Inferno – Wie man einen Bestseller verbrennt

von | 19.12.2016 | Filme, Filmtheater

Der dritte Teil der legendären Reihe um Robert Langdon ist gerade im Kino zu sehen. Oder besser gesagt: Zwar eine auf Dan Browns Roman-Thriller „Inferno“ (2013) beruhende Version, die aber nicht dem Buch gerecht wird. Geschichtenzeichnerin Celina hat den Roman mit dem gleichnamigen Film verglichen.

Ein wesentlicher Umriss zum „Inferno“

Robert Langdon, ein Professor für Kunstgeschichte und Symbologie an der Harvard University, wacht mit einer Amnesie in einem Krankenhauszimmer auf. Die junge Ärztin Dr. Sienna Brooks erklärt ihm, dass er mit einem Streifschuss am Kopf vor drei Stunden ins Krankenhaus gekommen sei. Aber Langdon kann sich an nichts erinnern. Erst durch einen Blick aus dem Fenster weiß er, dass er in Florenz ist. Wie ist er hierhergekommen und warum? Zudem wird er verfolgt.
Während der Unterredung mit Sienna, kommt eine Frau namens Vayentha auf sein Krankenzimmer zugelaufen. Sie schießt einen anderen Arzt nieder. Sienna verbarrikadiert die Tür und flieht mit Langdon in ihre Wohnung.

Wenig später findet Langdon in seinem Mantel einen Bio-Tube, ein Behälter für chemisches Gefahrengut. Darin befindet sich ein Rollsiegel, eine Art Mini-Projektor, der Botticellis Mappa dell‘Inferno abbilden kann. Das Werk ist aber in abgeänderter Form dargestellt. Es sind auch Buchstaben hinzugefügt worden, die richtig zusammengesetzt bedeuten: CERCA TROVA – Suche und du wirst finden. Dieser Satz weist auf ein Bild im Vecchio-Palast hin, in dem Giorgio Vasari diesen unauffällig in seinem Kunstwerk versteckt hat. Allerdings hohlen Roberts und Siennas Verfolger immer noch auf. Trotzdem schaffen die beiden es in den Palast und finden dort heraus, dass offenbar auf der Totenmaske von Dante Alighieri weitere Hinweise stehen müssen. Videoaufnahmen belegen jedoch, dass diese kurz zuvor entwendet wurden, wobei auch Langdon selbst beim Diebstahl beteiligt war. Er kann sich aber nicht daran erinnern.

Vor Robert Langdon tut sich nach und nach ein Plan auf, der die ganze Welt bedroht. Ein Plan des Biochemikers Bertrand Zobrist, der anstrebt, das Problem der Überbevölkerung durch einen gefährlichen Krankheitserreger zu lösen. Ob Zobrists Inferno verhindert werden kann, erfahrt ihr am besten, wenn ihr das Buch lest.

Buch vs. Film

Das Buch ist genial geschrieben und erzählt mit viel Liebe zum Detail eine aufregende, spannende und komplexe Geschichte. Größtenteils kann der Film auch mithalten, aber das Ende weicht stark vom Original ab.
Um das Problem der Überbevölkerung zu lösen, erschafft Zobrist im Buch einen Erreger, der 1/3 der Weltbevölkerung unfruchtbar machen soll. Im Film gibt es diesen nicht. Nur einen Killer-Virus. Weiterhin wird nicht erzählt, dass Zobrist Anhänger des Transhumanismus ist, also einer philosophischen Denkrichtung, die die Grenzen menschlicher Möglichkeiten durch den Einsatz technologischer Verfahren erweitern will. Er arbeitet somit ebenso daran, die Menschheit genetisch und technologisch voran zu bringen und resistenter zu machen. Durch diesen Wegfall kommt es im Film zum Schwarz-weiß-Denken. Ein Kampf zwischen Gut und Böse. Und Robert ist da natürlich einer von den Guten, die versuchen Zobrist aufzuhalten.

Im Buch wird außerdem versucht, das Virus aufzuhalten, aber es geht mehr darum, auch für die Zukunft, andere und neue Lösungen zu suchen. Auch Siennas Rolle und Charakter sind für den Film stark umgeschrieben worden, damit es in den Gut-Böse-Konflikt passt, was sehr schade ist. Hinzu kommt, dass das Buch ein eher offenes Ende hat und im Film ein Happy End präsentiert wird. Beinah wirkt es so, als ob nach einem Dreiviertel des Films das Geld ausgegangen ist und die Macher schnell zum Abschluss kommen wollten.
Für Leute, die das Buch gelesen haben, kann der Film eine Enttäuschung sein. Nicht-Leser können den Film als Hollywoodstreifen mit viel Action und Unterhaltungswert wahrnehmen.

Film-Flopp?

Der Film „Inferno“ ist mittlerweile auch in den USA angelaufen, konnte aber bisher „nur“ 15 Millionen Dollar einspielen. Im Vergleich: Die Startresonanz zu „The Da Vinci Code – Sakrileg“ (2006) lag bei 77,1 Millionen Dollar und bei „Illuminati“ (2009) waren es 46,2 Millionen Dollar. Woran das liegen mag? Immerhin sollte sich die 75-Millionen-Dollar-Produktion für Sony dennoch lohnen, da weltweit bereits 150 Millionen Dollar eingespielt wurden. Finanziell betrachtet war es also kein Flop.

Regt es Brown nicht auf, dass sein Werk im Film so anderes dargestellt wird?

Richtig aufregen tut es ihn anscheinend nicht. Bei Kurier.at meinte er: „[…] das ist immer hart. Ich habe 150.000 Wörter geschrieben, 90 Prozent von all dem wird jetzt weggestrichen. Aber ich arbeite mit einigen der besten Filmemachern der Welt, ich habe großes Vertrauen. Egal, was Ron Howard macht, im Endeffekt sage ich immer: Das ist gut so.“

Inferno. Regie: Ron Howard. Drehbuch: David Koepp. Darsteller: Tom Hanks, Felicity Jones, Ben Foster u.a. Sony Pictures. FSK 12. 2016.

Bücherstadt Magazin

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