Goethes Trauerspiel „Clavigo“

von | 07.04.2013 | Buchpranger

Johann Heinrich Merck: „Solch einen Quark musst du mir künftig nicht mehr schreiben“.

Die Landesbühne Niedersachsen Nord präsentierte Johann Wolfgang von Goethes Trauerspiel „Clavigo“ im Neuen Theater Emden, veranstaltet vom Kulturbüro Emden. Regie führte Jan Steinbach, in den Hauptrollen waren u.a. André Lassen, Cino Djavid und Sebastian Moske.

Das Stück spielt im Jahre 1764 in Madrid. Es handelt von dem Schriftsteller Clavigo (André Lassen), der sich zwischen Frau und Karriere nicht entscheiden kann. Als er nach Madrid kommt, ist er ein mittelloser Mann, bis man ihn im Hause Guilbert aufnimmt. Er ist so dankbar dafür, dass er sich mit Marie (Amélie Miloy), der Tochter des Hauses, verlobt. Viele Jahre später erhält er die Möglichkeit, Archivarius des Königs zu werden. Clavigo lässt sich von seinem Freund Carlos (Cino Djavid) beeinflussen und verlässt seine Verlobte, um die Stelle am Königshof anzunehmen. Eine Entscheidung, die fatale Folgen mit sich bringt. Als Maries Bruder Beaumarchais (Sebastian Moske) von ihrem Leid erfährt, macht er sich sofort auf den Weg, um sich für Marie und ihre Ehre einzusetzen. Dazu stattet er Clavigo einen Besuch ab…

Goethe schrieb sein Trauerspiel Clavigo in nur acht Tagen. Dabei verfolgte er eine für ihn typische Arbeitstechnik und konzentrierte sich gleichzeitig auf eins seiner wichtigsten Themen. „Clavigo“ und „Werther“, welcher nur kurz darauf entstand, sind sich sehr ähnlich. Während Werther seine Liebste Charlotte in eine tiefe Krise stürzt und sich erschießt, treibt Beaumarchais seine Schwester in den Tod und ermordet Clavigo. Mit seinen negativ dargestellten Figuren warnt Goethe vor einem nur von Emotionen geleiteten Handeln. Sein Schriftstellerkollege Johann Heinrich Merck äußerte sich über „Clavigo“: „Solch einen Quark musst du mir künftig nicht mehr schreiben“. Auch heute gilt dieses Werk unter Literaturwissenschaftlern nur als halbwegs gelungen, und doch hat es sich über zweihundert Jahre im Theater behauptet.

In „Clavigo“ wird die Lächerlichkeit menschlichen Verhaltens vor Augen geführt. Abrupte Wendungen im fünften Akt wirken wie eine Parodie: Clavigos plötzliche Reue, Beaumarchais verzeiht ihm, nachdem er ihn ermodet hat… Das Stück scheint unausgereift, skizzenhaft und lässt viele Fragen offen. Figuren, die weder gut noch böse sind und in ihrer Einstellung und Meinung zwiespältig, erscheinen glaubwürdig und menschlich. Etwas, was sich grundlegend von der damaligen Literatur unterscheidet und „Clavigo“ zu einem modernen Theaterstück macht.

Eine Rezension zu Goethes „Werther“ findet ihr übrigens in der 6. Ausgabe des BÜCHERSTADT KURIERS.

Alexa

Fotos © Landesbühne Niedersachsen Nord

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