Susanne Fuß im Interview

von | 02.06.2016 | Filmtheater

Susanne FußAm liebsten schreibe ich Drehbücher. Das kommt mir entgegen, weil ich beim Schreiben immer Bilder vor Augen habe. In einem Bild lässt sich in kurzer Zeit sehr viel ausdrücken, was man sprachlich oftmals umständlich und mühsam umschreiben muss. Bilder wirken direkter, sind emotionaler. Ge­rade bei ei­ner Ko­mö­die kommt ei­nem das sehr ent­ge­gen.

Zeichensetzerin Alexa hat sich im Rahmen einer Blogtour mit Susanne Fuß unterhalten – über ihr Romandebüt „Driving Phil Clune“, das Drehbuchschreiben, Hollywood-Stars und kommende Projekte.

BK: Kürzlich ist dein Romandebüt „Driving Phil Clune“ erschienen. Hast du die Schauplätze, welche im Roman vorkommen, selbst besucht? Wie verliefen deine Recherchen?

SF: Ich habe zwar Berlin öfters besucht, habe aber kaum wiedererkennbare Schauplätze beschrieben. Der Schauplatz Berlin ergab sich fast zwangsläufig, da der große Hollywood-Star ja irgendwann zu Dreharbeiten in Deutschland auftaucht. So blieben eigentlich als mögliche Standorte nur Berlin und München. Da der Roman auf meinem Drehbuch „Driving Tom Hanks“ basiert, hatte ich alles auf Hanks zugeschnitten, der ja öfters in Berlin dreht. Und so war der Schauplatz dadurch festgelegt.
Recherchen habe ich für den Stoff kaum betreiben müssen und die Details, die nötig waren – zum Beispiel die Namen der Raststätten auf der Autobahnverbindung Berlin-Hamburg – habe ich in der Regel über das Internet durchführen können.
Allzu detailverliebte Ortsbeschreibungen darf man sich also nicht erwarten. Wer eine eingehende Beschreibung von Atmosphäre und Lokalkolorit erwartet, wird eher enttäuscht. In meiner Komödie steht eindeutig die Handlung im Vordergrund. Die „Kulisse“ beschreibe ich nur, soweit sie für die Handlung oder die Erzeugung von Komik eine Rolle spielt. Eine Komödie lebt meiner Ansicht nach vom Tempo. Allzu viele deskriptive Passagen bremsen hier zu sehr ab.

BK: In deinem Buch schreibst du die förmliche Anrede stets klein – weshalb?

SF: Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass die Höflichkeitsform nur in der direkten Anrede sinnvoll ist, das heißt wenn ich einen Brief an jemanden schreibe, gegenüber dem ich mich höflich verhalten möchte. Dann ist es mir im Übrigen auch gleichgültig, ob ich denjenigen sieze oder duze, ich schreibe auch das „Du“ in Briefen und Mails immer groß. Schließlich möchte ich mich vertrauten Menschen gegenüber genauso höflich verhalten wie fremden Menschen.
Wenn sich zwei fiktive Charaktere in meinem Roman unterhalten, erscheint mir die Höflichkeitsform jedoch sinnlos. Wem gegenüber soll ich als Schreibende Respekt erweisen? Fiktiven Figuren? Es hat bei meinen Lesern aber einige Irritationen hervorgerufen, von daher werde ich die Schreibweise in einer Neuauflage den Gewohnheiten anpassen.

BK: Wenn „Driving Phil Clune“ verfilmt werden sollte und du bei der Wahl der Schauspieler mitentscheiden könntest – auf welche würde sie fallen?

SF: Natürlich würde ich mir wünschen, dass im Falle einer Verfilmung aus Phil Clune wieder Tom Hanks wird. Schließlich habe ich den Roman mit Hanks vor Augen geschrieben. Er ist derjenige, der im US-Kino die Jedermann-Charaktere zu ungeahnter Größe auflaufen lässt. Genau das fasziniert Herbert, weil er sich in diesen Figuren wiederfindet. Es gab außerdem im Drehbuch viele kleine Hinweise und Zitate aus Hanks Filmen, die ich in der Romanfassung allerdings entfernt habe. Von einem Leser kam der geniale Vorschlag, Oma Käthe mit Katharina Thalbach zu besetzen – das wäre der Knaller! Bei den anderen Figuren bin ich nicht so festgelegt. Als Herbert könnte ich mir Milan Peschel vorstellen. Er ist vielleicht ein wenig zu jung, aber vom Typ her genau richtig.

