschichtenerzählen weiter­zugeben, wann immer ich die Gelegenheit dazu erhalte. Denn ich gönne es wirklich jedem Neueinsteiger, in diesem wun­dervollen Beruf Tritt zu fassen.

An dieser Stelle sei mir da­her etwas Werbung gestattet, denn zum Glück sehen das ei­nige weitere namhafte Kollegen ebenso. So werde ich am 2.-4. November 2012 gemeinsam mit Markus Heitz, Thomas Plischke und Ole Johan Christiansen den Workshop „Grundlagen des professionellen Schreibens“ veranstalten. Das Ganze wird organisiert von „Ideenreich – der Kreativhof“ in Buchholz. Wer sich dafür interessiert, ist herzlich eingeladen, folgenden Link anzuklicken: http://www. ideenreich-kreativhof.de.

Welche Frage wollten Sie schon immer in einem Inter­view gestellt bekommen und wie wäre Ihre Antwort darauf?

Ha ha. Ich muss mir schon so viele Dinge einfallen lassen, da überlasse ich das Fragenstellen gern anderen. 🙂

Vielen Dank für das Interview und den netten Kontakt.

Ramona

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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