Kriegsfotografen erzählen

von | 29.09.2015 | Buchpranger, Sach- und Fachbücher

In Zeitungen, im Fernsehen, im Internet – überall sehen wir Bilder, die Krisenregionen zeigen, die von Krieg und Gewalt erzählen. Während Nachrichtenagenturen die Bilder nur veröffentlichen, begeben sich Kriegsfotografen in Gefahr, um uns die Augen zu öffnen. In „Bilderkrieger“, herausgegeben von Michael Kamber, findet sich eine Auswahl an Interviews mit Kriegsfotografen. Was sie zu erzählen haben, ist erschreckend. – Von Zeichensetzerin Alexa

Auch wenn aus den Interviews hervorgeht, dass die Fotografen unterschiedliche Ansichten und Einstellungen haben, so sind sie sich doch in einem Punkt einig: Der Krieg ist grausam. Das in seinen Bildern zu vermitteln, empfindet Fotograf Christoph Bangert als wichtig. Für ihn spielt es keine Rolle, ob es die Leser interessiert oder nicht. Ob etwas wichtig genug ist, dass man darüber berichtet, muss seiner Meinung nach jeder selbst entscheiden.

Entscheidungsfreiheit haben die Fotografen allerdings nur zum Teil. Zwar bestimmen sie, was und wen sie fotografieren, und darüber, welche Bilder sie den Agenturen schicken. Doch wie und wo die Bilder veröffentlicht werden, können sie oftmals nicht beeinflussen. „Ich habe in den drei Jahren 7500 Fotos verschickt, keine Ahnung, wie die verwendet wurden“, meint Marco di Lauro. Da er im Irak war, konnte er die Verwendung seiner Bilder nicht nachverfolgen.

Peter van Agtmael hingegen hatte den Eindruck, dass das, was er erlebt hat, in den Medien nicht rüberkam. Die Erfahrungen, die ihm wichtig waren, alles, was ihn bewegt hat, wurde nicht publiziert. Auch wenn er versucht, ein „wahrheitsgemäßer Fotograf“ zu sein, unterscheidet er das von der Objektivität. Denn am Ende sei er es, der einen Bildausschnitt aussucht, der eine Auswahl trifft – wo sei da die Objektivität?

Welchen Anspruch haben Kriegsfotografen? Die einen wollen die Realität darstellen, andere legen Wert auf Ästhetik. Patrick Chauvel meint dazu: „Scheiß auf das journalistische Credo! Ich bin kein Journalist. Ich bin Fotograf. […] Ich glaube nicht an Neutralität. Das ist Feigheit. Wenn die Waffen gezogen sind, gibt es keinen Respekt. Es gilt das Recht des Stärkeren.“

Viele Geschichten haben die Kriegsfotografen zu erzählen. Darüber, was es heißt als Embedded Journalist oder als Frau unterwegs zu sein, was die Fotografen für ihren Job aufgeben müssen, welches Leben sie nach dem Krieg führen. Die Grausamkeiten, die sie erleben, verfolgen sie auch Jahre später noch. Von einem „normalen Alltag“ kann da keine Rede sein. Warum begeben sich diese Menschen in solche Gefahren? Sie wollen uns die Augen öffnen, uns zeigen, was vor sich geht, stets in der Hoffnung, etwas bewirken zu können: „Ich würde gerne daran glauben, dass Fotografie einen positiven Einfluss hat. Ich finde die Idee inspirierend, dass Fotografie dazu beitragen kann, Kriege zu beenden.“ (Peter van Agtmael)

„Bilderkrieger“ ist nicht nur ein Buch, das die Brutalität des Krieges aufzeigt, sondern auch von verschiedenen Perspektiven beleuchtet, was der Beruf „Kriegsfotograf“ bedeutet. Nicht selten erschüttert der Inhalt, so manches Bild vermag Entsetzen hervorzurufen. Es sind Worte, Bilder, die man so schnell nicht vergisst, die einen tief berühren; Unglauben, Trauer, Mitgefühl, Wut, Angst, Hoffnung – all das wird beim Lesen dieses Werkes erzeugt. Wie muss es da den Kriegsfotografen gehen? Don McCullin sagt: „Durch die Kamera zu sehen, was andere nicht ertragen könnten, gehört zum Beruf, doch in all den Jahren habe ich es nie geschafft, meine Gefühle auszuschalten. Ich glaube nicht, dass es richtig wäre.“

Bilderkrieger. Von jenen, die ausziehen, uns die Augen zu öffnen. Kriegsfotografen erzählen. Hrsg.: Michael Kamber. Übersetzung und Bearbeitung: Fred Grimm. Ankerherz Verlag. 2013.

 

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

1 Kommentar

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    Hat dies auf Wunderwaldverlag rebloggt.

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