Eine gute Idee?
„Eine Hammer-Idee! Wirklich.“ R schlug seinem Chef etwas zu hart auf den Rücken. Dieser verschluckte sich und begann sogleich zu husten. Sein teurer Cocktail hatte sich einem Sprühregen gleich über den feinen weißen Sand verteilt. Er blickte R vorwurfsvoll an. „Hoffentlich klappt das mit dem Nachsende-Auftrag.“
„Wird schon schief gehen.“ R winkte ab und sog an seinem Strohhalm, während die nächste weißgekrönte Welle heranrollte.
„Das könnte ich mir nicht verzeihen und die Kinder sicher auch nicht.“
„Trotzdem! Guck doch mal.“ R holte weit aus und ließ seinen Blick über den Horizont schweifen. „Das Meer, der Strand, die Sonne … es ist warm. Ganz anders als bisher. Nass, kalt, dunkel … bäh.“
„Ja schon …“ W seufzte. „Aber es ist nicht dasselbe.“
„Eben! Es ist viel besser.“
Ein riesiges Schiff bog um den sattgrünen Felsvorsprung am Eingang der Bucht und zerstörte die Idylle augenblicklich.
„Vielleicht bringt es die erste Post“, philosophierte R.
„Eventuell transportiert es auch bloß die Krabbenkadaver ab, die noch immer quer über die Insel verstreut liegen“, entgegnete W pessimistisch. „Wie machen wir das eigentlich mit dem Schlitten?“, fragte er sich leise.
„Der fährt auch auf dem Sand hier. Sieht doch sowieso fast aus wie Schnee.“
W sah seinen engsten Mitarbeiter und besten Freund an. „Du hast auch für alles eine Ausrede parat, was? So langsam glaube ich, du hast mir diese fixe Idee untergejubelt.“ Er hielt kurz inne. „Ja, genau … jetzt erinnere ich mich. Anfang des Jahres. Da hatte uns C doch die Karte aus seinem Urlaub geschickt. Damit fing es an. Du hast geredet und geredet und auf mich eingeredet. Bestimmt auch während ich schlief …“
„Das ist doch albern“, unterbrach R seinen Chef.
„Nein, ist es nicht. Du hast immer wieder erwähnt, dass der Inselname kein Zufall sein könne und dass es doch sowieso niemandem auffallen würde, wenn wir dorthin ziehen würden. Dann hast du Ruhe gegeben und alles wirken lassen. Du kennst mich und wusstest, dass es in mir arbeiten würde.“
R zuckte mit den Schultern. „Ist doch schön hier.“
W nickte. „Stimmt, aber wider unserer Natur. Ich werde dieses Schiff nehmen, um wieder nach Hause zu kommen.“
„Aber …“ Mehr kam R zunächst nicht über die Lippen. „… das ist doch jetzt unser Zuhause.“
Das Rauschen des Meeres wurde stärker. Die Bugwelle reichte beinahe bis zu ihren Füßen.
„Ist es nicht. Es ist ein netter Ort, der allerdings so viel mit Heimat zu tun hat, wie dieser Cocktail mit Weihnachten.“ W erhob sich von seinem Liegestuhl und lief zum Pier.
R folgte ihm. „Und wieso heißt es dann Weihnachtsinsel?“
„Weil die Namensgeber sie zu Weihnachten erreichten“, erklärte W, während er geradewegs auf die Landungsbrücke zuhielt.
„Ist doch egal, wenn die Kinder ihre Briefe an die Weihnachtsinsel, statt ans Weihnachtsdorf schicken. Wir sind doch nicht auf die Osterinseln gezogen.“
W rollte die Augen und drehte sich zu R um. „Hör mir mit dem Kram auf. Komm‘ jetzt, wir haben viel zu tun. Außerdem habe ich meinen Sack am Nordpol vergessen …“
Zwischenzeilenverstecker Marco
Eine total schöne Geschichte, die mit einem geheimnisvollen Fragezeichen beginnt, einen schönen Spannungsbogen hat und mit einem wunderbaren Ausrufezeichen endet! Der Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht!
Sehr reizvoll von hinten aufgedröselt. 😉