BK: Einer der Protagonisten, Herbert, ist Taxifahrer. Könntest du dir vorstellen, diesen Beruf selbst auszuüben?

SF: Definitiv nicht! Das liegt einfach daran, dass ich nicht sonderlich gerne Auto fahre und erst recht nicht in überfüllten Großstädten. Mich nervt auch die immer größer werdende Rücksichtslosigkeit einiger Zeitgenossen beim Autofahren.

BK: Herbert wünscht sich, irgendwann einmal einen Hollywood-Star befördern zu können. Gibt es einen Star, mit dem du einmal in einem Taxi sitzen wollen würdest? Oder bist du sogar bereits einem Star in einem Taxi begegnet?

SF: Ich habe Hans-Peter Hallwachs, der bei einer studentischen Filmproduktion mitgewirkt hat, mal zum Hotel gefahren. Ist er ein Star? Ich weiß es nicht und glaube, er würde sich auch nicht als einen sehen. Ehrlich gesagt kannte ich ihn zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Es war also sehr unspektakulär. Ansonsten bin ich keinem sogenannten Prominenten begegnet. Ich habe auch keinerlei Interesse – wenn man mal von Tom Hanks absieht, dem ich gerne mal ein Drehbuch in die Hand drücken würde. Stattdessen würde ich viel lieber stundenlang mit guten Freunden über Land fahren, für die ich im Alltag immer viel zu wenig Zeit habe!

BK: Du bist nicht nur Autorin, sondern auch Lektorin und Übersetzerin – gibt es unter diesen Tätigkeiten eine, die du bevorzugst?

SF: Am liebsten schreibe ich Drehbücher. Das kommt mir entgegen, weil ich beim Schreiben immer Bilder vor Augen habe. In einem Bild lässt sich in kurzer Zeit sehr viel ausdrücken, was man sprachlich oftmals umständlich und mühsam umschreiben muss. Bilder wirken direkter, sind emotionaler. Gerade bei einer Komödie kommt einem das sehr entgegen. Szenen, die in meinem Kopf ablaufen, in Prosa komplett zu versprachlichen, macht deutlich mehr Arbeit. Wenn ich eine Beliebtheitsrangfolge erstellen müsste, wäre es eindeutig: 1. Drehbuch schreiben, 2. Romane schreiben, 3. Übersetzen und 4. Lektorieren. Übersetzen und Lektorieren sind die etwas ungeliebten Brotjobs, ohne die es halt nicht geht.

BK: Ist ein Drehbuch zu „Driving Phil Clune“ geplant?

SF: Die Entstehungsgeschichte von „Driving Phil Clune“ ist eher untypisch. Ich hatte den Stoff nämlich zunächst als Drehbuch unter dem Titel „Driving Tom Hanks“ geschrieben. Das Problem war natürlich, dass man Tom Hanks als „Tom Hanks“ hätte besetzen müssen, was die kleineren Produktionsfirmen dann doch abgeschreckt hat. Die wenigen Produktionsfirmen, die in der Lage wären, Schauspieler aus dieser Liga zu engagieren, lesen aber keine unverlangt eingesandten Manuskripte, so dass ich keine Produktionsfirma für den Stoff gefunden habe. Ich war aber von der Idee so überzeugt, dass ich sie in irgendeiner Form verwerten wollte.
Auf vielfache Empfehlung hin habe ich dann einen Roman daraus gemacht. In Romanform musste ich allerdings Hanks durch eine fiktionale Figur ersetzen, um nicht ins Fadenkreuz US-amerikanischer Anwälte zu geraten, die den Namen „Tom Hanks“ wie einen Markennamen schützen. Man hätte mir vorwerfen können, den Namen Tom Hanks als Werbung für mein Buch zu missbrauchen. Dann hätte ich ganz schnell eine kostenpflichtige Unterlassungsklage am Bein gehabt. Da verzichtet man halt, wenn auch mit weinendem Auge, auf die eigene künstlerische Freiheit.
Ich hoffe natürlich, dass ich im Fall eines positiven Echos auf den Roman doch noch einmal einen Werbefeldzug durch die Filmproduktionsbüros starten kann. Zumindest das Hindernis Tom Hanks wäre ja jetzt aus dem Weg geräumt.

BK: Nach welchen Kriterien entscheidest du, welches Thema sich eher für einen Roman oder ein Drehbuch eignet? Und welche grundlegenden Unterschiede ergeben sich hieraus für dich?

