Ein echter „Potter“ oder eine verwunschene Fortsetzung?

von | 22.09.2016 | Buchpranger

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Am 24. September erscheint der achte „Harry Potter“ endlich auch auf Deutsch. Buchstaplerin Maike und Zeilenschwimmerin Ronja konnten nicht so lange warten und haben es schon auf Englisch gelesen. Was sie darüber denken, verraten sie in einem spoilerfreien Interview mit sich selbst.

Was habt ihr gedacht, als herauskam, dass es einen neuen „Potter“ geben wird?

ZR: „Hoffentlich ruiniert das nicht alles.“ Natürlich habe ich mich auch gefreut, schließlich steckt das Harry-Potter-Fieber selbst nach Jahren immer noch in mir drin. Unheilbar, würde ich sagen. Aber so spannend es auch ist, mehr über die Figuren oder die Welt einer Geschichte zu erfahren, weiß ich mittlerweile, dass weniger manchmal mehr ist.

BM: „Frau Rowling, das wird besser gut!“ Mein elfjähriges Ich, das noch immer auf den Hogwarts-Brief wartet, war entzückt, einer neuen Generation Potter-Figuren nach Hogwarts folgen zu können. Mein 25-jähriges, kritisches Ich war da schon skeptischer. In den „alten“ Büchern kann man mit etwas Abstand so viele Schwächen erkennen, und vielleicht verschlimmbessert eine neue Geschichte ja alles?

Was habt ihr erwartet?

ZR: Magie und Witz. Harry Potter, seine Familie und seine Freunde. Aber inhaltlich hatte ich keine richtigen Erwartungen, außer dass es einen neuen Handlungsmittelpunkt gibt. Ich habe mich auch aktiv von allen Spekulationen ferngehalten, um mich wirklich überraschen zu lassen.

BM: Dieselben skurrilen Schauplätze und Abenteuer, wie ich sie schon kenne und liebe. Vielleicht, dass neue Ecken in Hogwarts erkundet werden und dass alte Konflikte mal bereinigt werden. Mehr Magischen Alltag, ohne alltäglich zu sein.

Wie schnell habt ihr es gelesen?

ZR: Schnell, möchte ich behaupten. Tatsächlich habe ich es in wenigen Stunden fast an einem Stück durchgelesen.

BM: Bei mir war es genauso! Als ich einmal angefangen hatte, konnte ich das Buch nur dann zur Seite legen, wenn mir die Handlung den Atem verschlagen hat und ich tief durchatmen oder herumfuchteln musste.

War es gut zu lesen, obwohl es ein dramatischer Text ist?

ZR: Ja. Das ist kein Problem. Die Dialoge sind so, wie sie in einem Roman auch wären, und Regieanweisungen gibt es im Verhältnis eher wenige. Aber auch die stören nicht. Sprachlich ist es sehr angenehm und man kann der Geschichte gut folgen.

BM: Es ist ja nichts Neues, ein Drama wie einen Roman zu lesen und sich die Bühnenhandlung vorzustellen. Mein altes Problem war, dass ich oft die Namen überlesen habe und dann durcheinander war, wer eigentlich spricht. Schwierigkeiten, das Kopfkino anzukurbeln, hatte ich jedenfalls nicht!

Entspricht es euren Vorstellungen?

ZR: Jein. Ich möchte nicht zu viel verraten, um niemanden das Lesevergnügen zu verderben. Sicher ist, dass es Witz und Magie hat. Harry kommt vor, Familie und Freunde nur in Teilen. Über den Inhalt schweige ich mich besser aus.

BM: Schrödingers Achter „Potter“, würde ich sagen! Es ist genauso magisch und verdreht, wie „Harry Potter“ sein muss. Und gleichzeitig sollte man manchmal den eigenen Helden nach ihren Abenteuern vielleicht nicht beim Altern zugucken. Und immerhin hatten wir viele Jahre Zeit, uns unseren Headcanons zusammenzustellen – dass Frau Rowling hier und da etwas schreibt, wo wir denken „Na aber DAS hätte ich anders gemacht“, ist klar.

Es gibt ja bereits viele Kritiken, in denen gesagt wird, dies sei kein „echter Potter“, dass sich das Buch mehr liest wie FanFiction. Was sagt ihr dazu?

ZR: Es ist nicht vollkommen abwegig. Nicht von der Schreibweise her, das auf keinen Fall. Bloß gibt es einige inhaltliche Punkte, die diesen Vergleich zulassen.

BM: Was ist ein „echter Potter“? Und ist FanFiction ein negatives Qualitätsmerkmal? Aber ja, es gibt einige „Hoppla, wo kommt das denn her?“-Momente, die auch in FanFiction nicht abwegig wären.

Wie ist eure abschließende Meinung zu „Harry Potter and the Cursed Child“?

ZR: Zwiespältig. Es hat Spaß gemacht, es zu lesen, sich wieder einmal dem Potter-Fieber zu ergeben, denn es gibt vieles im Buch, was schön, lustig oder auch anrührend war. Anderes wiederum hinterließ mich ein wenig verwirrt, (negativ) überrascht und auch ungläubig. Als Leserin und Fan akzeptiere und respektiere ich Rowlings Fortführung der Geschichte. Aber ob es mir gefällt, ist eine andere Frage.

BM: Es kann für mich nie genug Harry Potter geben, oder besser gesagt, Geschichten aus der Magischen Welt. Andererseits machen mich einige Dinge in diesem Buch unglücklich oder wütend. Ich kann gut damit leben, diese Fortführung nur als Vorschlag zu sehen, wie es mit Harry weitergehen könnte. Und wäre mir ein neuer Roman statt eines Skripts lieber gewesen (genauso, wie mir in den neuen Kurzgeschichten-Bänden echte Kurzgeschichten lieber gewesen wären)? Wahrscheinlich. Vielleicht ist „The Cursed Child“ live auf der Bühne magischer – schade, dass es nicht so viele Menschen sehen können. Frau Rowling, wie wäre es mit einer DVD-Fassung?

Habt ihr „The Cursed Child“ auch schon verschlungen oder sogar ein Theater-Ticket ergattern können? Schreibt uns in den Kommentaren, wie ihr unsere Interviewfragen beantworten würdet.

Harry Potter and the Cursed Child. Parts I & II (Special Rehearsal Edition Script). J. K. Rowling, John Tiffany, Jack Thorne. Little, Brown. 2016. / Harry Potter und das verwunschene Kind. Teil eins und zwei (Special Rehearsal Edition Script). J. K. Rowling, John Tiffany, Jack Thorne. Aus dem Englischen von Klaus Fritz. Carlsen. 2016.

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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