Stefanie Leo

von | 24.09.2014 | Buchpranger, Im Interview, Stadtgespräch

Wenn ich ein Buch wäre, müsste ich schon allein wegen meiner Körpergröße ein Kinderbuch sein. Eins, das voller Überraschungen steckt, ein fröhliches, aber nicht oberflächliches Buch, ich schätze mal, dann bin ich wohl „Pippi Langstrumpf“.

Seit über 12 Jahren betreibt Stefanie Leo schon die Webseite Buecherkinder.de, eine Seite, auf der Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren aktuelle Kinder- und Jugendbücher bewerten. Nun hat sie eine neue Aktion ins Leben gerufen: #bookupDE. Aber was ist das eigentlich? Bücherstädterin Alexa hat nachgefragt.

BK: Liebe Stefanie, danke, dass du dir die Zeit nimmst, unsere Fragen zu beantworten! Wir verfolgen schon seit einer Weile dein Wirken in der Buchbranche und freuen uns, dich nun in der Bücherstadt begrüßen zu können. Aber ganz der Reihe nach – vielleicht magst du dich kurz unseren Lesern vorstellen?

SL: Aber gerne doch. Mein Name ist Stefanie Leo, ich bin 44 Jahre alt und betreibe seit 2002 die Webseite Buecherkinder.de, auf der Kinder und Jugendliche ihre Meinung zu aktuellen Büchern abgeben. Seit 2010 vernetze ich in den Sozialen Medien mit Leidenschaft “Kinderbuchmenschen” u.a. mit der Facebook-Seite “Ich mach was mit Kinder-Büchern“. Ich bin Jurymitglied des “Leipziger Lesekompass” und schreibe regelmäßig für die Fachzeitschrift “Eselsohr”. Am liebsten lese ich Bücher aus der Holzklasse, mittlerweile aber auch immer mehr auf meinem iPad-Mini.

BK: Wie bist du auf die Idee zu „Bücherkinder“ gekommen? Was steckt eigentlich dahinter?

SL: Mit den „Bücherkindern“ habe ich 2002 den Bogen von meinem alten Arbeitsleben (Schriftsetzerin, die damals mit dem Aufbau der ersten Webseiten des Verlags betreut war) zu meinem neuen Arbeitsleben (Mutter dreier Söhne) gespannt. Meine Vorlese- und Bilderbucherfahrungen mit meinen Kindern wollte ich gerne im Netz weitergeben. So entstand – von mir noch brav in HTML selbst programmiert – die erste Version der Webseite Buecherkinder.de. Es war dann allerdings bei rund 8.000 Neuerscheinungen im Bereich Kinder- und Jugendbuch pro Jahr nur eine Frage der Zeit bis ich mir Hilfe holen musste. Mittlerweile besteht die Kinder- und Jugendredaktion aus 60 „Mitarbeitern“ im Alter zwischen 6 und 18 Jahren. Im Bilderbuchbereich werden die Bücher von 16 erwachsenen Vorlesern teils mit eigenen Kindern bewertet.

BK: Was bedeutet Social Media für dich?

SL: Als ich Ende 2009 mit Twitter begann, war Social Media tatsächlich ein Rettungsring für mich. Ich hatte damals ein ziemliches Motivationstief, seit Jahren passierte außer aktuellen Büchern nicht viel Neues auf der Seite und tatsächlich war 2009 auch das einzige Jahr, auf dem ich die Buchmesse nicht besuchte. Mit Twitter und Facebook eröffneten sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten und mein alter Schwung kam zurück. Social Media möchte ich vor allem aus zwei Gründen nicht mehr missen: Zum einen wegen der Menschen (unglaublich wie viele interessante Menschen ich mittlerweile kennen und schätzen gelernt habe), zum anderen würde mir der Blick über den Tellerrand z.B. hinüber zu Kunst und Kultur wirklich fehlen.

BK: Nun hast du eine neue Aktion ins Leben gerufen: #bookupDE – Was ist das eigentlich?