SF: Ob sich ein Stoff für ein Drehbuch eignet, hängt erst einmal davon ab, wie wichtig visuelle – und auch akustische – Komponenten sind. Ich habe ein Drehbuch geschrieben, in dem es um die Faszination des Schönen geht. Als Beispiel habe ich mir die historische Episode des Tulpenwahns in Holland ausgesucht. Die Schönheit einer Blume lässt sich visuell besser ausdrücken als schriftlich.
Des Weiteren habe ich einen Film über einen Musiker geschrieben. Natürlich spielt hier die Musik eine entscheidende Rolle. Es gibt ja das Genre des Musikfilms, das Genre des Musikromans aus naheliegenden Gründen nicht. Die Handlung sollte, um sie in ein 90- oder 120-Minuten Format zu packen, halbwegs kompakt sein, das heißt Ort, Zeit und Personen sollten überschaubar sein und sich ohne große Reibungsverluste in die geläufigen Strukturen eines Drehbuchs fassen lassen. Avantgarde-Filme lasse ich hier mal beiseite.
Natürlich kann man auch Filmhandlungen über mehrere Generationen spannen, doch dann ist man schnell im Mehrteiler-Bereich. Das schließe ich für mich erst einmal aus. Im Roman hat man ganz andere Freiheiten. Für den Roman, das „loose baggy monster“ wie Henry James ihn nannte, gelten weitaus weniger Regeln, das heißt Stoffe, die nicht sonderlich filmaffin sind, können durchaus die Grundlage für einen guten Roman liefern.

BK: Welches Projekt steht als nächstes an? Ein neuer Roman, ein Drehbuch oder vielleicht etwas ganz anderes?

SF: Ich habe mittlerweile einen Literaturagenten gefunden, der mich an einen Verlag vermitteln möchte. Da dies mit einem bereits erschienenen Buch nicht möglich ist, schreibe ich an einem neuen Roman. Im Übrigen einer Fortsetzung von „Driving Phil Clune“. Der US-Star hat zwar ausgedient, dafür sind Herbert, Harry und Käthe wieder mit von der Partie und sortieren die Leichen, die jeder in seinem Keller hat, was wiederum zu einigen Verwechselungen führt und im kreativen Chaos endet.

BK: Und zum Abschluss unsere BK-Spezialfrage, der sich in Bücherstadt jeder stellen muss: Stell dir vor, du wärst ein Buch – welches wärst du?

SF: Moby Dick – ungekürzt! Der lebende Beweis, dass philosophische Bücher auch extrem spannend sein können und sich Unterhaltung und Anspruch nicht ausschließen!

Driving-Phil-CluneBuchgeschenk!

Gewinnt eins von fünf Exemplaren von „Driving Phil Clune“! Um in den Lostopf zu hüpfen, beantwortet uns bis zum 06.06.16 hier in den Kommentaren folgende Frage: Welchen Star würdet ihr gerne einmal in einem Taxi befördern? Bitte hinterlasst uns eine gültige E-Mail-Adresse, damit wir euch im Falle eines Gewinns informieren können. Die GewinnerInnen werden voraussichtlich ab dem 06.06. bekanntgegeben. 

Blogtour-Stationen:
01.06. Lazy Literature: Rezension
02.06. Bücherstadt Kurier: Interview
03.06. Bleisatz: „Einmal die Jolie chauffieren!“
04.06. Zwischenwort: „Vom Drehbuch bis zum Roman“
05.06. Literaturschock: Rollenbilder und Klischees
ab 06.06. Auslosung der GewinnerInnen

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

6 Kommentare

  1. Avatar

    Ich würde gerne Colin Firth in einem Taxi befördern. Ich liebe britische Schauspieler!

    Antworten
  2. Avatar

    Ich würde gerne Charlie Sheen in einem Taxi befördern und mit ihm über sein bewegtes Leben sprechen!

    Antworten
  3. Avatar

    Hallo ,

    Ich würde gerne Julia Roberts in einem Taxi befördern
    und natürlich uber Männer mit Ihr sprechen.

    Liebe Grüße Margareta Gebhardt

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  4. Avatar

    Ich würde gerne Dustin Hoffman in einem Taxi befördern und mit ihm über sein Leben sprechen.
    😉
    LG
    Natalia

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  5. Avatar

    Ich würde Otto hmitnehme und würde mit ihm über seine Witze herrlich Lachen 😉
    LG Tanja

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  6. Bücherstadt Kurier

    Liebe Bücherstädter,

    das Los hat entschieden: Das Buch geht an Falko! Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben!

    Eure BK-Redaktion

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