Schon Titel und Klappentext versprechen eine schwere Kost. Ein Versprechen, das eingehalten wird. Warum „Wie der Atem in uns“ trotzdem Sommerlektüre sein kann, erklärt Zeilenschwimmerin Ronja.
Wie jedes Jahr fährt die Familie Leibritzky auch 1948 in ihr Sommerhaus am Strand. Besonders die drei Schwestern und ihre Kinder genießen die Zeit am Meer und lassen ihre Alltagssorgen hinter sich zurück. Doch mit einem Mal ändert sich alles, als der jüngste Sohn, David, von einem Auto überfahren wird und an den Folgen stirbt.
Der gesamte Roman dreht sich um diesen Sommer, bleibt jedoch nicht dabei. Es geht ebenso darum, wie die Familienmitglieder mit dem Tod des Kindes umgehen und wie ihr Leben weitergeht. Die Erzählung übernimmt Davids etwas ältere Schwester Molly. Sie berichtet rückblickend, doch nicht chronologisch. Immer wieder unterbrechen Vor- und Rückblenden den Bericht vom Sommer 1948. Sie geben Einblicke in die Vorgeschichte der Familienmitglieder und Ausblicke darauf, was nach diesem Sommer mit ihnen geschieht. Auch wenn dieses ständige Vor und Zurück zu Beginn des Romans noch verwirrend sein mag, legt sich dies später. Tatsächlich geben diese Zeitsprünge dem Roman erst eine gewisse Spannung.
Einfach zu lesen ist es dadurch allerdings nicht. Sprachlich ist der Roman zwar sehr angenehm, dennoch ist eine Lesepause zwischendurch zum Verarbeiten nicht verkehrt. Zeit genug, um beispielsweise im Meer „einzutauchen“ so wie die drei Schwestern jeden Morgen.
„Wie der Atem in uns“ wirkt für viele vielleicht, abgesehen von der Tatsache, dass das Buch am Meer spielt, nicht gerade wie die geeignete Sommerlektüre. Zu tragisch, zu melancholisch. Ja, auch. Aber nicht nur. Ich möchte nicht behaupten, „Wie der Atem in uns“ würde am Ende geradezu vor Hoffnung übersprühen. Das wäre gelogen. Tatsächlich ist der Roman voll von Figuren, die sich die Schuld am Geschehen geben und am Ende nicht das Leben führen, das sie sich eigentlich erträumt hatten. Es endet jedoch auch nicht völlig niederschmetternd. Der richtige Ausdruck für das Ende ist wohl Normalität. Ausgehend von dem Loch, in das der Tod eines Familienmitglieds die anderen fallen lassen kann, ist das vielleicht sogar hoffnungsvoll.
Wer also etwas Schwergewichtiges sucht, das seine/n Leser/in aber nicht völlig am Boden zerstört zurück lässt, kann „Wie der Atem in uns“ auf die Liste setzen.
Wie der Atem in uns. Elisabeth Poliner. Übersetzung: Maja Ueberle-Pfaff. DuMont. 2016.
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