SL: Die Idee zu #bookupDE entstand bei einem sogenannten Blick über den Tellerrand, nämlich bei der Teilnahme an einem stARTcamp. Dort wurde der Einsatz von sogenannten #tweetups im Bereich von Museen und anderen Kulturbetrieben diskutiert und ich überlegte, ob das für das Kulturgut Buch nicht auch irgendwie übertragbar sei. Auf Twitter habe ich das Format #bookupDE einmal in 140 Zeichen so erklärt: „Buchbegeisterte treffen sich an bibliophilen Orten (Buchhandlung, Verlag, etc.) und berichten live per Social Media. Ausführlicher stand ich Simone von Papiergeflüster in einem Podcast Rede und Antwort: www.papiergefluester.com

BK: Wer kann daran teilnehmen?

SL: Für die Organisation eines bookupDE-Treffens gehören eigentlich zwei Parteien. Einmal der Ort nebst Veranstalter (z.B. Buchhandlung, Verlag, Bibliothek etc.) und eine Kontaktperson (z.B. ein regelmäßiger Kunde/Besucher). Beide sollten medial gut vernetzt sein. Sie organisieren dann ein Treffen, zu dem weitere Social Media „Aktivisten“ eingeladen werden. Vor Ort heißt es dann „Handy raus und nicht Handy aus!“, damit die Teilnehmer live via Facebook, Twitter, Instagram usw. berichten können. Ein kleines Programm ist schön, aber nicht zwingend notwendig. Auch Offliner sind gerne gesehen, sollten aber im Vorfeld wissen, auf was sie sich einlassen. Zwanzig Menschen, die in Smartphones tippen, sind bisweilen etwas gewöhnungsbedürftig. 😉

BK: Bücherkinder, #bookupDE – was machst du außerdem?

SL: Seit 2005 biete ich, besonders in der Vorweihnachtszeit, Büchertische für Solinger Kindertagesstätten an. Dann heißt es vier Wochen lang Bücher schleppen und Ausstellungen auf- und abbauen. Seit 2012 gibt es zudem regelmäßig Lesungen in meinem Wohnzimmer. Bis zu 35 Personen finden Platz, wenn das Wohnzimmer einmal ausgeräumt ist. Am kommenden Freitag (26.9.) ist es wieder soweit, dann gibt es mit Kai Lüftner eine Lesung für Kinder. Am 6.12. erwarte ich die Düsseldorfer Autorin Gina Mayer, mittlerweile schon zum dritten Mal. Auch unter den Zuhörern gibt es viele Wiederholungstäter. Und wenn sich die Bürotür hinter mir schließt bin ich natürlich auch noch Ehefrau und Mutter von drei Söhnen (11, 14 und 16), und dann sind meine 24 Stunden pro Tag auch schon gut gefüllt.

BK: Wie sieht bei dir ein Arbeitstag aus?

SL: Mein Bürotag beginnt meist zwischen 8 und 9 Uhr. Zuerst werfe ich einen Blick in Twitter, Facebook Feedly und meine Mails. Interessante Beiträge werden kommentiert oder geteilt. Dann kümmere ich mich um die Buecherkinder-Datenbank, füttere sie mit neuen Büchern oder neuen Rezensionen der Redaktion. Diese werden dann natürlich auch in den Sozialen Medien geteilt. Manchmal geht aber auch ein ganzer Vormittag drauf, um Büchersendungen für die Redaktion fertig zu machen.

BK: Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß?

SL: Sie ist unheimlich vielfältig. Ich bin wie ein kleines Kind an Weihnachten, wenn mich die Buchpakete mit Neuerscheinungen erreichen. Ich werde auch nach zwölf Jahren nicht müde, mich an den schönen Büchern zu erfreuen. Natürlich lese ich auch gerne, wobei da manchmal tatsächlich die Muße für fehlt. Ich mag den Austausch und die Kommunikation in den Sozialen Medien, ich wäre ja sonst ganz schön allein in meinem Büro.

