Empfehlenswerte Graphic Novels

von | 19.02.2016 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Bilder, Sprache – Bildersprache. Bücherstädterinnen Alexa und Natalie haben zu Graphic Novels gegriffen, die zwischen 2011 und 2014 erschienen sind. Dass sich die Lektüre von älterer Literatur lohnt, ist zweifellos. Doch welche? Hier findet ihr vier empfehlenswerte Graphic Novels.

Alte MeisterOh, Meister!

Ach, die alten Meister. Wir können noch so viel von ihnen lernen! Dass sie alles andere als perfekt waren, zum Beispiel, oder nicht alles, was sie schufen, auch so geplant haben. „(…) kein einziger von ihnen hat hundertprozentig ein geniales Bild gemalt, das ist keinem von diesen sogenannten Meistern jemals gelungen“, heißt es in Thomas Bernhards „Alte Meister“, hier in einer sehr gelungenen Graphic Novel von Nicolas Mahler.
In einfachen Karikaturen bringt uns der Zeichner die Komödie näher: vieles ist nur angedeutet, das Abgebildete verzichtet auf unnötige Details, mit Farben wird sparsam umgegangen – genauer: nur Gelb wird verwendet, um das eine oder andere Merkmal hervorzuheben. Wobei hier die Frage in den Sinn kommt, ob das, was gelb gestrichen ist, hier und da nicht sogar ablenken soll. Aber das kommt sicher auf die subjektive Betrachtung an – wie eben vor jedem Kunstwerk in einer Kunsthalle oder einem Museum.
Hier ist es das Wiener Kunsthistorische Museum, in dem sich Protagonist Reger regelmäßig einfindet. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive seines Freundes Atzbacher, den er bittet, sich ausnahmsweise an einem Samstag mit ihm zu treffen. Den Grund dafür eröffnet uns Reger erst ganz zum Schluss. Vorher ist er sehr damit beschäftigt, sich über die alten Meister auszulassen, über die Kunst allgemein und überhaupt alles um ihn herum. Aus seinem Munde entspringen keine löblichen Worte, und dennoch sitzt Reger jeden zweiten Vormittag im Museum und betrachtet stumm das Bild Tintorettos „Weißbärtiger Mann“. Was würden nur die alten Meister dazu sagen?

Der SpielerDer Spieler

Dostojewskis „Der Spieler“ wurde bereits mehrfach adaptiert: Es gibt Neuauflagen des Romans mit unterschiedlichen Übersetzungen, Hörbücher, und Verfilmungen. 2012 veröffentlichte der Splitter-Verlag eine Graphic Novel.
Die Umsetzung der Geschichte als Graphic Novel entspricht nicht ganz der Vorlage, auch wenn das Grundgerüst das Gleiche ist. Hier dominiert das Bild, der Text beschränkt sich auf das Wesentliche, manche Handlungsstränge fehlen ganz. Diese Interpretation des Klassikers wirkt noch etwas zugespitzter als in der Hörbuch-Version. Die Charaktere erscheinen einem bösartiger, unsympathischer als sie schon sind, gekennzeichnet durch die groben, leicht verstellten Gesichtszüge. Als seien die Charaktere allesamt besessen von ihren Reichtümern und ihrer Selbstverliebtheit, der Spielsucht verfallen und damit verloren. Allein schon wegen dieser grotesken künstlerischen Umsetzung, lohnt sich ein Blick in diese Lektüre, zeigt sie doch, dass Werke unterschiedlich interpretiert werden können, je nachdem worauf die Adaption ihren Schwerpunkt legt.

Böse GeisterGibt es Geister?

Als Erwachsener kehrt Harry an den Ort seiner Kindheit zurück. Doch kaum etwas ist von diesem Ort geblieben: verfallen ist die Umgebung, die Gebäude zerstört. Auch der Comicshop, den er als Kind so oft besucht hatte. Stets hat ihm der Ladenbesitzer Comics geschenkt, wenn er im Gegenzug die Regale sortierte. Gespenster-Harry wurde er genannt, weil er am liebsten Gruselgeschichten gelesen hat. Doch existieren diese Geister wirklich?
In Erinnerungen versunken kommt die Trauer um den Tod des Vaters wieder hoch. Nicht leicht hatte es Harry als Kind: in der Schule lief es nicht gut, der Lehrer war streng, der Vater fehlte. So sehr fehlte er ihm, dass er beschloss, ihn zurückzuholen. Doch hat er das damals wirklich erlebt? Oder spielt ihm das Gedächtnis einen Streich?
„Böse Geister“ hält, was es verspricht: die mysteriöse Geschichte beeindruckt durch das erzählte Wesentliche, während die Zeichnungen da beginnen, wo Sprache endet. Durch das, was man sieht und was man nicht sieht, wird das Geheimnisvolle und Unbekannte verdeutlicht und eine Atmosphäre geschaffen, die bedrückend und eindringlich ist.

Das etwas andere „Kochbuch“Vergiss nicht, das Salz auszuwaschen

Allein in ein fremdes Land zu reisen und sich dort in Kultur und Küche zurechtzufinden, ohne sich selbst oder die eigene Kultur zu verlieren, ist schon eine Herausforderung. Genau diese nimmt die Koreanerin Hana an und reist auf eigene Faust nach Deutschland. Das Land, die Kultur und das Essen sind ihr fremd. Doch sie wagt sich in jedes neue Abenteuer. Allerdings holen sie Versagensängste sowie Befürchtungen, die eigenen Sitten und Gebräuche zu vergessen, ein. So kommt sie immer wieder auf das koreanische Nationalgericht Kimchi zurück.
„Vergiss nicht, das Salz auszuwaschen“ ist eine sehr emotionsgeladene Graphic Novel, die mit ihrem Zeichenstil und der damit einhergehenden Stimmung begeistert. Man wird in Hanas Welt eingesogen und möchte ihr helfen sich zurechtzufinden. Die Geschichte entzieht sich dabei immer wieder der Realität und so werden Menschen aus Laptops gezogen und Gedanken zu sichtbaren Strömen. In der Graphic Novel findet sich sogar ein Rezept für Kimchi wieder, das detailliert gezeichnet die Arbeitsschritte zeigt. Eine Graphic Novel, die Lust auf die koreanische Küche macht!

Alte Meister. Thomas Bernhard. Illustration: Nicolas Mahler. Suhrkamp. 2011.
Der Spieler. Fiodor Dostojewski, Miquel. Illustration: Godart. Übersetzer: Resel Rebiersch. Splitter-Verlag. 2012.
Böse Geister. Peer Meter. Illustration: Gerda Raidt. Reprodukt. 2013.
Vergiss nicht, das Salz auszuwaschen. Sohyun Jung. mairisch Verlag. 2014.
Rezensionen: Alexa und Natalie (Vergiss nicht, das Salz auszuwaschen)

Bücherstadt Magazin

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