BK: Was gefällt dir eher weniger?

SL: Nun ja, wer selbstständig ist, muss natürlich auch den ganzen Bürokramerledigen. Rechnungen schreiben, Bücher bestellen, Umsatzsteuer machen gehören nicht wirklich zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.

BK: Ist schon eine neue Aktion in Planung? Was steht als nächstes an?

SL: Eine neue Aktion ist zurzeit nicht in Planung, da ich über beide Ohren mit dem Relaunch der Buecherkinder-Webseite beschäftigt bin. Nun freue ich mich erst einmal, an weiteren BookupDE-Treffen teilzunehmen und wer weiß auf was für verrückte Ideen ich dann 2015 komme?!

BK: Und was machst du, wenn du nicht arbeitest?

SL: Wenn ich nicht arbeite, leite ich einen kleinen erfolgreichen Familienbetrieb 😉 Nein, Spaß beiseite, ich bin ein Familienmensch mit allem, was dazu gehört. Trotzdem bleibt immer noch Zeit für mich. Die fülle ich dann gerne mit Lesen, Yoga, Nordic Walking und Klavierspielen.

BK: Liest du eigentlich nur Kinder- und Jugendbücher?

SL: Ja. Mit einer kleinen Einschränkung: Im Urlaub habe ich immer auch ein Buch für „Große“ dabei. Allerdings ist Kinder- und Jugendliteratur so vielfältig, außergewöhnlich und oft auch sprachlich anspruchsvoll, dass ich die Belletristik nicht wirklich vermisse.

BK: Auf welche 3 Neuerscheinungen freust du dich besonders?

SL:
1. „Sultan und Kotzbrocken in einer Welt ohne Kissen“ von Claudia Schreiber, weil ich mich mit meinen Kindern vor 10 Jahren über den ersten Band schon so köstlich amüsiert habe und mir nicht vorstellen kann, wie der Sultan in Band 2 ohne seine Kissen auskommen wird.
2. „Das wilde Buch“ von Juan Villoro, weil mich der Klappentext furchtbar neugierig gemacht hat. Wer will dieses geheimnisvolle Buch, das sich in den Labyrinthen einer Bibliothek vor dem Leser versteckt, nicht lesen?
3. „Leonore und ihre Töchter“ von Gina Mayer, weil ich die immer gut recherchierten historischen Romane der Autorin bisher alle verschlungen habe und sie mit genau diesem Buch zur Wohnzimmerlesung kommt.

BK: Gibt es ein Buch, das dir besonders am Herzen liegt?

SL: Das ist eine böse Frage, es gehört verboten, sie Viellesern zu stellen. 😉 Aber der Neuerscheinung „Zerbrochener Mond“ von Sally Gardner wünsche ich ganz viele Leser. Die Geschichte des besonderen Helden Standish Treadwell hat mich im Innersten berührt. Sie erzählt mit einfachen, doch poetischen Worten von Faschismus, Rassenwahn und Unterdrückung, aber auch von wundervollen Menschen, Freundschaft und einer Hoffnung, die niemals stirbt.

BK: Und zu guter Letzt unsere BK-Special-Fragen: Stell dir vor, du wärst ein Buch – welches wärst du?

SL: Wenn ich ein Buch wäre, müsste ich schon allein wegen meiner Körpergröße ein Kinderbuch sein. Eins, das voller Überraschungen steckt, ein fröhliches, aber nicht oberflächliches Buch, ich schätze mal, dann bin ich wohl „Pippi Langstrumpf“. 🙂

BK: Was machst du, wenn dich unser Buchfink besuchen kommt?

SL: Dann darf er sich gerne auf meine Schulter setzen und mir ein wenig bei der Arbeit zuschauen. Später gibt es dann Kaffee für mich und Wasser und Samen für den Buchfink. Und wenn er weiterfliegt, darf er gerne im Netz von seinem Besuch bei mir zwitschern.

Foto: Sandra Rudel

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